Panama nach den Panama Papers: Experten sollen Finanzmarkt prüfen
Die Regierung Panamas steht nach der Veröffentlichung unter Druck. Jetzt soll eine Kommission die Geschäfte im Bankensektor untersuchen.
„Nationale und internationale Fachleute werden die bestehenden Praktiken überprüfen und Maßnahmen vorschlagen, die wir mit anderen Ländern teilen können, um die Transparenz der Finanz- und Rechtssysteme zu verbessern“, sagte Präsident Juan Carlos Varela am Mittwoch. „Wir sind ein ernsthaftes Land, das sich an internationales Recht hält und mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeitet.“
Nach der Aufdeckung von 214 000 Briefkastenfirmen durch die „Panama Papers“ hatte die Industrieländer-Organisation OECD dem mittelamerikanischen Land bescheinigt, internationale Standards für Steuertransparenz trotz früherer Zusagen zu missachten. „Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden“, kritisierte der Generalsekretär Angel Gurría.
Frankreich drohte, Panama wieder auf die die Schwarze Liste der Steuerparadiese zu setzen. Er hoffe, dass sich die in der OECD zusammengeschlossenen Länder diesem Schritt anschlössen, sagte Finanzminister Michel Sapin im Sender Europe 1.
Anbieter und Nutzer
In Panama wurden die Äußerungen als Affront aufgefasst. „Ernsthafte und verantwortungsbewusste Regierungen verhandeln über internationale Verpflichtungen nicht via Medien“, sagte Präsident Varela. „Wir bitten alle Länder, die diplomatischen Wege einzuhalten und gegenseitigen Respekt walten zu lassen.“ Er sei zum Gespräch mit der OECD bereit.
Der Staatschef betonte die Erfolge seines Landes. „Heute sind wir die stabilste und wachstumsstärkste Volkswirtschaft Lateinamerikas“, sagte er. Seine Regierung habe zuletzt eine Reihe von neuen Gesetzen erlassen, um die Transparenz des Finanzsektors zu erhöhen. Das sei bislang von der internationalen Gemeinschaft auch anerkannt worden.
Die Enthüllungen der „Panama Papers“ würden zudem nicht nur sein Land betreffen, sagte Varela. „Sie betreffen viele Länder der Welt, deren rechtliche und finanzielle Strukturen noch immer verwundbar sind und für Zwecke missbraucht werden können, die nicht dem Allgemeinwohl dienen.“
Freunde und Opfer
Die Süddeutsche Zeitung, das Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und zahlreiche andere Zeitungen weltweit hatten zuletzt über Zehntausende Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Unternehmen wurden den Berichten zufolge zum Teil von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründet.
Präsident Varela bekannte sich am Mittwoch zu seiner Freundschaft mit Kanzleiteilhaber Ramón Fonseca Mora. „Ich werde meine Freundschaft mit Herrn Fonseca Mora nicht abstreiten. Er ist mein Freund“, sagte der Staatschef im Fernsehsender Telemetro. „In schwierigen Zeiten wie diesen hauen Freunde nicht einfach ab.“
Die bislang schwersten Konsequenzen hat der Skandal um die Offshore-Firmen in Island. Dort trat Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson am Mittwoch zurück. Der Regierungschef und seine Frau sollen Millionen in einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln geparkt haben.
Die Regierung will trotzdem vorerst weitermachen. Der Vizechef der liberalen Fortschrittspartei Sigurdur Ingi Johansson werde neuer Ministerpräsident, hieß es in Reykjavik. Für den Herbst seien Neuwahlen geplant, ein halbes Jahr vor Ende der Legislaturperiode.
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