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Papst Franziskus und HomosexualitätDie Mode Christentum

Einst galt er als liberal, jetzt hält Papst Franziskus Homosexualität für eine „Mode“. Das ist geschichtsvergessen und populistisch.

Homosexualität nur eine Mode? Die alten Griechen können da nur lachen Foto: Unsplash/ Evren Aydin

In einem Interview bezeichnet Papst Franziskus Homosexualität als „Mode“. Allerdings ist diese älter als die Institution, deren Oberhaupt er ist.

Er scheint sich im Halbjahresrhythmus zu Fragen der geschlechtlichen Orientierung äußern zu wollen – oder zu müssen. Im Sommer erst hatte Papst Franziskus den Eltern dieser Welt den wohl gut gemeinten Rat mit auf den Weg gegeben, ihre Kinder, sollten sie homosexuelle Neigungen zeigen, zum Psychiater zu schicken. Damit wusste er sich in guter Gesellschaft mit den für ihre homophoben Ansichten bekannten Evangelikalen. Anschließend revidierte er seine Aussage.

Doch jetzt legte Franziskus noch einmal nach, in einem Interview, das heute in einem Buch auf Spanisch erscheint. „In unseren Gesellschaften scheint es gar, dass Homosexualität eine Mode ist, und diese Mentalität beeinflusst auf gewisse Weise auch die Kirche“, wird er zitiert. In der Kirche habe diese Art von Zuneigung aber keinen Platz, lautet sein Urteil.

Man kann zum Umgang der katholischen Kirche, der mutmaßlich größten schwulen Undercover-Organisation der Welt, sehr viel sagen, womöglich bleibt dem Papst gar nichts anderes übrig, als die offizielle Sprachregelung zu wählen, Homosexuelle hätten bei ihnen nichts verloren. Andernfalls hätte die Kirche ein noch größeres Problem, wie sie Dinge wie den Zölibat rechtfertigen soll.

Populistisch argumentiert wie Trump

Was an der aktuellen Äußerung von Franziskus aber erstaunt, ist seine Wortwahl. Wenn er davon spricht, dass Homosexualität in unseren Gesellschaften eine „Mode“ sei, scheint er damit ein jüngeres Phänomen zu meinen. Etwas, mit dem sich die katholische Kirche, folgt man seiner Überlegung, erst seit einiger Zeit konfrontiert sehen dürfte.

Man braucht jedoch kein allzu umfassendes Geschichtswissen, um darauf zu stoßen, dass es gleichgeschlechtliche Liebe schon um einiges länger gibt als die katholische Kirche. Das antike Griechenland mag als Beispiel genügen. „Homosexualität“ ist als Begriff zwar nicht so alt wie die Arten des Begehrens, die darunter fallen, doch selbst wenn Franziskus diesen Unterschied im Sinn gehabt haben sollte, käme er mit seiner „Mode“-Klassifizierung nicht sonderlich weit.

Umgekehrt könnte man sagen: Das Christentum ist eine Mode, in historischer Perspektive allemal, und steckt zudem in einer Krise. Wenn Franziskus so argumentiert wie aktuell, stellt er sich dann rhetorisch auf eine Stufe mit Populisten wie Donald Trump, die Kritik an sich selbst kurzerhand in einen Vorwurf an die „Gegenseite“ ummünzen.

Vom liberalen Papst Franziskus, als der er zu Beginn seines Pontifikats wahrgenommen wurde, ist so immer weniger zu erkennen.

Eines Tages, er ist vermutlich nicht mehr fern, wird man beim Gedanken an Franziskus vielleicht wehmütig an Benedikt XVI. zurückdenken.

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4 Kommentare

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  • Der Typ ist der Papst und er tut was ein Papst tun muss. Locker und versöhnend im Auftritt, knallhart und unnachgiebig in der Sache. Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender in Personalunion, einer der schlimmsten globalen Heuschrecken. Die Kurie lässt sogar die BlackRocker im Vergleich dastehen, wie eine Laienspielschar.



    Mit Religionen kommt man nur gut zurecht, wenn sie keinerlei Macht und Einfluss haben. Drum hatte der heilige Karol auch so Angst vor den Sowjets.

  • Das hört sich doch sehr nach dem Neid derjenigen an, die nun wirklich nicht mehr länger ignorieren können, wie sehr sie selbst mittlerweile aus der Mode gekommen sind. Und seit der Causa 'Wucherpfennig' ziehen jetzt sogar noch moderne katholische Theologen und selbst Bischöfe mit 100 Sachen am Vatikan vorbei - und lassen dieser Riege alter verzagter Männer noch älter aussehen, als sie dies in ihrem Ornat ohnehin schon tun.

    Vielleicht sind ihre Gläubigen auch gar nicht soooo modern, sondern hängen einfach an ihrem Pfarrer, der am Sonntag mit aufrichtigen und lebendigen Worten zu ihnen predigt und von dem alle wissen, dass er schwul ist. Und sie haben die Schnauze voll von all den Würdenträgern auf dem hohen Stuhle, die seit 1000 Jahren mit gespaltener Zunge zu ihnen sprechen.

  • Meiner Ansicht nach war Jesus homosexuell oder bisexuell. Das Johannes Evangelium ist da ziemlich klar. Wobei klar ist, das Schwulsein damals was anderes war als heute.

    de.wikipedia.org/wiki/Lieblingsjünger

    • @el presidente:

      es gibt weder in den christlichen noch in den gnostischen texten überzeugende hinweise auf eine mögliche homosexuelle oder bisexuelle orientierung des gründers der christlichen religion.



      nach den gnostischen texten hatte er erotische beziehungen zu frauen



      homophobe sprüche von ihm gibt es im neuen testament und in den gnostischen texten nicht .doch der apostel paulus war nicht so tolerant und hat weibliche und männliche homosexualität als sünden bezeichnet.



      meiner meinung nach kann man mit jeder beliebigen sexuellen orientierung ein gerechter oder ein ungerechter mensch sein