Pannenserie in größtem Atomkraftwerk: Europas Riese hat Risse
Wegen einer undichten Stelle im Gassystem muss im ukrainischen AKW Saporoschje der vierte Reaktor vom Netz. Die Zwischenfälle häufen sich.
„Gut, dass sie den Reaktor rechtzeitig abgeschaltet haben“, kommentiert der Atomkraftgegner Jurij Babinin aus Nikopol auf seiner Facebookseite die Nachrichten aus Saporoschje. „Andernfalls hätte es die Produktionshalle ganz schön geschüttelt.“
Der Turbogenerator werde mit Wasserstoff und mit Wasser gekühlt. Das birgt laut dem Umweltschützer ein hohes Gefahrenpotenzial: Wasserstoff könne schon bei sehr kleinen undichten Stellen entweichen. „Und Wasserstoff ist explosiv“, so Babinin.
Immer wieder Zwischenfälle
Das in dem Städtchen Energodar angesiedelte Kraftwerk hat insgesamt sechs Reaktoren und gilt als das größte Atomkraftwerk Europas und das fünftgrößte der Welt. Es versorgt den gesamten Süden der Ukraine mit Energie. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Zwischenfällen und Notabschaltungen. Zuletzt 2014 zweimal binnen eines Monats.
Drei Reaktoren waren aus unterschiedlichen Gründen bereits zu einem früheren Zeitpunkt für Reparaturmaßnahmen vom Netz genommen worden. Zwei laufen derzeit noch. So speist das für eine Leistung von 6.000 Megawatt ausgelegte AKW momentan nur 1.640 Megawatt in das Netz ein. Insgesamt lieferte Saporoschje in diesem Jahr deshalb 9,9 Prozent weniger Strom. Dies berichtet das auf Energie spezialisierte ukrainische Internetportal uaenergy.com.ua unter Berufung auf das Ministerium für Energie und Kohle.
Die jüngsten technischen Schwierigkeiten kommen für das AKW, das derzeit nur Brennstäbe aus Russland bezieht, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Ende Februar waren in dem Kraftwerk die ersten nuklearen Brennstäbe der US-Firma Westinghouse eingetroffen. In diesem Monat sollen die ersten davon in Reaktor 5 eingesetzt werden. Reaktor 4 soll Donnerstagabend schon wieder ans Netz gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei