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Paket-Auslieferung per Tram in FrankfurtBringt’s das?

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

In Frankfurt am Main werden Paketlieferungen mit der Straßenbahn getestet, damit weniger Lkws fahren. Das klingt leider besser als es ist.

Nicht mehr als eine Insel-Lösung: Die Logistiktram beim Ersteinsatz in Frankfurt Foto: dpa

D ie Idee hat was: Die Pakete kommen per Tram, nicht mit dem Lieferwagen in die Innenstadt. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main testet den Einsatz einer „Logistiktram“. Sie soll dazu beitragen, dass weniger Paket-Transporter in der überfüllten Stadt herumfahren.

Frankfurt ist eine Stadt mit hoher Diesel-Belastung, der Fahrverbote drohen. Auch deshalb haben KommunalpolitikerInnen einen Vorschlag aus ihrem „Ideenwettbewerb Klimaschutz“ vom vergangenen Jahr aufgegriffen. Der sieht vor, Straßenbahnen mit „Mikrodepots“ zu beladen, in denen viele Kisten mit Paketen stecken.

Diese Depots werden an bestimmten Haltestellen ausgeladen. Mit einer speziellen Hydraulik können NutzerInnen die Kisten in den Fahrradanhänger eines Lasten-E-Bikes laden und die Pakete ausliefern. Die Straßenbahnen müssen nicht umgebaut werden, die Sache lässt sich mit wenig Aufwand realisieren. Zu den Projektpartnern der Stadt gehört der Paketdienst Hermes.

Am vergangenen Montag fand die erste Probefahrt der Logistiktram vom Betriebshof im Gutleutviertel zur Messe statt. Im Herbst soll die Probephase beginnen. Der Abteilungsleiter Stadtentwicklung der Stadt Frankfurt, Ansgar Roese, freut sich auf eine „nahezu emissionsfreie Citylogistik“.

Ganz taufrisch ist die Idee nicht, den Nahverkehr zum Pakettransporteur zu machen. In Moskau dient die legendäre U-Bahn auch dem Transport von Paketen. Die französische Stadt Saint-Étienne nutzt – ausrangierte – Straßenbahnwagen, um Lieferungen an Firmen und Privatleute von außerhalb gelegenen Lagerhallen in die Innenstadt zu transportieren. Utrecht in den Niederlanden hat Paketboote, die auf den Kanälen der Stadt fahren.

Insel-Lösung

Tatsächlich wird es auch in Deutschland höchste Zeit, Lösungen für die verstopften Innenstädte zu finden. Der Onlinehandel boomt, mehr als drei Milliarden Pakete werden in Deutschland im Jahr verschickt, Tendenz rasch steigend. Die allermeisten werden mit dem Lieferwagen zu KundInnen gebracht, selten mit E-Lastern. Die Lieferwagen verstopfen Straßen, verpesten die Luft und sind für FußgängerInnen und FahrradfahrerInnen eine ständige Angst- und Gefahrenquelle.

Der Onlinehandel boomt, mehr als drei Milliarden Pakete werden im Jahr verschickt

Waren von der Straße auf die Schiene zu bringen, ist richtig. Das gilt aber vor allem für die Transporte, die sonst über Autobahnen und Landstraßen gehen. Nicht für Pakete. Der öffentliche Nahverkehr ist in den allermeisten Städten ein Desaster. Er wird sicher nicht besser, wenn er Paketlieferungen übernimmt. In den Stoßzeiten sind Bahnen und Busse überfüllt, in den Randzeiten die Wartezeiten lang. Auch wenn die Logistiktram in der Pilotphase nur in verkehrsarmen Zeiten eingesetzt werden soll – sollte sie in den Normalbetrieb übergehen, wird sie öfter fahren, sonst macht das Projekt keinen Sinn. Bei der Bahn haben Güterzüge oft Vorfahrt vor Personenzügen, die auch deshalb erhebliche Verspätungen haben. Keine gute Vorstellung für den öffentlichen Nahverkehr. Auf dessen Schienen können nicht beliebig mehr Bahnen fahren.

Das Wichtigste, um die Verkehrsprobleme der Städte anzugehen, ist aber gerade die Verbesserung des Nahverkehrs – denn nur wenn das geschieht, steigen AutofahrerInnen um auf Bus oder Bahn. Gleichzeitig wäre die Logistiktram nicht mehr als eine Insel-Lösung. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Kapazitäten für alle Anbieter reichen und alle mitmachen würden. Es würden also nur einige, aber nicht alle Paketlieferwagen eingespart.

Gefragt ist eine grundsätzliche Lösung. Dafür zu sorgen, dass weniger oder am besten gar keine Lieferfahrzeuge in den Innenstädten unterwegs sind, ist überfällig. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, etwa drastische Parkverbote auf Straßen, eine Art Stadt-Maut für Lieferfahrzeuge oder die Pflicht für Paketdienste, außerhalb der Innenstädte auf speziellen Plätzen zu parken und die Waren mit dem Fahrrad zum Kunden zu bringen.

Das könnten Kommunen schnell umsetzen. Aber es würde den wirtschaftlichen Interessen der Lieferdienste entgegenstehen. Deshalb gibt es leider keine politischen Mehrheiten für diese Entlastung der Innenstädte.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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5 Kommentare

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  • > Bei der Bahn haben Güterzüge oft Vorfahrt vor Personenzügen, die auch deshalb erhebliche Verspätungen haben.

    Was?!



    Ich höre und lese ständig nur vom Gegenteil: Unattraktive Güterverbindungen, da die Züge tagsüber ständig stehen und den (wichtigen, getakteten) Personenverkehr durchlassen müssen.

    Gibt es für diese Aussage eine Quelle? Diese Sicht würde mich brennend interessieren!

    Ein Beispiel für "Güter" und "Bahn" (gerade im Nahverkehr) wurde leider nicht aufgezählt: die CarGoTram in Dresden, welche früher Teile für den Phaeton in VWs Gläserne Manufaktur lieferte und das selbe heute wieder für den eGolf tut.



    Vielleicht wäre etwas vergleichbares ja durchaus für Paketdienste denkbar; statt unzähliger Kleintransporter eine dedizierte Güterstraßenbahn, welche Boxen mit auszuliefernden Paketen an die mit Elektro-Lastenrädern ausgestatteten Kuriere der "letzten Meile" zubringt.

    • @kowowa:

      Der Vollständigkeit halber:



      Gerade wieder in einer Doku des NDR:



      www.youtube.com/wa...=youtu.be&t=25m44s

      Zitat: "[...] denn auf Gleisen, die Güter- und Personenzüge gemeinsam nutzen, haben Personenzüge immer Vorfahrt."

      Daher nochmal die Frage, werte Frau Krüger: (Und das ist ernst gemeint und nicht negativ!) Gibt es für ihre Aussage eine belastbare Quelle?

      Mit freundlichem Gruß,



      KOWOWA :)

  • "...gar keine Lieferfahrzeuge in den Innenstädten unterwegs sind, ist überfällig."

    Das dürfte schwierig werden. Woher soll das Platzangebot für die innenstadtnahen Umschlagplätze kommen?



    Was ist mit wirklich schweren Gütern, Baustoffen gar oder allgemein Handwerkern? Eine neue Regulierungsbehörde muss her um den Innenstadttransport zu steuern.

    Oder mit den Anlieferern für Kaufhäuser? Da wäre es doch einfacher, Einkaufszentren in der Peripherie zu bauen. Ach, die gibt es ja schon. Dann könnte man doch gleich rund um die Innenstadt einen "Austauschring" für Güter anlegen. Zustellung von China nur bis in den Ring. Dann entfällt auch die für Logistiker kostenintensive "letzte Meile".

    • @fly:

      Guten Tag.

      Straßenbahnen oder Kleinbahnähnliche mit Güterverkehr waren in Deutschland bis Ende der 1960er Jahre gang und gäbe, bis Anfang der 80er gab es sie.

      Ich habe Anfang der 90er bei der Münchner Post Pakete zugestellt. Das größte Paket, dass ich hatte, war eine Couch. (Dritter Stock ohne Aufzug.) Da hätte mir ein Fahrrad nicht geholfen. Ich denke in bestimmten Fällen kommt man um motorisierte Lieferfahrzeuge nicht herum.

      Zur Zustellung durfte ich damals auch in zweiter Reihe halten, ich weiß nicht wie das heute ist. Sollte es verboten sein, dann müsste man hier halt stärker zur Kasse bitten.

      Die vorgeschlagene Maut würde m.E. zwar das Stadtsäckel füllen, aber auf den Straßen keine Auswirkung zeigen.

      Auch die Logisitktram in Frankfurt ist zu kurz gedacht, denn die ausgeladenen "Depots" werden ja auch die Bahnsteige blockieren.

      Trotzdem ist es löblich, das hier der Versuch unternommen wird, etwas zu ändern.

      Sagt grüßend der autofreie

      Jörg

  • Die Logistik stelle ich mir recht schwierig vor.