Paulaner gewinnt im Design-Streit: Der Spezi-Hegemon
Paulaner darf die Farbwellen auf seiner Spezi ganz für sich behalten. Das Landgericht München urteilt erneut zugunsten der Münchner Brauerei.
„Gut, besser, Paulaner“ – der Werbespruch der Münchner Brauerei gilt zumindest vor dem Landgericht München. Am Dienstagmittag setzte sich Paulaner erneut in einem Rechtsstreit um das Design der Spezi-Flasche durch, diesmal gegen Berentzen: Das Design der Mio Mio Cola+Orange Mische ist dem ursprünglichen Design der Münchner Brauerei zu ähnlich, befand das Gericht. Die Farbgestaltung könnte Kundinnen und Kunden auf die Idee bringen, dass das Getränk zu Paulaner gehören könnte. Es verurteilte Mio Mio dazu, den Verkauf zu unterlassen, Schadenersatz zu zahlen und alle bereits produzierten Flaschen in seinem Besitz zu vernichten. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.
Dem Getränkekonzern gefällt's: „Wir freuen uns, dass das Gericht vollumfänglich unserer Rechtsauffassung gefolgt ist“, erklärte eine Sprecherin. Zuletzt hatte er mehrere Rechtsstreite mit anderen Getränkeherstellern wie Krombacher, Karlsberg oder dem Ur-Spezi-Macher, der Brauerei Riegele gewonnen. Einmal bekam Paulaner das Recht, ihre Cola-Orangenlimo-Mischung weiter „Spezi“ nennen zu dürfen, mal musste ein Konkurrent sein Etikett ändern. „Die 33. Zivilkammer des LG darf inzwischen als Spezi-Spezialist gelten“, kommentierte die Legal Tribune Online den Umstand, wie häufig das Landgericht München sich mit Spezi-Fällen befassen muss.
Mit der Verwechslung hätte Berentzen womöglich vom gemütlich-eigensinnigen Biergarten-Image der Münchner Brauerei profitieren können. Und es stimmt: Paulaner Spezi könnte direkt aus dem Euter einer bayerischen Kuh kommen, so süddeutsch wirkt sie.
Während andere Marken sich in den letzten Jahren Teile ihrer Identität wegberaten ließen und „cleanere“, oftmals reizlose Versionen ihrer Logos präsentierten, leuchtet vom Paulaner-Spezi-Etikett seit Jahrzehnten das Versprechen des optimistischen Überschwangs, wie es wohl nur ein Zuckergetränk in Kinderaugen vermag.
Die retro-anmutende Schriftart Thalia – noch nicht Teil einer Gerichtsverhandlung – verspricht eine unmodernisierte, nicht durch erzwungene Erneuerung ihrer Eigenheit beraubte Authentizität. Die Schrift erinnert an die Beschilderungen kleiner Lebensmittelläden aus einer teilvergangenen Zeit. Und sie kommt an: Mit einer ähnlichen 70er-Typografie gewann in New York zuletzt der linke Demokrat Zohran Mamdani den Vorwahlkampf um die Bürgermeisterkandidatur.
Andere Schrift, gleicher Farbtopf
MioMio aus dem Hause Berentzen wählte zwar eine andere Schrift, bediente sich aber am selben Farbtopf: Auch hier wurde ein Etikett mit 70er-Jahre Anmutung aus lila, pink, rot, orange und gelb verklebt, bloß mit Kreisen statt Wellen. Eine alte Tapete im Studentenzimmer des heutigen Marketing-Chefs soll das Etikett inspiriert haben. Vor Gericht verfing diese Erklärung nicht. Beide Designs wirken übrigens stark so, als wären sie den Arbeiten des dänischen Designers Verner Panton nachempfunden.
Paulaner darf also weiter unverwechselbarer Hegemon im Cola-Orangenlimo-Markt bleiben: Zwei Millionen Hektoliter des beliebten Mischgetränks aus Cola und Orangenlimonade wurden im vergangenen Jahr von Paulaner abgefüllt – rund doppelt so viel wie nur zwei Jahre zuvor. Die Konkurrenten Spezi, Schwip Schwap oder MezzoMix liegen deutlich darunter.
„Desire Drink“ in Deutschland, Österreich und Finnland
Egal welche Marke: Die Spezi ist nicht erst seit Kurzem der „Desire Drink“ der Deutschen, mit hohen Verkaufszahlen auch in Österreich und Finnland. Bunt verpackt und zuckrig, klassische Quengelware eigentlich, ein Kindersehnsuchtsgetränk, das Mitte letzten Jahrhunderts nicht eigens von Food Designern entwickelt wurde, sondern in Wirtshäusern frisch aus Cola und Orangenlimonade angemischt.
In den 1950ern sicherte sich die Brauerei Riegele die Rechte am Namen „Spezi“, das fortan fertig vereint zu kaufen war. Riegele kämpft bis heute regelmäßig vor Gericht um die Einhaltung ihrer Namensrechte, die Spätfolge eines Lizenzabkommens von 1974. Ein Getränk namens Spatzi unterlag ihnen zuletzt, Paulaner aber gewann wegen einer undeutlichen Formulierung.
Im eigenen Online-Forum r/Speziverbrechen ist der Rechtsstreit zwischen Mio Mio und Paulaner das Top-Thema diesen Monat. Das Urteil zu den Spezi-Kriegen fällt hier schon vor dem am Münchner Gericht: „Langsam wirds unsympatisch“ ist der beliebteste Beitrag untertitelt. „So sehr ich Paulaner Spezi liebe hasse ich auch deren gottlosen Umgang mit Konkurrenten.“ kommentiert das ein User.
Fest steht: Auf die Frage: „Bringst du mir vom Späti eine Spezi mit?“, muss auch in Zukunft vorsichtig nachgefragt werden, welche. Denn einem Paulaner-Spezi-Ultra darf beileibe kein MezzoMix angeboten werden, wie einer Coca-Cola-Trinkerin eine Pepsi.
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