Papst Franziskus und sein Sporterbe: Trikotabwurfstelle am Heiligen Stuhl
Das katholische Oberhaupt wurde bis zu seinem Tod stetig von allen Seiten mit Fußballtrikots beschenkt. Warum denn nur?

D ie Fußballwelt trauert. Papst Franziskus ist tot. Der argentinische Fußballverband weinte seinem Landsmann mit folgendem Satz nach: „Franziskus war nicht nur eine spirituelle, sondern auch eine fußballerische Referenz“. Womöglich für Ungläubige wurde erklärend ergänzt, dass er sich mit „Spielern, Führungspersönlichkeiten und Fußballlegenden wie dem Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft, Lionel Messi, und Diego Maradona“ traf. Wehe dem, der seinen Heiligenschein nun immer noch nicht zu erkennen vermag!
Aber auch in Deutschlands dritter Fußballliga ist die Betroffenheit groß. Der TSV 1860 München ließ die Welt wissen: „In tiefer Anteilnahme nimmt die Löwenfamilie Abschied von ihrem Ehrenmitglied Papst Franziskus und hofft, dass er den Sechzgern auch im Jenseits die Daumen drücken wird. Ruhe in Frieden!“
Eine 25-köpfige Delegation aus München hatte dem Papst im Jahr 2014 bei einer Generalaudienz die Ehrenmitgliedschaft samt Urkunde und Trikot überreicht und danach behauptet, alles sei mit dem Heiligen Vater zuvor abgesprochen gewesen. Es wäre zumindest ein Zeugnis dafür, dass Papst Franziskus, wie dieser Tage so vielfach hervorgehoben wird, tatsächlich ein großes Herz für Bedürftige hatte, denen vornehmlich die Schattenseiten des Lebens vorbehalten sind.
Die Zuneigung des Papstes zum Fußball („der schönste Sport der Welt“) im Allgemeinen und zum argentinischen Klub CA San Lorenzo de Almargo im Besonderen ist vielfach verbürgt. Letzteres hinderte jedoch keinen Klub dieser Welt am Versuch, das kirchliche Oberhaupt für sich zu vereinnahmen. Eine etwas ältere Quelle aus der Schweiz behauptet zwar, ein Schweizer hätte mit 1.888 Leibchen die größte Trikotsammlung der Welt, was auch im Guinness-Buch der Rekorde so festgehalten sei, doch Papst Franziskus dürfte locker über diese Zahl kommen. Jede Audienz wurde von Vereinsvertretern, Fußballprofis und Fans dazu genutzt, hundeartig eine neue Marke zu setzen und das Vorgängertrikot vergessen zu lassen.
Unergründliche Wege
Ein Brauch, vielleicht war das Franziskus ein Trost, den zuvor Papst Benedikt XVI. ebenso über sich ergehen lassen musste, obwohl er mit diesem Spiel bekanntermaßen wenig anfangen konnte. Auch die Wege der Menschen sind zuweilen unergründlich. Ob der verstorbene Papst Benedikt ebenfalls Ehrenmitglied bei 1860 München war, wie einige mit Vereinsnähe behaupten, darüber herrscht allerdings Uneinigkeit. Nach Durchsicht aller Protokolle der Delegierten- und Mitgliederversammlungen ließe sich das nicht verifizieren, hieß es in einer Vereinsstellungsnahme zuletzt. Bezeugt werden kann lediglich eine Trikotübergabe.
Wurde erfolgreichen Klubs wie Bayern München eine Audienz gewährt, spiegelte sich aus Sicht der Sportbeobachter in dieser Begegnung nur leicht ironisch die Größe des Fußballs. „Händedruck der Oberhäupter“, betitelte der Kicker ein Foto von 2014, auf dem Papst Franziskus gerade Karl-Heinz Rummenigge begrüßte. Der Heilige Vater des FC Bayern, Uli Hoeneß, saß damals blöderweise im Knast.
Bemerkenswert ist dann doch, dass selbst Staatsoberhäupter, die nicht mit leeren Händen vor den Papst treten wollen, auf Fußballzubehör zurückgreifen. Spaniens ehemaliger Ministerpräsident Marino Rayoj etwa drückte Franziskus das Hemd der Furia Roja, wie die Auswahlkicker dort genannt werden, in die Hände; Brasiliens einstige Präsidentin Dilma Rousseff wagte es gar, dem Argentinier ein Trikot von Pelé zu überreichen.
Und Bundeskanzler Olaf Scholz sorgte für Heiterkeit beim Pontifex, als er mit dem offiziellen Ball der Fußballeuropameisterschaft 2024 vor ihm stand. Das Trikot vom DFB-Team hatte er vermutlich nur vergessen.
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