Parlamentsdebatte zu Corona-Folgen: Bammel vor dem Sonnen-Sonntag
Rot-Rot-Grün lobt sich im Parlament für ihre Corona-Hilfe. Der Senat hofft derweil auf ein schönes Wochenende ohne Verstöße in den Parks.
Doch Michael Müller und Andreas Geisel (beide SPD) wollen nicht weiter unter Druck geraten, Parks zu schließen. „Wir sind noch nicht über den Berg“, warnt Müller, „es werden noch harte Wochen auf uns zukommen.“ Und so bittet er trotz Sonne innigst darum, Kontakte weiter auf das Nötigste zu beschränken und auch keine Verwandten zu besuchen.
Zum zweiten Mal binnen sieben Tagen diskutiert das Parlament über die Coronakrise und ihre Folgen, dieses Mal mit den wirtschaftlichen Folgen im Fokus. Knapp 2.800 bestätigte Coronfälle und 15 Tote, bundesweit sind es 832, zählt Berlin an diesem Vormittag. Redner der rot-rot-grünen Koalition loben die Anstrengungen des eigenen Senats, konkret die beiden Hilfsprogramme – Zuschüsse von je 5.000 Euro für Solo-Selbstständige, bis zu 500.000 Euro zinsfreie Überbrückungskredite für kleine Unternehmen.
Über 140.000 Hilfeanträge seien nicht nur bearbeitet und bewilligt, nein, das Geld sei auch schon ausgezahlt und überwiesen. „Ein Wahnsinnsleistung unserer Investitionsbank, und das lassen wir uns auch nicht von Miesmachern klein reden“, ist vom Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux zu hören.
Regierungschef Müller (SPD)
Die Miesmacher, das sind für Lux und seine Koalitionspartner Menschen wie CDU-Fraktionschef Burkard Dregger. Dem ist das nämlich zu wenig an Hilfe, „unzureichend“ nennt er die Liquiditätshilfen. Brandenburg stelle bei deutlich weniger Einwohnern doppelt soviel dafür bereit. Und für die mittelständischen Unternehmen gebe es gar nichts mehr, seit die vorgesehenen 100 Millionen ausgeschöpft seien – die meisten anderen Bundesländer würden das anders handhaben.
CDU will Regelungen lockern
Dregger spricht zudem von der Hoffnung, strenge Corona-Auflagen „behutsam zu lockern“ – die Unternehmen bräuchten verlässliche Perspektiven. Das ist an diesem Vormittag ein zentraler Punkt bei allen drei Oppositionsfraktionen. FDP-Vizefraktionschefin Sibylle Meister, selbst lange im Einzelhandel in einem großen Kaufhaus tätig, drängt darauf, Läden zumindest in kleinem Umfang wieder öffnen zu lassen, etwa mit Mundschutzpflicht. „Wirtschaft braucht Hoffnung“, sagt sie. Sonst befürchtet sie künftig aus reiner Not Verstöße gegen die Corona-Regeln. Und die AfD-Abgeordnete Kristin Brinker fordert vom Senat: „Lassen Sie sich von einem Expertengremium beraten, das nicht nur aus Virologen besteht.“
Ramona Pop (Grüne), die Wirtschaftssenatorin, hört das in diesen Tagen so oder in ähnlicher Form des öfteren. Im Parlament rechnet sie vor, dass man mit den weit über hundertausend bewilligten Hilfsanträgen konkret schon über 350.000 Menschen geholfen habe. Überraschenderweise zitiert sie, die Grüne, den selbst vielen SPDlern als zu konservativ geltenden Ex-Kanzler Helmut Schmidt. „In der Krise zeigt sich der Charakter“, habe der gesagt. Sie selbst treibt auch das Prinzip Hoffnung an: „Es wird ein Leben nach der Krise geben.“
Ihr Senatskollege vom Innenressort, Andreas Geisel, guckt derweil erstmal nur bis Sonntag, der so sonnenüberflutet sein soll. 900 Verstöße gegen die Corona-Auflagen habe man bis Dienstag registriert, am Mittwoch seien nochmal 39 hinzu gekommen. „39 Verstöße bei 3,8 Millionen Einwohnern – fast nichts“, sagt Geisel. Und deshalb mag er der Forderung der Polizeigewerkschaft, die Parks wegen zu großer Kontaktgefahr zu schließen, nicht nachkommen.
„Natürlich ist das schöne Wetter, das uns bevorsteht, eine Herausforderung, aber die Berliner haben sich verantwortungsvoll verhalten“, sagt Geisel. Zwar habe sich der Senat dazu noch nicht festgelegt – das sollte erst in einer Sitzung nach Redaktionsschluss erfolgen, in der es auch um die Verlängerung der Ausgangsbeschränkungen ging. Er jedenfalls sei der Auffassung, „dass wir die Verordnungen nicht ständig verschärfen können, solange die Akzeptanz in der Bevölkerung so hoch ist.“
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