Pariser Klimaabkommen: Nicht mehr verstecken
Die EU-Kommission präsentiert ihren Vorschlag, wie beim Verkehr, in der Landwirtschaft und beim Abfall Treibhausgase sinken sollen.
Eine „Weichenstellung für den Übergang Europas zu einer CO2-armen Wirtschaft“ nannte die EU-Kommission gestern in Brüssel ihren lang erwarteten und heftig umkämpften Vorschlag zur „Aufgabenverteilung“ des EU-Klimaziels. Das Konzept wird jetzt dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat der Regierungen zugeleitet, die sich darüber mit der Kommission heftig streiten werden. Dabei setzt die Kommission nur um, was die Regierungen 2014 beschlossen hatten: bis 2030 insgesamt 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 auszustoßen.
Am Mittwoch erklärte die Kommission ihren Vorschlag, wie diese Minderung in dem Bereich aussehen soll, der nicht dem Emissionshandel unterliegt – die „üblichen Verdächtigen“, Kraftwerke und Industrie, waren also nicht betroffen. Die restlichen 60 Prozent der EU-Klimagase kommen aus dem Verkehr, den privaten Haushalten, der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft.
Hier müssen die Emissionen um 30 Prozent gegenüber 2005 sinken – und dabei sollen die reichen Länder mehr leisten als die armen: Luxemburg und Schweden minus 40, Deutschland minus 38, Frankreich minus 37 Prozent. Neu ist, dass auch Länder wie Polen, Ungarn, Rumänien und Litauen jetzt reduzieren müssen. Bei der letzten Runde der „Aufgabenverteilung“ bis 2020 hatten sie noch Emissionszuwächse erlaubt bekommen.
Kritik von Umweltverbänden
Gut 10 Prozent dieser Reduzierungen von 2021 bis 2030 können die Länder verrechnen, schlägt die Kommission vor – etwa in engen Grenzen durch das Aufforsten von Wäldern. Experten sehen darin Zugeständnisse an Länder, die den Klimaschutz bremsen. Für EU-Klimakommissar Miguel Canete dagegen ist der Plan ein „ehrgeiziges Ziel. Die verbindlichen nationalen Ziele, die wir heute vorschlagen, sind gerecht, flexibel und realistisch.“
Umweltverbände sind anderer Meinung: Sie kritisieren nicht die „Aufgabenteilung“ der Kommission, aber das 40-Prozent-Ziel. Für die Ziele des Klimaabkommens von Paris müsste die EU ihre Anstrengungen deutlich anheben, monieren Greenpeace, der BUND und Grüne. „Die Zeit der Schönfärberei und Taschenspielertricks ist vorbei“, sagte Juliette de Granpré vom WWF. Statt der nun geplanten 30 müssten „mindestens 45 Prozent bei Verkehr, der Landwirtschaft und bei Gebäuden“ eingespart und die Schlupflöcher gestopft werden.
Die größte Unsicherheit in der EU-Klimapolitik hat die Kommission aber offiziell gar nicht berechnet: Was der EU-Austritt Großbritanniens für den Klimaschutz bedeutet, wollte gestern niemand sagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW