Parodie auf Nazimode: Storch Heinar klappert weiter
Das Label Thor Steinar verklagt seine Parodie Storch Heinar. Die Chancen auf Erfolg vor Gericht stehen allerdings schlecht für das bei Neonazis beliebten Modelabel.
BERLIN/NÜRNBERG/POTSDAM taz/dpa | Die Satirefigur "Storch Heinar" wird wohl weiterhin auf T-Shirts zu sehen sein. Die Klage der Firma MediaTex zum Schutz ihrer Marke "Thor Steinar" habe kaum Aussicht auf Erfolg, deutete beim Prozessauftakt am Mittwoch der vorsitzende Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth an. Mit Runen und pseudo-mythologischen Symbolen verziert, ist die Kleidung vor allem in der rechten Szene beliebt. Das Verfahren ist nicht das erste, das Thor Steinar führt. Der Richter empfahl, wesentliche Teile der Klage zurückzunehmen, was MediaTex jedoch ablehnte.
Der Vorwurf lautet: Storch Heinar verunglimpfe das Label und verletze zudem das Markenrecht. Die Klage richtet sich gegen den stellvertretenden Fraktionschef der mecklenburg-vorpommerschen Landtagsfraktion der SPD, Mathias Brodkorb. Der hatte das Label 2008 gegründet, um nicht länger nur theoretisch gegen Rechtsextreme anzugehen.
Brodkorb möchte deren Symbole neu besetzen und wirkungslos machen. Das sei wichtig, weil die rechten Chiffren immer undogmatischer und schwerer greifbar würden, meint Julian Barlen, Mitbegründer des Storch-Labels und wie Brodkorb Landtagsabgeordneter für die SPD. Wie gut so eine Umdeutung funktioniere, hätten die Nazis im Dritten Reich selbst bewiesen. "Die haben sich ihre Symbole auch aus verschiedenen kulturellen Kontexten zusammengeklaut, etwa das Hakenkreuz, das auf das Sonnenrad zurückgeht", sagt Barlen.
Auch das Storchmotiv ist eine satirische Verfremdung. Dem Prozess sieht er daher gelassen entgegen. "Wer verwechselt denn ernsthaft einen weißen Storch mit einem weißen Kreuz?" Aber es geht für die Initiative Endstation Rechts, die das Projekt verantwortet, um viel Geld. 100.000 Euro Schadenersatz hat der Kläger gefordert. Um eventuelle Prozesskosten finanzieren zu können, gibt Storch Heinar eine eigene Serie Retter-Shirts heraus.
Das Urteil wurde für den 11. August angekündigt. Dann könnte die Firma nur in einem Punkt recht bekommen. Auf der Internetseite der Initiative waren Taschen mit dem ebenfalls von MediaTex geschützten Schriftzug "Wüstenfuchs" beworben worden. Aber nur vier dieser Taschen sind tatsächlich verkauft worden, wie der Anwalt der Initiative sagte. Die Schadensersatzforderungen dürften sich daher in Grenzen halten.
Der Abgeordnete Brodkorb reagierte auf die Verhandlung am Mittwoch pointiert. Der Storch lasse wissen, der Feind habe sich in Luft aufgelöst. Man gehe von einer Abweisung der Klage aus. "Storch Heinar verspricht, wenn das Urteil rechtskräftig ist, wird er eine Riesenparty veranstalten, auf der es Freieierlikör gibt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“