Parteitag der Grünen in Niedersachsen: Ganz ohne Twesten
Auf dem Parteitag in Göttingen bestimmen die Delegierten ihre Kandidaten für die Landtagswahl. Eine Aussprache über Elke Twesten steht nicht auf dem Plan.
Gut eine Woche ist es her, dass Twesten völlig unerwartet ihren Wechsel bekannt gab. Die Ein-Stimmen-Mehrheit der rot-grünen Koalition von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) war damit hin. Nun muss am 15. Oktober ein neuer Landtag gewählt werden – drei Monate früher als geplant. Niedersachsens Grüne hat das kalt erwischt. „Es ist, als sei jemand gestorben, und man versteht nicht, dass er weg ist“, sagt die Landtagsabgeordnete Julia Willie Hamburg aus Goslar über Twestens Abgang. Und der Schluss liegt nahe, dass sich die Trauer durchaus auch auf das jähe Ende der rot-grünen Regierungsverantwortung bezieht.
Bei dem Versuch, den Verlust zu verarbeiten, konzentrieren sich die Grünen auf zwei Dinge: Sie machen sich selber Mut vor dem bevorstehenden Wahlkampf, der für die Partei kein leichter sein wird. Und sie attackieren die CDU, der sie unterstellen, sie habe Twesten mit einem Angebot zum Frontenwechsel animiert. „So materialistisch, wie Elke unterwegs war, hat sie sich sicher etwas bieten lassen“, spekuliert eine ehemalige Fraktionskollegin Twestens hinter vorgehaltener Hand.
Twesten und der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann bestreiten solche Vorwürfe. Allerdings hatte die Abgeordnete die Gerüchte bei der Bekanntgabe ihrer Entscheidung befeuert: Sie sei enttäuscht darüber, dass ihr Wahlkreis sie nicht als Direktkandidatin aufgestellt habe – und es gebe ja noch andere Parlamente, für die man sich bewerben könne, wie etwa den Bundestag und das Europaparlament. Doch die Listen der CDU für Bundestags- und Landtagswahl sind bereits geschlossen, und die Europawahl liegt in weiter Ferne.
Mittlerweile kommen immer neue Details über die Kontakte der abtrünnigen Grünen mit der Union ans Licht. So sagte Twesten dem Spiegel, sie habe sich bereits Ende Juli mit Althusmann in einem Hotel in Bad Fallingbostel getroffen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zufolge einen Tag vor der Wechselankündigung Bescheid gewusst haben.
Zerschnittenes Tischtuch
In Göttingen ist sich der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin sicher: „Dies ist der Versuch der CDU, mit unsauberen Mitteln das letzte rot-grün regierte Flächenland zu übernehmen.“ Die CDU in Niedersachsen habe es einfach nie verwunden, dass sie bei der Landtagswahl 2013 überraschend unterlegen war. Und Twesten habe sich aus gekränkter Eitelkeit dafür hergegeben.
Das Tischtuch zwischen den Grünen und der CDU scheint damit in Niedersachsen endgültig zerschnitten. Eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition erscheint aber fraglich: Umfragen sehen die SPD zwischen 28 und 32 Prozent, die Grünen bei 9 Prozent. 2013 hatte es für letztere noch für ein Rekordergebnis von 13,7 Prozent gereicht.
Drinnen im Saal tobt Landwirtschaftsminister Christian Meyer, man werde sich das Land nicht von den „schwarz-gelben Hetzern“ wegnehmen lassen. Draußen im Foyer sitzt Heike Meyerhoff und sieht ihrer kleinen Pflegetochter beim Spiel mit einem riesigen grünen Ball zu. „Die Grundstimmung ist die: Wenn es zur Regierungsbildung nicht reicht, gehen wir eben in die Opposition“, sagt die Grünen-Delegierte aus Helmstedt und zuckt mit den Schultern.
Die Partei hatte Freitag und Samstag bereits 15 Kandidaten für die bevorstehende Wahl bestimmt. Spitzenkandidatin ist die derzeitige Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Auf Platz zwei wurde der amtierende Umweltminister Stefan Wenzel gesetzt. Auf den vorderen Plätzen finden sich außerdem Alteingesessene und Newcomer: Die 24-jährige Imke Byl war zuletzt Sprecherin der Grünen Jugend Niedersachsen und belegt nun Listenplatz drei, dahinter liegt Agrarminister Christian Meyer. Am Sonntag kommen weitere dazu.
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