Palästinas UN-Antrag: Die USA spielen auf Zeit

9 von 15 Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat unterstützen Palästinas Antrag auf eine UN-Vollmitgliedschaft. Doch die Vetomacht USA setzt auf weitere Verhandlungen.

Ein palästinensischer Demonstrant hät eine zerrissene US-Flagge bei Zusammenstößen mit Israels Militär am Qalandia Checkpoint zwischen Jerusalem and Ramallah am Freitag. Bild: dapd

GENF taz | Der UNO-Sicherheitsrat in New York wird sich am Montag erstmals mit dem Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft des Staates Palästina befassen, den Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Freitagabend offiziell bei Generalsekretär Ban Ki Moon eingereicht und anschließend vor der Generalversammlung begründet hatte.

Eine Entscheidung in der Sache wird der Sicherheitsrat aber am Montag höchstwahrscheinlich nicht treffen, obwohl eine ausreichende Mehrheit von 9 der 15 Ratsmitglieder dafür wäre, den Antrag mit einer "positiven Empfehlung" an die Generalversammlung zur Entscheidung weiterzuleiten.

Doch die Vetomacht USA, maßgeblich unterstützt vom nichtständigen Ratsmitglied Deutschland, plädiert für eine Verschiebung der Entscheidung. Zunächst einmal sollten neue Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern stattfinden, für die das sogenannte Nahostquartett aus USA, UNO, EU und Russland am Sonntag einen Zeitplan vorschlug: Beiden Seiten sollen innerhalb eines Monats an den Verhandlungstisch zurückkehren und sich gleich zu Beginn der Gespräche verpflichten, ein Ergebnis bis spätestens Ende Februar anzustreben.

Konferenz in Moskau

Der weitere Zeitplan nach den Vorstellungen des Quartetts: Innerhalb von drei Monaten sollen weitreichende Vorschläge in Grenz- und Sicherheitsfragen vorliegen. Nach spätestens sechs Monaten sollen "substanzielle Fortschritte" vorliegen, die dann auf einer internationalen Nahostkonferenz in Moskau abgesegnet werden sollen. Geplant ist außerdem eine Geberkonferenz, um die Palästinenser beim Aufbau staatlicher Strukturen zu unterstützen.

Abbas wies den Vorschlag als "unzureichend" zurück, weil das Nahostquartett nicht mehr den Stopp des Weiterbaus illegaler Siedlungen in den besetzten Gebieten zur Vorbedingung von Verhandlungen macht und Israel noch nicht einmal dazu auffordert.

Diese Vorbedingung war die Position des Quartetts, seit US-Präsident Barack Obama sie im April 2009 zur offiziellen Position der USA erklärt hatte. Doch bereits im Herbst 2009 machte die Obama-Regierung einen Rückzieher und bezeichnet die Forderung nach einem Stopp des Siedlungsbaus seitdem als "unakzeptable Vorbedingung der Palästinenser".

Bei den Beratungen des Quartetts über die neue Initiative setzten die USA gegen den Willen von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie der russischen Regierung durch, dass die Forderung nach einem Siedlungsstopp fallengelassen wird. Unterstützt wurden die USA von der EU-Außenminister Catherine Ashton, obwohl eine deutliche Mehrheit der 27 EU-Staaten für die Beibehaltung dieser Forderung votierte. Ashton stand dabei unter erheblichem Einfluss der Bundesregierung.

Umfaller Sarkozy

Auch der französische Präsident Nikolas Sarkozy, der sich zunächst öffentlich als Unterstützer des Antrags auf die UN-Mitgliedschaft Palästinas profiliert hatte, plädierte in der Endphase der Beratungen des Nahostquartetts dafür, die Forderung nach einem Siedlungsstopp fallen zu lassen. Ebenfalls auf Wunsch der USA und der EU und gegen den Willen der UNO und Russlands gab das Nahostquartett seine Forderung nach einer Zweistaatenlösung auf Basis der Vorkriegsgrenzen von 1967 auf.

Diese Position, die auch der Völkerrechtslage entspricht, hatte sich Obama in seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung im September 2010 noch ausdrücklich zu eigen gemacht. Bei seiner Rede am Mittwoch letzter Woche ließ der US-Präsident diese Forderung jedoch fallen. Abbas hatte bei seinem Auftritt vor der UNO-Generalversammlung die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Israel davon abhängig gemacht, dass der Siedlungsbau gestoppt und am Ziel der Zweitstaatenlösung in den Vorkriegsgrenzen von 1967 festgehalten wird.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wies diese Forderungen als "unakzeptabel" zurück und formulierte Bedingungen für eine Friedensvereinbarung: Die Palästinenser müssten Israel als "jüdischen Staat anerkennen" und akzeptieren, dass Israel zur Gewährleistung seiner Sicherheitsinteressen auch auf dem Territorium eines künftigen Staates Palästina weiterhin militärisch präsent ist.

Der UNO-Sicherheitsrat wird den Antrag auf die UN-Mitgliedschaft Palästinas heute wahrscheinlich zunächst an einen Unterausschuss zur Prüfung weiterleiten. Diese Prüfung kann Monate dauern.

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