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Panne bei Plastikfänger „Ocean Cleanup“Wilson kann nicht mehr

Ein Teil des Plastikfängers hat sich im Pazifik gelöst. Betroffen ist die Satellitenkommunikation. Das „Ocean Cleanup“-Projekt muss in die Reparatur.

Bald auf dem Weg in die Reparatur: Der defekte Müllfänger von The Ocean Cleanup Foto: dpa

Berlin taz | Der Plastikfänger des „Ocean Cleanup“-Projekts muss wegen einer Panne früher als geplant an Land repariert werden. Ein 18 Meter langes Endstück der Anlage hatte sich vom Rest der Konstruktion gelöst. Die Crew will mit dem „System 001“, auch Wilson genannt, nun San Francisco oder Honolulu zusteuern, sobald die Wetterbedingungen es zulassen.

Das System besteht aus einer 600 Meter langen, u-förmigen Röhre, die auf der Wasseroberfläche schwimmt und einem drei Meter langen Netz, das in die Tiefe geht. Wenn sich die Anlage durch das Wasser bewegt, soll es Plastik in den Abgrenzungen der u-förmigen Röhrenkonstruktion einsammeln.

Wilson soll dabei helfen, Plastik in den Weltmeeren einzusammeln, der mittlerweile zu einem ernsthaften Problem für die maritimen Ökosysteme geworden ist. 1,8 Billionen Plastikteile sollen sich in seinem Einsatzgebiet befinden, dem sogenannten Großen Pazifikmüllfleck. Der Abfall verteilt sich hier über ein Gebiet mit 1,6 Millionen Quadratkilometer. Dies entspricht einer Fläche, die vier Mal so groß ist wie Deutschland.

Die Umweltschutzorganisation Ocean Conservancy geht davon aus, dass 8 Millionen Tonnen Plastik jährlich ins Meer gelangen, zusätzlich zu den 150 Millionen Tonnen, die derzeit in den Meeren zirkulieren. Das Ocean Cleanup-Projekt schätzt, dass „Wilson“ im Ozean 1 Tonne Plastik die Woche bergen kann, sobald er voll funktionsfähig ist.

Keine Gefahr für Mannschaft, Umwelt oder Schiffsverkehr

Der Plastikfänger war von San Francisco aus aufgebrochen und nahm am 17. Oktober seinen Betrieb auf. Den Schaden entdeckte die Besatzung Ende Dezember bei einer Routineinspektion des Säuberungssystems. „Obwohl es zu früh ist, die Ursache des Defekts zu bestätigen, gehen wir davon aus, dass Materialermüdung zusammen mit einer örtlichen Belastungskonzentration zum Bruch führten“, erklärte der Gründer und Geschäftsführer Boyan Slat auf der Homepage von „Ocean Cleanup“.

Laut eigenen Angaben sind sowohl der Hauptteil der Anlage als auch das Endstück, das sich gelöst hat, stabil. Auch gebe es keine Risiken für die Mannschaft, die Umwelt oder den Schiffsverkehr, weil kein Material verloren gegangen sei. Weil die Satelliten- und Sensorkommunikation jedoch Teil des abgebrochenen Endstücks gewesen seien, hätte sich das Team entschieden, die Anlage an Land zu bringen.

„Wir hofften, ein wenig länger draußen zu sein, um mehr Daten über das Plastiksystem zu sammeln“, schrieb Slat. Der Defekt bedeute eine weitere Herausforderung, die zu bewältigen sei. „Gleichzeitig ist uns klar, dass Rückschläge wie diese unvermeidbar sind, wenn wir eine neue Technologie dermaßen schnell vorantreiben“, erklärte der 24-jährige Unternehmer.

Wann Wilson zurückkehrt, ist unklar

Im Hafen soll die Anlage außerdem aufgerüstet werden, um ein weiteres großes Problem zu lösen: Der aufgefangene Plastikmüll verbleibt nämlich nur für eine relativ kurze Zeit im System, wie der Gründer in einem Blogpost im November 2018 zugegeben hatte. Für die notwendigen Aufrüstungen sollen die bereits gesammelten Datenmengen genutzt werden. „Wir wissen noch nicht, wie lange das alles dauern wird“, sagte Sprecher von Ewijk dazu.

Ursprünglich hatte das Projekt geplant, bei einem erfolgreichen Start 60 solcher Anlagen zu installieren, um innerhalb von fünf Jahren die Hälfte des Mülls beim Großen Pazifikmüllfleck aufzuräumen. Kritiker monierten, dass sich der Großteil des Plastikmülls in den Weltmeeren jedoch unter der Wasseroberfläche bis zum Meeresboden ansammle, die Aufräumaktion jedoch nur an der Oberfläche kratze. (mit Agenturen)

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6 Kommentare

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  • Dimension/Finanzierung und Durchsetzung müssten eher wie "Manhattan Project" sein. Ich wage zu behaupten, dass der Kampf gegen den Plastikmüll (im Ozean) weitaus wichtiger ist als der gegen den Klimawandel.

    Denn was nützt uns das schönste Klima, wenn der Ozean tot ist?

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    60 geplante Anlagen wenn's erst mal funktioniert?



    Donnerwetter!



    Die wären imstande, sollten die Angaben zur möglichen Leistung eines einzelnen Systems die gemacht werden nicht Schaumschlägerei sein, die wären also dann zusammen imstande, im Jahr sagenhafte 3120 Tonnen Plastik zu bergen.



    Für 150 Millionen Tonnen wegfischen, die zur Zeit herumtreiben sollen, müssten wir also den 60 Anlagen lediglich rund 48.000 Jahre zugestehen. Ein Klacks.



    In 48.000 Jahren fallen dann allerdings noch noch mal 384 Mio Tonnen (bei geschätzten 8 Mio Tonnen pro Jahr) neuer Abfall ein.



    Für 384 Mio Tonnen bräuchten wir dann mit 60 Anlagen noch einmal 123.000 Jahre. Null Problemo.



    And so on......



    Früher hat man so Leute wie den Initiator dieser Meerfege-Aktion einer behutsamen fachlichen Pflege anvertraut. Heute retten sie die Welt. So ändern sich die Zeiten.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @61321 (Profil gelöscht):

      Wer meinen Rechenfehler findet, sieht sofort, dass alles noch viel grausamer ist

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Vor allem ist Ihr Fatalismus grausam - mit so einer Einstellung fährt man besser mit Vollgas gegen die Wand und wacht nicht wieder auf.

        Im Übrigen enthält Ihre Rechnung den Kardinalfehler, dass Sie von einem ungebremsten Eintrag an Müll ausgehen - das ist ganz klar Teil des Konzepts, dass das natürlich radikal sinken muss, wenn das Erfolg haben soll.



        Bei Ihnen kommt doch sicher auch ab und zu die Strassenreinigung vorbei - schmeissen Sie in der Zwischenzeit dann auch Müll in die Gosse oder ist Ihr Verhalten dahingehend optimiert?

        Und wer sagt, dass es bei 60 Anlagen bleibt? Ihr Pessimismus?

        Ja, wir wissen alle, dass der Müll vermutlich zu 120% von den Drittweltländern kommt und dass wir hier gar nichts zu tun brauchen, das sollen die lösen, die es verursacht haben...

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Mitch Miller:

          Zunächst mal: Wenn Sie mir Fatalismus unterstellen, liegen Sie komplett falsch, wenn tiefen Pessimismus, dann liegen Sie richtig.



          Zum Zweiten, eine Metapher: Einem Menschen, der für den Winter ein Blockhaus bauen will und dessen Überleben vom Gelingen dieser Aktion abhängt, dem sollten Sie nicht kommentarlos zuschauen oder sogar noch affirmativ anfeuern, wenn er versucht, dafür Bäume mit einem Schweizer Taschenmesser zu fällen und zuzurichten.



          Die Zahlenspielereien sind wichtig (angenommen dabei, dass oben stehende Ausgangs-Zahlen nicht komplett daneben liegen), um sich der ungeheuren Dimension des Problems anzunähern und zu versuchen sie sich zu vergegenwärtigen. Ihr Kommentar zeigt allerdings, dass es überhaupt nicht genügt, die Zahlen anzuschauen, sondern dass es offenbar weit anschaulicherer Gedanken-Modelle bedarf, um überhaupt irgend etwas von dem zu begreifen, was in der Wirklichkeit auf den Ozeanen los ist.

          Man hat jetzt schon so oft von diesem Projekt in der Zeitung gelesen. Die wichtigsten Fragen, die sich dabei stellen und diskutiert werden müssen (erforderlicher Energie- und Materialeinsatz, Dimension des überhaupt Machbaren, die Gesamt-Dimension des Problems, die Effektivität, wohin mit dem anfallenden Dreck, zu welchen Kosten und mit welchem Energieeinsatz), wurden meist nicht mal im Ansatz besprochen, bestenfalls gestreift, wie hier oben.



          Und wie immer gilt: Wenn Sie durch solche "Vorzeigeprojekte" den Anschein erwecken, dass ja irgend etwas Sinnvolles wird gegen Verschmutzung getan, schwächen Sie damit regelmäßig all diejenigen, die die Probleme vielmehr an der Wurzel anpackt sehen wollen und sich entsprechende Strategien in diesem Sinne überlegen

  • 8 Millionen Tonnen im Jahr zusätzlich und der Filter sammelt 1 Tonne pro Woche also 55Tonnen im Jahr ein, sofern keine Störungen auftreten.

    Da seh ich ein wenig schwarz für den Erfolg, selbst bei 60 Filtern...