Pensionsfonds ändert Anlagemodell: Ein einstimmiger Sieg fürs Klima
Der zweitgrößte Pensionsfonds der Welt gehört dem norwegischen Staat. Er soll künftig nicht mehr in Kohle investieren.
In Norwegen reagierten die Parteien euphorisch. „Das ist ein großer Sieg“, erklärte der Sozialdemokrat Torstein Tvedt Solberg, Mitglied des federführenden Finanzausschusses: „Nicht nur für das Klima, sondern auch weil es so ein einhelliges Votum war.“ Und Trine Skei Grande, die Vorsitzende der liberalen „Venstre“, twitterte: „Das war vermutlich der größte und wichtigste klimapolitische Beschluss, an dem ich je beteiligt war.“
Der landläufig als „Ölfonds“ bekannte Auslandspensionsfonds ist das Sparschwein Norwegens: In ihn fließt der Großteil der staatlichen Öleinnahmen, damit nach dem Ende des Ölzeitalters auch künftige Generationen teilhaben können.
Derzeit haben sich hier über sieben Billionen Kronen – 820 Milliarden Euro – angesammelt, und rechnerisch hat er alle Norweger mittlerweile zu Millionären gemacht. Investiert wird in über 9.000 Aktiengesellschaften, der Fonds ist Eigentümer von 1,3 Prozent des globalen und 2,5 Prozent des an europäischen Börsen gehandelten Aktienvermögens.
Und er ist bis jetzt ein großer Akteur, was Investitionen in Kohleunternehmen angeht. Nach einem in der vergangenen Woche von mehreren Umweltschutzorganisationen vorgelegten Rapport mit dem Titel „Still Dirty, Still Dangerous“ ist der Pensionsfonds einer der Top-Ten-Investoren der globalen Kohleindustrie und hält Anteile an Gesellschaften, die für 23 Prozent der weltweiten Kohleförderung stehen.
Wie ethisch ist die Kohle?
In Norwegen gibt es schon länger eine Debatte, inwieweit solche Investitionen in klimaschädliche Aktivitäten in Widerspruch stehen zu einer Grundregel des Fonds, nämlich des Verbots „unethischer Investitionen“. Im Dezember hatte eine Expertengruppe der Regierung sich lediglich zu der Aussage durchringen können, Kohleproduktion sei zwar möglicherweise „im Einzelfall unethisch“, stehe aber nicht pauschal „im Widerspruch zu allgemein akzeptierten ethischen Normen“. Trennen solle man sich nur von Investitionen, die „in besonderem Maße schädlich für das Klima“ seien.
Diese Stellungnahme war von Umweltschutzorganisationen und den norwegischen Oppositionsparteien scharf kritisiert worden. Eine Parlamentsmehrheit für schärfere Richtlinien zeichnete sich ab und es kam zum jetzt gefundenen Kompromiss, in der der Regierung empfohlen wird, „im Prinzip“ alle Unternehmen auszuschließen, die mehr als 30 Prozent ihrer Einkünfte oder ihrer Produktion mit Kohle generieren.
Da auch die Regierungsparteien diese Empfehlung mittragen, ist davon auszugehen, dass das insoweit zuständige Finanzministerium der Zentralbank, die das Mandat der Fondsverwaltung innehat, entsprechende Anweisungen erteilt.
Schwammige Richtlinien
Ob dort dann das umgesetzt wird, was sich die ParlamentarierInnen mit ihrer jetzigen Empfehlung erwarten, wird sich zeigen. In der Vergangenheit wurden ethische Richtlinien oft eher schwammig formuliert: Was Investitionen in Waffenproduktion angeht, sind nur solche untersagt, deren „normaler Gebrauch fundamentale humane Prinzipien“ verletzt. Bei umweltschädlichen Geschäften sollen nur „schwere Umweltschäden“ ein Ausschlusskriterium sein.
Man gehe jedenfalls davon aus, dass der Kohleindustrie nun Milliarden-Euro-Beträge entzogen würden, sagt Truls Gulowsen von Greenpeace Norwegen. Und in einer gemeinsamen Erklärung sprechen WWF, Greenpeace und die norwegische Umweltorganisation „Zukunft in unseren Händen“ von einem „Tag für die Geschichtsbücher“.
Wenn der norwegische Staatsfonds die Forderung des Parlaments umsetzt, ist er der mit Abstand größte Investor, der Kohle-Unternehmen aus seinem Depot wirft – aber bei Weitem nicht der Einzige: Auf der ganzen Welt kämpfen Klima-AktivistInnen im Netzwerk „Fossil Free“ für das sogenannte „Divestment“. So haben sich auf Druck von studentischen Initiativen bereits 25 US-Universitäten entschieden, ihre – oft beträchtlichen – Gelder aus klimaschädlichen Unternehmen abzuziehen.
Auch die Church of England
Dazu gehört etwa die renommierte Stanford University in Kalifornien, die 2014 beschloss, ihr Vermögen von 21 Milliarden Dollar nicht mehr in Kohle-Unternehmen zu investieren; ProfessorInnen und StudentInnen fordern eine Ausweitung auf Öl- und Gas-Konzerne. Auch zahlreiche Stiftungen und religiöse Vereinigungen in den USA wollen auf klimaschädliche Investments verzichten.
In Europa etwa hat die Church of England mit dem Rückzug aus fossilen Anlagen begonnen; jüngst hat der französische Versicherungskonzern Axa angekündigt, seine Beteiligungen an Firmen, die ihr Geld in erster Linie mit Kohle verdienen, zu verkaufen – ein Portfolio im Wert von 500 Millionen Euro.
Neben dem Klimaschutz hat dieser Ausstieg handfeste wirtschaftliche Gründe: Die Aussichten der Branche sind so schlecht wie nie; der Kohlepreis ist in den letzten vier Jahren um mehr als die Hälfte gesunken.
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