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Parlamentswahl in SingapurOpposition dank Internet im Aufwind

Die Opposition in Singapur hat erstmals die Chance auf eine größere Zahl von Parlamentssitzen. Eine 24-Jährige wurde zur beliebtesten Politikerin ernannt. Zumindest bei Facebook.

Will mitmischen in Singapur: Die 24-jährige Nicole Seah. Bild: reuters

BANGKOK taz | Zumindest bei Facebook setzt sich in Singapur ein Grünschnabel gegen ein Urgestein durch: Nicole Seah von der oppositionellen Nationalen Solidaritätspartei, mit 24 jüngste Kandidatin, wurde von der Facebook-Gemeinde zwischenzeitlich zur beliebtesten Politikerin des Stadtstaates gekürt. Damit überholte sie auch den 87-jährigen autoritären Staatsgründer Lee Kuan Yew. Der gilt als graue Eminenz und Verkörperung der herrschenden Volksaktionspartei (PAP).

Doch während Seahs Popularität die gewachsene Zahl derjenigen zeigt, die sich im Stadtstaat ein Aufbrechen der verkrusteten Machtstrukturen wünschen, hat in der Realität Lee seinen Sitz schon vor der Wahl gewonnen. Er tritt als Einziger ohne Gegenkandidat an.

Es rechnet denn auch niemand damit, dass das bisherige Machtmonopol der PAP bedroht ist. Trotzdem ist der jetzige Wahlkampf einer der härtesten für Premierminister Lee Hsien Loong, den Sohn Lee Kuan Yews. Bisher haben ein pervertiertes Mehrheitswahlsystem und ruinöse Klagen wegen angeblicher Verleumdung immer dafür gesorgt, dass die Opposition völlig marginalisiert wurde. Doch jetzt bewerben sich immerhin 82 Oppositionspolitiker um die insgesamt 87 Parlamentssitze. Das ist Rekord.

Über Politik wird nur im Netz geredet

Schafften bei der letzten Wahl 2006 nur zwei Oppositionelle den Sprung ins Parlament, dürfte es jetzt einige mehr werden. Analysten bescheinigen der Opposition zudem, gut ausgebildete Bewerber zu bieten. Abseits der PAP-kontrollierten Mainstreammedien nutzen die PAP-Gegner vor allem Onlineplattformen wie Facebook, Youtube und Twitter, um zunehmend auch junge Unterstützer zu mobilisieren. Was in der Internetgemeinde mittlerweile selbstverständlich scheint, ist auf offener Straße jedoch längst nicht Usus: "Über Politik rede ich nur im kleinen Kreis, mit meiner Familie oder guten Freunden", sagt ein Wähler der taz. "Man weiß ja nie, wer mithört."

Singapur ist eine der wohlhabendsten und modernsten Städte Asiens. Doch wird das kleine multiethnische Land aus Chinesen, Indern, Malaien und Westlern seit der Staatsgründung autokratisch von der PAP regiert: Bereits vor der Unabhängigkeit 1965 war Lee Kuan Yew Premier und blieb es 31 Jahre lang. Lee Senior mischt weiter als beratender "Mentorminister" mit, nachdem er die Regierungsmacht 1990 zunächst an seinen Vize Goh Chok Tong und 2004 an seinen Sohn Hsien Loong übergeben hat.

Stimmberechtigt ist knapp die Hälfte der fünf Millionen Bewohner. Den Wahlkampf beherrschten sozioökonomische Themen: steigende Lebenshaltungskosten, der Wunsch nach erschwinglichem Wohnraum sowie der Zustrom ausländischer Arbeitskräfte, der längst nicht allen schmeckt. Die Opposition setzt zudem auf die Unzufriedenheit vieler mit den starren politischen Strukturen: "Auch parlamentarisch hin zur Ersten Welt" lautet das Motto der Arbeiterpartei. Eine Anspielung auf den geringen demokratischen Spielraum.

Während einige PAP-Mitglieder eine stärkere Opposition sogar begrüßen würden, machte "Mentorminister" Lee klar: "Diese Generation hat keine Ahnung von der Vergangenheit und meint, jeder kann das Steuer übernehmen."

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