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Parlamentswahl in FrankreichWie es jetzt weitergeht

Eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu finden, wird nicht einfach. Das Linksbündnis sucht jetzt nach einem Kandidaten für das Amt des Premiers.

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PARIS dpa | Die Ereignisse bei der Parlamentswahl in Frankreich haben sich überschlagen. Überraschend gewinnt das linke Lager. Die Rechtsnationalen legen zu, haben aber keine Chance auf eine eigene Regierung. Und der Premier kündigt an, zurücktreten zu wollen. Wie es in Frankreich nun weitergeht:

Kommt das Linksbündnis jetzt an die Macht?

Das linke Bündnis Nouveau Front Populaire ist stärkste Kraft in der Nationalversammlung geworden. Der frühere Parteichef der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, erhob noch am Wahlabend Anspruch auf die Regierungsbildung für sein Wahlbündnis. LFI bildet die größte Gruppe innerhalb des Bündnisses, Mélenchon ist bei den anderen beteiligten Parteien aber unerwünscht.

Das neue Linksbündnis in Frankreich will sich jetzt auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers verständigen. Das aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei bestehende Bündnis war ohne Spitzenkandidaten in die von Präsident Emmanuel Macron kurzfristig angesetzte Wahl gegangen, die es in der zweiten Wahlrunde am Sonntag für sich entschied. Einen Favoriten für das Amt des Regierungschefs, der von Macron ernannt werden muss, hat das Bündnis noch nicht.

„Wir müssen innerhalb einer Woche in der Lage sein, eine Kandidatur für das Amt des Premierministers zu präsentieren“, sagte Sozialistenchef Olivier Faure dem Sender Franceinfo. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass das Linksbündnis nicht in der Lage sei, zu regieren. Über einen Kandidaten für das Amt des Premiers müsse in dieser Woche entschieden werden, entweder im Konsens oder über eine Abstimmung in den zum Linksbündnis gehörenden Parteien.

Mélenchon noch im Rennen?

Die bisherige Fraktionschefin von Frankreichs Linkspartei, Mathilde Panot, sagte dem Sender RTL, dass das Linksbündnis in dieser Woche einen Premierminister und eine Regierung präsentieren werde. Der wegen seines polemischen Auftretens umstrittene Gründer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, ist aus Panots Sicht dabei weiterhin im Rennen. Mélenchon habe der Linken erst wieder das Siegen beigebracht und habe die Formierung eines Linksbündnisses vor der Parlamentswahl 2022 und auch jetzt erst möglich gemacht.

Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier plädierte im Interview des Senders France Inter für einen Konsens, was die Frage des Premiers angeht, statt eines Kräftemessens zwischen den verschiedenen Parteien. Wichtiger noch als die Frage, wer die Regierung leiten solle, sei die Frage, welche Politik ein künftiger Premierminister umsetzen wolle.

Macron kann auch Premier auswählen

Als Präsident obliegt es Emmanuel Macron, den Premierminister zu ernennen. Noch ist nicht klar, ob er das Rücktrittsgesuch von Premier Gabriel Attal annehmen wird. Auch wen er in einem solchen Fall mit der Regierungsbildung beauftragt, ist nicht abzusehen.

Trotz ihres Überraschungserfolgs bleiben die Linken weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Damit könnten die anderen Fraktionen eine linke Regierung nicht nur per Misstrauensvotum stürzen. Auch haben die vergangenen zwei Jahre, in denen das Macron-Lager nur eine relative Mehrheit in der Parlamentskammer hatte, gezeigt, wie schwer es in Frankreich ist, ohne absolute Mehrheit zu regieren. Ob dies den Linken besser gelingen würde, ist unklar, zumal sie noch über weit weniger Sitze verfügen dürften als Macrons Mitte-Kräfte vor der Auflösung der Nationalversammlung vor wenigen Wochen.

Theoretisch ist auch eine Koalition aus Linken und Mitte-Kräften möglich. Aus dem Linksbündnis heraus kamen jedoch bereits klare Absagen an eine solche Allianz.

Welchen Zeitplan gibt es für die Regierungsbildung?

Hierzu gibt es keine genauen Vorgaben. Macron könnte mit der Ernennung eines Premiers auch bis nach der parlamentarischen Sommerpause warten. Allerdings kommt das neu gewählte Parlament am 18. Juli zu seiner ersten Sitzung zusammen. Dabei wird die Parlamentspräsidentin oder der Parlamentspräsident gewählt. Am Folgetag wird über die Vizepräsidenten und die Besetzung von Ausschüssen entschieden.

Was passiert, wenn keine Regierung gefunden wird?

Wenn keines der politischen Lager eine absolute Mehrheit erhält oder in einer Koalition oder unter Duldung zur Bildung einer Regierung in der Lage ist, kann Macron Premierminister Gabriel Attal trotz dessen Rücktrittsankündigung bitten, mit der aktuellen Regierung zunächst geschäftsführend im Amt zu bleiben. Diese Übergangszeit kann etliche Wochen dauern, auch mit Blick auf die Olympischen Spiele, die am 26. Juli in Paris starten, sowie die politische Sommerpause. Macron könnte dann eine aus Experten, hohen Verwaltungskräften und Ökonomen zusammengestellte technische Regierung bilden. Eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst in einem Jahr wieder möglich.

Was sind die Auswirkungen auf Deutschland und Europa?

Das ist nicht klar. Das Linksbündnis hat die Führungsfrage bisher offen gelassen und auch kein gemeinsames Programm. Insofern ist noch nicht ausgemacht, welche Politik es umsetzen will, wenn es an die Regierung kommt. Fest steht aber, dass das Bündnis bis auf einzelne Teile am linken Rand klar proeuropäisch eingestellt ist und auch fest zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg steht.

Bei politischem Stillstand in Frankreich könnten Berlin und Brüssel nicht weiter auf Frankreich als starken Partner setzen. Das Land wäre mehr auf das Verwalten als auf das Anstoßen neuer Vorhaben ausgerichtet.

Profitiert Le Pen dennoch vom Wahlausgang?

Auch wenn das Rassemblement National anders als prognostiziert nicht stärkste Kraft geworden ist und selbst hinter dem Präsidentenlager landen könnte, verbucht die Partei von Marine Le Pen erhebliche Zugewinne in der Nationalversammlung. Sie ist dort stärker denn je vertreten. Damit wächst der Einfluss der Partei in der Parlamentsarbeit und sie erhält mehr Geld aus der Parteienfinanzierung, mit dem sie bereits die Vorbereitung der Präsidentschaftswahl 2027 und der spätestens dann auch anstehenden nächsten Parlamentswahl vorbereiten kann.

Was ist mit Macron?

Ob Macron noch etwas von seinem ursprünglichen Anspruch als Frankreichs Reformer und Verfechter eines starken Europas wird retten können, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Sollte es ihm mit Taktieren und Zugeständnissen entgegen der überwiegenden Erwartung gelingen, eine auf Dauer regierungsfähige Mehrheit unter Beteiligung seines Regierungslagers auf die Beine zu stellen, käme er möglicherweise noch mit einem blauen Auge davon.

Da es aber bereits in den vergangenen zwei Jahren unter wesentlich klareren Machtverhältnissen nicht gelang, eine Koalition zu schmieden, wird Macrons bleibende Amtszeit möglicherweise eher aus dem Verwalten instabiler Verhältnisse und Stillstand in Frankreich bestehen. Innen- und außenpolitisch wäre er geschwächt. Obwohl ein Sieg der Rechtsnationalen bei der Parlamentswahl verhindert wurde, hat Macron sich und seinem Vermächtnis durch die Neuwahl mehr geschadet als geholfen.

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7 Kommentare

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  • Die Front Populaire wird schon eine gemeinsame Linie, Eckpunkte in Kürze liefern können. Und die werden sich auch auf einen Premierminister einigen können. Melanchon zu diskreditieren, ist ein kluger Schachzug, aber es bringt nichts. Macron benötigt einen starken, verlässlichen Partner auf der Position und das könnte auch Melanchon. Wichtig wäre, dass die Regierung insgesamt getragen wird. Sollte das in Chaos oder Machtspielen enden, könnte der Wähler beim nächsten Mal für Klarheit sorgen.



    Macron hat angefangen, Fehler zu machen, er könnte damit weitermachen, das wäre ein fatales Signal. Und mehr und mehr steht für mich fest, dass Macron die Partei ist und ohne ihn diese Partei auch verschwinden wird. Macron hat mit viel Kompetenz die Sozialistische Partei kaputt gemacht, jetzt drohnt ihm das gleiche, aber weil er so schlecht Politik macht, weil seine Vision immer unpopulärer wird. Attal ist z.B. als Politiker nicht mehr anerkannt, er taugt einfach nicht. Borne war schon schwierig. Da muss sich der Präsident jetzt bewegen, sonst kommt das dicke Ende noch ....

  • Zur Not würde ich es machen. Oder Methusalix ("Alle für mich").

    Mélenchon würde auch als Nicht-Premier eine zentrale Rolle spielen, denn er hat bewiesen, dass konsequent wieder links durchaus eine Perspektive ist. Im Interesse der Vielen.

  • Es ist keine rechte Mehrheit da, das ist das positive daran. Jedoch ist dieser Melenchon keinen Deut besser, nur von der anderen Seite, wenn man seine Aussagen in der Vergangenheit kennt.

    • @Pia Mansfeld:

      Sie suggerieren ein angebliches Gleich-Schlimm. Was sind dafür Ihre Fakten und Argumente oder haben Sie das irgendwo mal gelesen oder ...?

  • Ich bin nicht zufrieden, hatte mit Macrons Gruppe gerechnet. Nun haben wir u.a. einen linksextremen Antisemiten, Deutschland- und EU-Feind, Putinfreund als Sieger. Hoffentlich können Grüne und Co. im Bündnis am Ende mehr Einfluss!

  • Wie es weitergeht? Eine/n Kandidaten/in werden sie finden, aber danach werden sie streiten (Gaza, Prio für Klima, Woke-Themen etc.)

  • "Fest steht aber, dass das Bündnis bis auf einzelne Teile am linken Rand klar proeuropäisch eingestellt ist und auch fest zur Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg steht."

    Nur einzelne Teile?

    "Mélenchon ist ein Anti-Deutscher durch und durch. Er unterscheidet sich in seinen anti-deutschen und anti-europäischen Tiraden nicht substanziell von Frau Le Pen." Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Auswärtigen Ausschusses www.tagesspiegel.d...auen-11961767.html

    Und auch andernorts ist man nicht wirklich optimistisch: "They [Mélenchon und Le Pen] have hardly anything in common, except one thing: like Trump, they also want an end to the war in Ukraine. (...) When the aid package was subsequently debated in the National Assembly, Melenchon’s La France Insoumise voted against, " www.spectator.co.u...-news-for-ukraine/

    Machen wir uns doch nichts vor: Die gute Nachricht ist, dass Le Pen es nicht geschafft hat, die schlechte: es droht eine von Mélenchon geführte Regierung.