Patente auf Braugerste: Skandal im Bierbezirk

Carlsberg und Heineken haben sich natürliche Braugersten patentieren lassen. Das sollte laut EU-Kommission gar nicht möglich sein.

Zwei Hände halten Getreidekörner

Gerste – in Zukunft patentiert? Foto: dpa

BERLIN taz | Brauereibesitzer Gottfried Härle macht sich Sorgen: Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben die Bierkonzerne Heineken und Carlsberg drei Braugersten patentieren lassen. Am Mittwoch dieser Woche läuft die Einspruchsfrist gegen eines der Patente ab. „Wenn solche Patente Bestand haben, wäre das ein Skandal“, sagt Härle, Chef der gleichnamigen Brauerei in Leutkirch im Allgäu.

Kritiker wollen das Patent wieder kippen. Am heutigen Mittwoch protestieren sie vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München, mit dabei sind unter anderem das Bündnis „Kein Patent auf Saatgut und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft. Sie fahren mit einem traditionellen Bierfuhrwerk vor und schenken alkoholfreies Freibier aus.

Die Patente hatten Carlsberg und Heineken bereits im vergangenen Jahr erhalten, ohne dass die Branche groß Notiz davon genommen hätte. Die Schutzrechte beziehen sich auf die Auswahl zweier natürlicher Mutationen bei Braugerste und deren Kombination im Rahmen einer konventionellen Kreuzung – Gentechnik ist also nicht im Spiel. In der neuen Pflanze fehlen störende Geschmacksstoffe. Außerdem verbrauche der Brauprozess weniger Energie, erklärte Carlsberg.

Momentan dürfen die entsprechenden Pflanzen nur noch von den beiden Konzernen verwendet werden. Laut Carlsberg stellt das kein Problem dar, weil die fraglichen Pflanzen nur einen kleinen Anteil am europäischen Braugerstemarkt ausmachten.

Unklare Rechtslage

Brauereichef Härle ist trotzdem alarmiert. Wegen des Reinheitsgebots sei Braugerste in nahezu allen einheimischen Bieren enthalten. Verwendet würden 40 bis 50 gängige Sorten. Werde diese Auswahl durch Patentierung verringert, bringe das finanzielle Nachteile für Brauereien mit sich. „Braugerste muss ein frei zugänglicher Rohstoff bleiben“, so Härle. „Patente darauf könnten die Entwicklung unserer Firma einschränken. Das Patentamt sollte nicht dieser Weise den Interessen von Großkonzernen folgen.“ Heineken und Carlsberg sind nach Anheuser-Busch InBev die größten Bierkonzerne der Welt.

Die drei Patente sind bereits in Kraft, daran ändern auch die Einsprüche jetzt vorerst nichts. Grundsätzlich könnte das Europäische Patentamt die Schutzrechte allerdings widerrufen. Patente wie das auf die Braugerste erteilt das EPA auch, weil die Rechtslage unklar ist. Das will die EU-Kommission ändern. Nach zehn Jahren öffentlicher Auseinandersetzungen um die Patentierung von Pflanzen und Tieren hat Brüssel klargestellt, dass konventionelle Züchtung und Kreuzung sowie deren Erzeugnisse nicht patentierbar sind, im Gegensatz zu gentechnologischen Veränderungen.

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation müssen nun ihre Regeln anpassen, wie, ist aber noch unklar. Christoph Then vom Bündnis Kein Patent auf Saatgut fordert, dass auch natürliche Mutationen, wie sie im Fall der Braugerste eine Rolle spielen, nicht geschützt werden dürfen.

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