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Paderborn in der ersten BundesligaBayern statt Bielefeld

Trotz geringen Etats von nur 6,2 Millionen Euro hat der SC Paderborn den Aufstieg geschafft. Das ein oder andere Bier für die Party wird da im Budget noch drin sein müssen.

So sieht Aufstieg aus: Spieler vom SC Paderborn Bild: dpa

PADERBORN dpa | Noch auf dem Rasen startete das Überraschungsteam des SC Paderborn in den Party-Marathon. „Von nun an gibt es nur noch ein Gas – nämlich Vollgas. Das werden die härtesten Tage der Saison“, kündigte Torhüter Lukas Kruse am Sonntagabend euphorisch an. Berauscht vom einem der ungewöhnlichsten Aufstiege der Bundesliga-Historie verwandelte die Fans des Klubs die nur 15.000 Zuschauer fassende Benteler-Arena in eine einzige Partyzone.

Dank des hart erkämpften 2:1 (2:1) über den VfR Aalen wurde für den Provinzclub ein Fußball-Märchen wahr. „Bayern statt Bielefeld“, brachte es dann auch der Stadionsprecher im Anschluss an die Partie auf den Punkt.

Selbst der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker war begeistert und übermittelte eilige Glückwünsche: „Als Theologe bin ich mit der Verwendung des Begriffs ‚Wunder‘ etwas vorsichtig, aber der Aufstieg des SC Paderborn in die Bundesliga ist schon etwas, das man zumindest als ‚Fußballwunder‘ bezeichnen kann.“

Hauptdarsteller des ersten Spontanfeier auf dem Platz war André Breitenreiter. Erst nach diversen Bierduschen fand der Erfolgscoach Gelegenheit, den Aufstieg zu kommentieren: „Mit einer Mannschaft aufzusteigen, die keiner auf der Rechnung hatte, ist eine Sensation. Ich bin unglaublich stolz, Trainer dieser Jungs zu sein.“

Trainer lässt Zukunft offen

Ein Treueschwur für die kommende Saison blieb der angeblich von Eintracht Frankfurt umworbene und mit einem bis 2016 datierten Vertrag ausgestattete Breitenreiter allerdings schuldig: „Das ist nicht der Zeitpunkt, darüber zu reden. Ich will niemanden belügen und erst einmal den Augenblick genießen. Heute sollten wir die Chance nutzen, um alle Biersorten in Paderborn wegzutrinken.“

Dank der Tore von Marc Vucinovic (14. Minute) und Mario Vrancic (21.) wahrte sein Team den Zwei-Punkte-Vorsprung auf die SpVgg Greuther Fürth und wird damit zum 53. Debütanten im Fußball-Oberhaus. Den Führungstreffer für die Gäste erzielte Joel Pohjanpalo (9.).

Die Erfolgsstory überrascht selbst die kühnsten Optimisten. Trotz eines geringen Etats von nur 6,2 Millionen Euro sicherte sich Paderborn hinter dem 1. FC Köln den zweiten Tabellenplatz. Ein starker Saison-Endspurt mit zuletzt nur einer Niederlage in zehn Spielen ebnete dem Verein den Weg ins Glück.

Auch im vorerst letzten Zweitliga-Spiel erwies sich die Mannschaft als nervenstark und steckte den Rückstand durch den Finnen Pohjanpalo schnell weg. Fünf Minuten später bereitete Vrancic den Ausgleich durch Vucinovic vor, danach vollendete er selbst zum 2:1. Es war zugleich der Endstand, um den Paderborn in Hälfte zwei bis zum Abpfiff gegen engagierte Aalener zittern musste.

Mit einer Mischung aus Wehmut und Euphorie kommentierte Markus Krösche den Aufstieg. Nach 13 Jahren beim SC beendet der kurz vor dem Schlusspfiff eingewechselte Kapitän seine aktive Karriere: „Einen besseren Zeitpunkt aufzuhören, kann es nicht geben.“ Auf die Frage, ob er nicht noch einmal gegen Franck Ribéry spielen will, antwortete er beim TV-Sender Sky lächelnd: „Lieber nicht.“

Später dann bejubelten rund zwanzigtausend Fans ihre Aufstiegshelden. Die Anhänger des Überraschungsvereins strömten trotz des Schmuddelwetters vor das Rathaus der ostwestfälischen Stadt. Die Mannschaft trug sich in das Goldene Buch der Stadt ein und feierte dann mehrere Stunden auf der Bühne vor dem Rathaus mit ihren Fans.

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1 Kommentar

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  • Verkehrte ostwestfälische Welt: der kleine Finke triumphiert, der große Gerry Weber abgeschlagen, das reaktionäre Paderborn mit Bischof und 65% CDU ganz oben, das rotgrüne Bielefeld mit seinem schwulen Oberbürgermeister bestenfalls zweitklassig. Bleibt nur die Hoffnung, dass sich die überkommenen Machtverhältnisse in der Region im nächsten Mai normalisiert werden haben.