Parlamentswahlen in Venezuela: Wenn Demokratie nicht mehr klappt

Venezuelas oberstes Gericht ebnet den Weg für Parlamentswahlen. Doch nun wollen elf Parteien nicht teilnehmen.

Indira Alfonzo

Indira Alfonzo eröffnet die erste Sitzung des Obersten Wahlrats in Caracas Foto: Matias Delacroix/ap

BUENOS AIRES taz | Mit der Neubesetzung des Obersten Wahlrats hat Venezuela den Weg zur Parlamentswahl jetzt frei gemacht. Vergangenen Freitag benannte der oberste Gerichtshof die Mitglieder des fünfköpfigen Gremiums, darunter die neue Vorsitzende Indira Alfonzo.

Alfonzo ist bereits international bekannt. Seit Mai 2018 steht ihr Name auf einer kanadischen Sanktionsliste. Darauf sind die Namen von Personen vermerkt, die die kanadische Regierung für die politische und wirtschaftliche Zerrüttung Venezuelas mitverantwortlich macht.

Die Neubesetzung des Obersten Wahlrats war fällig geworden, nachdem die oppositionelle Mehrheit im Parlament den alten Wahlrat als willfähriges Instrument der Regierung von Staatschef Nicolás Maduro abgelehnt hatte. Laut der venezolanischen Verfassung ist allerdings nur das Parlament für die Besetzung der Obersten Wahlräte zuständig.

Weil sich aber die Parlamentarier*innen auch nach Wochen nicht auf mögliche Kandidat*innen einigen konnten, forderte Anfang Juni eine Allianz kleinerer Oppositionsparteien wegen „Unterlassung der Gesetzgebung“ durch das Parlament den obersten Gerichtshof zur Benennung des neuen Wahlrats auf.

Wichtigste Oppositionsparteien wollen nicht antreten

Zwar gaben die obersten Richter*innen dem Parlament noch 72 Stunden Zeit, seine Kan­di­dat*innen zu benennen, doch schon vor Ablauf der Frist präsentierten sie die fünf Neuen. Die sind nun verpflichtet, einen Termin für die Parlaments­wahlen festzulegen, die noch in diesem Jahr stattfinden müssen, so wie es die Verfassung vorsieht.

Kein Wunder, dass die Opposition tobt. „Niemand wird diesen Wahnsinn bestätigen oder ratifizieren“, wetterte der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó. Und elf Parteien, darunter die vier wichtigsten Oppositionsparteien, erklärten, an keiner vom Obersten Wahlrat angesetzten Wahl teilzunehmen.

Als Retourkutsche suspendierte der oberste Gerichtshof am Montag die Parteiführung der traditionsreichen sozialdemokratischen Acción Democrática. Stattdessen wird ein „Ad-hoc-Verwaltungsrat“ eingesetzt, der für die Parlamentswahl „das Logo, Symbole, Embleme, Farben und jedes andere für die Organisation typische Konzept“ verwenden kann, heißt es in der richterlichen Anordnung.

All das reiht sich ein in die gegenseitige Nichtanerkennung von Regierung und Parlament. Seit die Opposition bei den Parlamentswahlen 2015 eine klare Mehrheit erhielt, haben Staatschef Nicolás Maduro sowie die obersten Richter*innen das Parlament wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei der Wahl einiger Abgeordneter de facto entmachtet.

Die opposi­tionelle Parlamentsmehrheit erkennt ihrerseits die Wahl Maduros zu seiner zweiten Amtszeit im Mai 2018 nicht an. Die realen Machtverhältnisse sind jedoch eindeutig. Die Regierung von Staatschef Maduro hat alle Hebel in der Hand.

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