Oxfam-Studie: Die dunkle Seite von Cornflakes
Die zehn größten Lebensmittel- und Getränkehersteller der Welt erwirtschaften täglich über 800 Millionen Euro Gewinn. Zulasten von Landarbeitern, Frauen und Umwelt.
BERLIN taz | Der Grundwasserspiegel in Pakistan sinkt dramatisch. Eine Mitschuld daran trägt Nestlé. Der Lebensmittelgigant füllt dort Trinkwasser in Flaschen ab und erreicht damit einen Marktanteil von 50 Prozent.
Das ist ein Ergebnis der Oxfam-Studie „Behind the Brands“, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Hilfsorganisation Oxfam wirft in der Untersuchung den zehn größten Lebensmittel- und Getränkeherstellern der Welt vor, dass sie ihre Geschäfte auf dem Rücken von Landarbeitern, Frauen und Umwelt austragen.
Dabei erzielen die Multis 800 Millionen Euro Gewinn – täglich. Coca-Cola, Danone, Kellogg’s & Co sind für 10 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich und bedienen eine Branche, die größer als der Energiesektor ist.
Systematische Ausbeutung
Möglich ist das laut Oxfam nur, da die Konzerne die Landbevölkerung systematisch ausbeuten. Der niederländisch-britische Verbrauchsgüterkonzern Unilever („Langnese“, „Knorr“, „Lipton“) beispielsweise beziehe einen Teil seiner Vanille für Eiscreme aus Madagaskar. Dort arbeitet ein Drittel aller Kinder zwischen 12 und 17 Jahren in der Vanilleproduktion.
„Es ist höchste Zeit, dass die Lebensmittelkonzerne mehr Verantwortung für ihren enormen Einfluss auf das Leben armer Menschen übernehmen“, sagt Frank Braßel von Oxfam Deutschland. Die Firmenkonzepte basierten auf dem Einkauf von Waren aus ländlichen Räumen. Doch dort leben rund 60 Prozent der insgesamt bis zu drei Milliarden Arbeiter in Armut. Insgesamt sind bis zu 80 Prozent der Menschen, die als „chronisch hungrig“ bezeichnet werden, von Beruf Landarbeiter oder Landwirte.
Auf dem Papier geben sich die Konzerne laut Oxfam zwar inzwischen bei der Formulierung von Firmenzielen Mühe, doch in der Praxis handelten sie wie früher. Keines der Unternehmen habe sich öffentlich verpflichtet, Bauern einen fairen Preis für ihre Ware zu bezahlen. Auch ignorierten die meisten Konzerne die Rechte lokaler Bevölkerungsgruppen bei der Pacht oder dem Kauf von Landflächen für den Anbau von Palmöl, Soja und Zucker – dem sogenannten Land Grabbing.
Für Breßel ist klar: „Angesichts der wachsenden Macht der Konzerne fehlt es an klaren staatlichen Regeln, die die Unternehmen zu sozialem und ökologischem Handeln verpflichten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance