Palästina: Uno erwägt Friedenstruppe
Den Süden, den Küstenstreifen und den Norden hat die Hamas unter ihrer Kontrolle. Die Fatah dominiert im Westjordanland. Gespräche über die Entsendung einer Friedenstruppe laufen.
JERUSALEM taz Die Kämpfe zwischen der Hamas und der Fatah um die letzten Sicherheitsstützpunkte im Gaza-Streifen konzentrieren sich auf die Stadt Gaza. Den gesamten Süden, den Küstenstreifen und den Norden hat die Hamas bereits unter ihrer Kontrolle. Am Freitagmittag läuft das Ultimatum ab, das die Hamas Fatah-nahen Offizieren stellte, wenn sie ihre Waffen kampflos abgeben wollen. Noch am Mittwoch starben mindestens 14 Palästinenser, die meisten davon Aktivisten der Fatah. Am Vortag war die Zahl der Toten auf 25 gestiegen.
Systematisch zogen die Kämpfer der Hamas von einer Polizeistation zur nächsten. Gut bewaffnet und organisiert, konnten sie selbst Schlachten für sich entscheiden, bei denen sie zahlenmäßig weit unterlegen waren. Kämpfer der Fatah beklagten das Fehlen eines zentralen Kommandos. Exsicherheitschef Mohammed Dahlan hält sich seit Wochen in Ägypten auf. Zwei seiner Stellvertreter flohen offenbar ins sichere Westjordanland. "Es ist ein Unterschied, ob man vor Ort Kommandos gibt oder per Handy", schimpfte ein Hauptmann der Fatah.
"Wir wurden mit Mörsergranaten beschossen, mit Mörsergranaten und noch mehr Mörsergranaten", beschrieb ein Fatah-Sicherheitsmann den Angriff von 200 Hamas-Kämpfern auf das Quartier einer Polizeitruppe. Mehr als 500 Anhänger der Fatah saßen über Stunden in der Falle. 17 der Polizisten starben im Kugelhagel.
Die am Dienstag kurzfristig ausgerufene einseitige Waffenruhe der Fatah kam viel zu spät. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) drohte in Ramallah mit dem Austritt aus der Nationalen Einheitsregierung. Er schwenkte dann jedoch um auf einen "temporären Boykott" der Kabinettssitzungen, bis ein Waffenstillstand erreicht ist.
Nicht nur die Zukunft der palästinensischen Einheitsregierung ist infolge der neuen Machtverhältnisse im Gaza-Streifen unwägbar, sondern der Traum vom Staat Palästina an der Seite Israels. Schon wird mit neuen Begriffen gehandelt, wie "Hamastan" für den Gaza-Streifen und "Fatahstan" für das Westjordanland.
Der israelische Premierminister Ehud Olmert zeigte sich vor allem über den andauernden Waffenschmuggel via Ägypten beunruhigt. "Sollte der Gaza-Streifen in die Hände der Hamas fallen, wird die gesamte Region davon betroffen werden", meinte Olmert. Israel werde zwar weiter gegen den Terrorismus kämpfen. Dennoch "können wir nicht in den Gaza-Streifen einmarschieren, um im Auftrag der pragmatischen Palästinenser die Extremisten zu überwältigen."
Die im Süden stationierten israelischen Truppen befinden sich in ständiger Alarmbereitschaft. Eine Invasion ist trotz der andauernden Raketenangriffe auf die israelische Stadt Sderot vorläufig nicht geplant. Stattdessen forciert die Regierung in Jerusalem ihre diplomatischen Bemühungen für einen Einsatz von UNO-Soldaten an der ägyptischen Grenze. Der Westen müsse schnell agieren, mahnte Olmert. Und appellierte für den Einsatz einer multinationalen Truppe - ähnlich wie im Libanon.
Der Ruf nach dem Einsatz einer internationalen Friedenstruppe im Gazastreifen wird lauter. Er habe bereits mit Olmert und Palästinenserpräsident Abbas über diese Möglichkeit gesprochen, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Rande einer Sicherheitsratssitzung am Mittwoch vor Journalisten in New York. Jedoch gebe es noch viele Fragen zu klären. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana begrüßte Olmerts Vorschlag.
Bei einem Telefonat am Dienstag habe Palästinenserpräsident Abbas in auf den möglichen Einsatz einer Friedenstruppe angesprochen, sagte Ban. Abbas habe ihn aufgefordert, einen solchen Einsatz zu erwägen. Auch Olmert habe das Thema angesprochen. Er müsse nun aber zunächst mit den betroffenen Länder über weitere Detailfragen beraten, sagte Ban.
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