Parlamentswahl in Estland: Regierung büßt Mehrheit ein

Bei der Wahl in Estland siegt die Reformpartei von Regierungschef Roivas, verliert aber drei Sitze. Koalitionen werden nun schwierig.

1,3 Millionen Esten wählten ein neues Parlament, rund ein Viertel ist russischstämmig. Bild: dpa

TALINN afp | Bei der Parlamentswahl in Estland hat das bisherige Regierungsbündnis aus Reformpartei und Sozialdemokraten die absolute Mehrheit eingebüßt. Dem am Sonntagabend veröffentlichten Endergebnis zufolge gewann die prowestliche Reformpartei von Regierungschef Taavi Roivas mit 30 der 101 Parlamentssitze die Wahl, gefolgt von der prorussischen Zentrumspartei, die auf 27 Sitze kam. Die Sozialdemokraten landeten mit 15 Mandaten auf dem dritten Platz.

„Die Reformpartei ist die Gewinnerin der Parlamentswahlen 2015“, sagte Roivas im TV-Sender ERR. Den Ergebnissen zufolge büßte seine Partei aber drei Sitze ein. Der bisherige Juniorpartner, die Sozialdemokraten, verlor vier Sitze - das Bündnis verlor daher die absolute Mehrheit. Eine Koalition mit der prorussischen Zentrumspartei, die einen Sitz hinzugewann, schloss der 35-jährige Roivas aus.

Es wird nun trotzdem erwartet, dass Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves Roivas erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. „Die Reformpartei wird in der Lage sein, eine Regierung zu bilden“, sagte der Politikexperte Ahto Lobjakas der Nachrichtenagentur AFP. „Aber die Koalitionsgespräche dürften schwierig werden.“ Denkbar ist nun, dass Roivas erneut mit den Sozialdemokraten koaliert und die konservative Partei IRL als Stütze nutzt. Diese büßte enorme neun Sitze ein und ist im neuen Parlament mit 14 Abgeordneten vertreten.

In das neue estnische Parlament ziehen außerdem zwei neue Parteien ein - eine liberale Partei mit dem Fokus auf freie Marktwirtschaft sowie eine konservative Anti-Einwanderungs-Gruppierung. Damit sind nun sechs Parteien im neuen Parlament vertreten. Lobjakas wertete dies als Rechtsruck der Volksvertretung. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,7 Prozent.

Die Wahl stand unter dem Eindruck der Ukraine-Krise, die viele Esten beunruhigt. Die Außen- und die Sicherheitspolitik waren daher die beherrschenden Wahlkampfthemen. Viele Einwohner fürchten weitere territoriale Ansprüche Russlands nach der Aufnahme der ukrainischen Halbinsel Krim in russisches Staatsgebiet. Rund ein Viertel der 1,3 Millionen Esten ist russischstämmig.

Estland gehörte wie Lettland und Litauen zur früheren Sowjetunion. Nach deren Zerfall traten die baltischen Staaten im Jahr 2004 sowohl der EU als auch der Nato bei. Estland ist seit 2011 auch Mitglied der europäischen Währungsunion.

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