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SPD und Grüne haben sich auf das Sicherheitspaket II verständigt. Keine Ausweisung von Ausländern aufgrund bloßen Verdachts. Der Verfassungsschutz darf künftig zur Eigensicherung abhören. Keine Zentraldatei für biometrische Daten
aus Berlin SEVERIN WEILAND
Die Koalition hat die letzten Hürden für das Sicherheitspaket II genommen. Morgen soll das Gesetzespaket im Bundestag verabschiedet werden. Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller sprach gestern von einem „ausgewogenen Kompromiss“, der rechtspolitische Sprecher Volker Beck von einer „Balance zwischen Freiheit und Sicherheit“.
Die Grünen halten sich zugute, in mehreren Punkten des Pakets Änderungen durchgesetzt zu haben. Das Gesamtpaket, das gestern im Innenausschuss beraten wurde, lag der Öffentlichkeit noch nicht vor. Nicht aufgegriffen wurde von Rot-Grün die Forderung einiger Bundesländer, Ausländer bereits bei Verdacht auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung auszuweisen. Hier einigte man sich laut Müller auf die Formulierung, wonach „Tatsachen“ diese Mitgliedschaft „belegen müssen“. Auch bleibe es dabei, dass Rechtsmittel gegen eine Ausweisung ihre aufschiebende Wirkung behielten.
Daten über Asylbewerber, die beim Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen (BAFL) in Nürnberg gespeichert sind, dürfen künftig – in den engen Grenzen des Bundesverfassungsschutzgesetzes – nur an ausländische Dienste weitergegeben werden, wenn dies „völkerrechtlich geboten ist“, so Müller. Als Beispiel nannte die Fraktionschefin eine UN-Resolution gegen den internationalen Terrorismus. Damit soll, so die Hoffnung der Grünen, eine befürchtete Datenweitergabe an Dienste aus den Heimatländern von Asylbewerbern verhindert werden.
Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden künftig auf die Landesämter ausgeweitet, im Gegenzug sollen aber in den Ländern die datenschutzrechtlichen Regelungen für das Bundesamt gelten. Auch sollen die Länder die entsprechenden parlamentarischen Standards organisieren, die bei der Kontrolle des Bundesamtes gelten.
Zwar wird der große Lauschangriff für das Bundesamt nicht eingeführt. Dafür soll aber bei Mitarbeitern zur „Eigensicherung“ abgehört werden dürfen. Damit könne, so Beck, bei Gefahren für den Mitarbeiter von außen eingegriffen werden. Für die Überprüfung aller neuen Befugnisse der Dienste soll die G-10-Kommission des Bundestages, ein Gremium unabhängiger Experten, zuständig sein.
Sämtliche Maßnahmen sollen nach 3 Jahren in einem Bericht ausgewertet werden, zu dem auch die Länder ihre Erfahrungen beisteuern müssen. Im Bundestag wird schließlich nach 5 Jahren eine Überprüfung der Maßnahmen erfolgen, darunter auch die erweiterten Kompetenzen für das BKA, das nunmehr in einigen Bereichen selbsttätig ermitteln darf.
Die von Datenschützern kritisierte bundesweite Zentraldatei für biometrische Kennzeichen in Pässen wird es nach der rot-grünen Übereinkunft nicht geben. Im neuen Gesetz wird zwar die Möglichkeit biometrischer Daten vorgehalten, deren Ausformung ist jedoch künftigen Änderungen im Pass- oder Personalgesetz vorbehalten.
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