Partei zieht Außenpolitik-Bilanz: Grüne in der Darfur-Falle

Die Partei legt eine Bilanz rot-grüner Außenpolitik vor. Der Kosovokrieg sei ein Sündenfall, mehr Krisenprävention nötig. Doch die Haltung löst Konflikte wie in Darfur nicht.

Dilemma Sudan bleibt: Bundeswehrsoldaten nach Transporthilfe-Einsatz Bild: dpa

Die Grünen setzen sich weiterhin selbstkritisch mit ihrer Regierungszeit zwischen 1998 und 2005 auseinander. Nachdem im Februar dieses Jahres eine Arbeitsgruppe für Soziales die Hartz-IV-Reform evaluiert hat, legte die friedenspolitische Kommission der Partei am Dienstag einen Zwischenbericht zur rot-grünen Außen- und Sicherheitspolitik vor. Darin zieht sie eine gemischte Bilanz. Am Ende ihres 17-seitigen Berichts verteilt die Kommission jedoch mehr Lob als Kritik. "Unterm Strich ist die Bilanz positiv", schreiben die Autoren. "Das ist nicht zuletzt ein Verdienst von Joschka Fischer. Rot-Grün hat in den Jahren der Bush-Regierung Europa, die Vereinten Nationen und die Bemühungen um einen kooperativen Multilateralismus entscheidend gestärkt."

Auf die Habenseite der "neuen, aktiven Außenpolitik" bucht die Kommission unter anderem das Nein zum Irakkrieg, eine verstärkte zivile Krisenprävention, die positive europapolitische Bilanz sowie die Rolle des grünen Außenministers im Nahostkonflikt. Getrübt wird die Bilanz nach Ansicht der Autoren - das Spektrum reicht von Linken wie Winfried Hermann bis hin zu Superrealos wie Daniel Cohn-Bendit - durch Rückschläge bei Menschenrechten, Abrüstung und Rüstungsexport.

Hierfür wird allerdings fast ausschließlich Gerhard Schröder verantwortlich gemacht. Der damalige Kanzler habe durch seine Außenwirtschaftspolitik gegenüber Russland und China, durch seine industriefreundliche Rüstungsexportpolitik und mit seinem Desinteresse an der öffentlichen Thematisierung von Menschenrechten der Glaubwürdigkeit rot-grüner Außenpolitik geschadet. "Wir konnten uns dabei gegen die SPD und den Regierungschef nicht immer durchsetzen", heißt es in dem Bericht.

Als Sündenfall grüner Außenpolitik, nicht jedoch als Fehler wird der Kosovokrieg von 1999 beschrieben - also die Beteiligung Deutschlands am Luftkrieg gegen Jugoslawien zur Beendigung der ethnischen Vertreibungen im Kosovo. "Grüne Politik stand damals vor einem Dilemma und konnte nur zwischen zwei falschen Alternativen wählen", schreibt die Kommission. Das militärische Vorgehen gegen das Miloðevic-Regime sei "legitim und geboten" gewesen, habe jedoch in ein "schweres völkerrechtliches Dilemma" geführt, weil ein Mandat des UN-Sicherheitsrat für eine Intervention nicht erreicht werden konnte.

Die Grünen sind der Überzeugung, aus dem Kosovo-Konflikt die richtigen Lehren gezogen zu haben. Diese bestünden jedoch nicht in einem kategorischen Nein zu Militäreinsätzen, zu einem "Rückzug à la Lafontaine", wie Parteichefin Claudia Roth bei der Vorstellung des Zwischenberichts sagte. Vielmehr orientierten sich die Grünen an ziviler Konfliktlösung und legten bei Militäreinsätzen großen Wert auf einen Auftrag und ein Mandat der UNO.

Die Partei formuliert in ihrem Bericht eine Reihe von Kriterien für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie reichen vom Prinzip der "geringstmöglichen Einmischung" über die Einbindung in einen politischen Prozess bis hin zur einer notwendigen Exitstrategie. Claudia Roth und der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei mussten dennoch einräumen, dass ein "Dilemma" bleibe: wenn ein Land die Menschenrechte verletze und der UN-Sicherheitsrat sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemeinschaft einigen könne. Als aktuelles Beispiel nannten sie Darfur im Sudan.

Die friedenspolitische Kommission der Grünen tagt noch zweimal. Im März 2008 veranstaltet sie einen Friedenskongress in Berlin. Danach legt sie ihren Abschlussbericht vor.

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