PR-Kampf vor der Seilbahn-Entscheidung: Unternehmer sponsern Bürgerinitiative
Die Bürgerinitiative "Ja zur Seilbahn" offenbart ihre Finanzen. Dabei werden bemerkenswerte personelle Überschneidungen deutlich.
Die Bürgerinitiative „Ja zur Seilbahn“ hat ihre Finanzen offengelegt. Dabei bestätigte sich, was Seilbahn-KritikerInnen schon länger vermutet haben: Die Initiative erhält ihre Mittel – auf Umwegen – von genau den Unternehmen, welche die Seilbahn betreiben oder anderweitig von ihr profitieren wollen.
Laut dem nun vorliegenden Rechenschaftsbericht gibt es zwei Geldgeber: die Interessengemeinschaft St. Pauli und der Tourismusverband Hamburg. Zusammen stellten sie im vergangenen Jahr knapp 9.500 Euro bereit – exakt diesen Betrag habe die Initiative auch wieder ausgegeben.
Sieht man sich diese beiden Organisationen genauer an, zeigen sich personelle Überschneidungen: So ist einer der drei Initiatoren der Initiative „Ja zur Seilbahn“, Thomas Magold, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Tourismusverbandes. Auf ihrer Internetseite nennt die Ini ihn als Verantwortlichen im Impressum – erreichbar „c/o Tourismusverband Hamburg e. V.“
Dieser versteht sich als „Bindeglied zwischen der Tourismusbranche und den politischen und wirtschaftlichen Instanzen der Hansestadt“. Eines seiner Mitglieder ist die Stage Entertainment GmbH – die designierte Seilbahn-Betreiberin. Stage Entertainment veranstaltet die Musicals auf der anderen Elbseite, zu denen das umstrittene Verkehrsgerät führen soll – „König der Löwen“ und „Das Wunder von Bern“ –, außerdem das Musical „Rocky“ im Operettenhaus, zudem gehören der Firma die Theater Neue Flora und Kehrwieder.
Von der Glacischaussee am Bismarck-Denkmal vorbei auf die andere Elbseite, und das in bis zu 80 Metern Höhe: So stellen Initiatoren - der Seilbahnbauer Doppelmayr und das Musical-Unternehmen Stage Entertainment - die Seilbahn dar, die sie gerne bauen und betreiben würden.
Nachdem die Bezirksversammlung Mitte sich gegen das Vorhaben aussprach, läuft noch bis zum 24. August ein Bürgerentscheid zur Durchsetzung der "einzigartigen touristischen Attraktion", so die Befürworter. Dabei gibt es kein "Quorum": Egal, wie viele BürgerInnen sich beteiligen, ist das Ergebnis bindend. Abgestimmt werden kann per Post oder im Bezirksamt Mitte, Klosterwall 4.
Argumente für und wider das Projekt präsentieren die beiden Initiativen "Ja zur Seilbahn" und "Keine Seilbahn" auch im Internet: www.ja-zur-seilbahn.de , www.keine-seilbahn.de
Weiteres Geld bekommt die Bürgerinitiative dem Rechenschaftsbericht zufolge von ihren GründerInnen: Neben Magold sind das Herlind Gundelach, ehemals Senatorin in Hamburg und heute CDU-Bundestagsabgeordnete, sowie Joachim Strateschulte, geschäftsführender Vorsitzender der Stiftung Rickmer Rickmers. Das Trio hat demnach 1.500 Euro zugeschossen – von „dem wenigen Geld“, das man habe, wie auf einer Pressekonferenz erklärt wurde.
Als „Idealisten“ bezeichnet Magold sich und seine MitstreiterInnen denn auch gegenüber der taz: „Wir sind Privatleute und Überzeugungstäter.“ Überschneidungen zwischen GeldgeberInnen, InitiatorInnen und NutznießerInnen finde er nicht problematisch. Dass auch die Buchhaltung der Initiative vom Tourismusverband erledigt wird, solle „Professionalität und Korrektheit sichern“, sagt Magold.
Schatzmeister und stellvertretender Vorsitzender des Verbands ist Wolfgang Raike. Dessen Agentur Raike-Schwertner ist von der Seilbahn-Initiative mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit beauftragt worden– und das nicht als Freundschaftsdienst: In der Abrechnung der Initiative taucht Raike-Schwertner gleich zweimal unter den Ausgaben auf. 2013 realisierte man demnach Flyer, Logo und Druck und wurde dafür auch bezahlt – für die Initiative war’s die zweithöchste Ausgabe in dem Jahr. 2014 zahlten die Seilbahn-Befürworter erneut an die Agentur, diesmal für die Vermittlung eines Anwalts. Da landet also Geld, das der Tourismusverband der Initiative überlassen hat, am Ende bei einer Firma, die der Verbandsvorsitzende betreibt.
Die GegnerInnen des Projekts, die Initiative „Keine Seilbahn“, geben sich kaum überrascht. Personelle Überschneidungen und das Gewähren von finanziellen Vorteilen sei „bei solchen Verbandsgeschichten“ eher normal, sagt Sprecher Klas Rühling. „Das ist nur nicht die Art, wie man in einer Gesellschaft Demokratie machen sollte.“
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