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Oscar für „No Other Land“Der vergessene beste Dokumentarfilm

Kommentar von Robin Detje

„No Other Land“ gewinnt einen Oscar, aber nicht die Aufmerksamkeit der Medien. Dabei könnte Journalismus alles benennen, was in Nahost geschah und geschieht.

Holen ihren Preis für „No Other Land“ ab: Basel Adra (l-r), Rachel Szor, Hamdan Ballal und Yuval Abraham Foto: Chris Pizzello/ap/dpa

L ars Klingbeil hat mich angerufen: Ich müsse etwas über die Oscars schreiben, um die deutsch-amerikanische Freundschaft zu retten. Ich war nicht überrascht, weil ich gestern schon in den „Tagesthemen“ gehört hatte, dass Klingbeil unbedingt daran festhalten will – sogar nach der splatterfilmmäßigen Zermetzelung der westlichen Wertegemeinschaft im Oval Office. Realität egal. Man muss die Menschen jetzt beruhigen.

Die Oscars um acht Uhr morgens: Ich finde auf tagesschau.de keinen Hinweis darauf, dass „No Other Land“ den Oscar für den besten Dokumentarfilm bekommen hat – die vielfach preisgekrönte Produktion, die Probleme der palästinensischen Bevölkerung mit ihrer Behandlung durch Siedler und die israelische Armee beschreibt, was dann auf der Berlinale zu Kritik an Israel führte, die nicht erwünscht war.

Die Politik hatte nämlich gerade beschlossen, der Kunst an Kunstfreiheit zu nehmen, was sie nicht mehr für angemessen hält, wegen der „Staatsräson“.

Und nun wird der neue Preis für den Film in der Meldung von 5.22 Uhr auf tagesschau.de einfach nicht erwähnt. Sicherheitshalber, der Eindruck drängt sich auf – strukturelle Rückgratlosigkeit, Staatsräsonjournalismus. Es wird nur der Teil der Wirklichkeit vermeldet, mit dem man oben keinen Ärger bekommt.

Dabei könnte Journalismus alles benennen, was im Hamas-Israel-Komplex geschah und geschieht. Alles melden, belegen, zeigen: die Verbrechen der Hamas und die Verbrechen Israels. Die Toten, Versehrten, Gefolterten. Die Einschüchterungsversuche der Hamas-Propaganda mit ihren Dreiecken und Boykottaufrufen und die Angst der deutschen Politik vor den Anrufen des israelischen Botschafters. Den Einsatz des Antisemitismusbegriffs zur Einschüchterung politisch unliebsamer Gruppen und den in der linken Szene weit verbreiteten Antisemitismus.

Nicht unterkomplex das Ganze. Stoff für viele Dokumentarfilme, die niemanden glücklich machen würden und die deshalb unbedingt verhindert werden müssen. Zum Glück gibt es wenigstens den einen, „No Other Land“.

„Fuck you, Trump!“

Lars Klingbeil ruft wieder an. Wie es jetzt mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft stehe? Ich müsse den Menschen Mut machen!

Als Erstes habe ich heute früh ein Video von Robert De Niro vor großem Galapublikum gesehen. „Fuck you, Trump!“, ruft er zu donnerndem Applaus. Wow, dachte ich – Männer beim Männlichsein. Wie im KI-Video „Selenskyj schlägt Trump im Oval Office k. o.“, das in mir starke Blockreflexe ausgelöst hat. Das De-Niro-Video war dann gar nicht von den Oscars, das war ein Männlichkeitsanfall aus lange vergangener Zeit, bei den Tony Awards 2018.

Clint Eastwood ist wirklich nicht die Lösung. Travis Bickle ist nicht die ­Lösung. Denn wer hat am meisten ­Unglück über die Menschheit gebracht? Männer, die alles regeln wollen.

Der Oscar für die beste Haupt­darstellerin ging an Mikey Madison, 25, für die Darstellung einer Sexarbeiterin. In ihrer Rede hat sie der Gemeinschaft der Sexarbeitenden ihre Ehrerbietung erweisen. Das ist nicht wenig. Ein kleines Signal der Solidarität, der Ver­letzlichkeit mitten in dieser weltweit galoppierenden Unbarmherzigkeit.

Ich persönlich würde mich unter Sex­wor­ke­r*in­nen sicherer fühlen als auf einer CDU-Fraktionssitzung. Ich sehe, wie dort im Hintergrund Julia Klöckner Friedrich Merz aufs Pferd wuchtet. Er trägt eine Ritterrüstung, Carsten Linnemann reicht ihm die Lanze.

Das war’s, Lars. Lang lebe die Leiche der deutsch-amerikanischen Freundschaft, lang lebe die Staatsräson! Die Renten sind sicher, überall Männer, und der Rest ist Antisemitismusbekämpfung. (tagesschau.de um 8:51 Uhr: In einem neuen Text wird der Oscar für „No Other Land“ ganz zum Schluss erwähnt, als Auslöser gewisser politischer Äußerungen.)

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7 Kommentare

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  • Bei ARD und tagesschau fallen unliebsame Tatsachen von ganz ganz rechts unter den Tisch, während man der Linken eins mitgibt.

    Beispiele:

    Die USA-tagesschau-Korrespondentin, die den Hitlergruß von Musk nicht als solchen bezeichnete, sondern als Geste, die manchen (wer?) daran erinnert.

    Die ARD berichtet über einen CDU-Politiker und Unternehmer im thüringschen Weida, um den Erfolg der AFD zu erkunden, unterlässt es aber, in dem Beitrag zu erwähnen, dass dieser CDU-Politiker sich für eine Zusammenarbeit mit der AFD ausspricht.

    tagesschau berichtet über die erste Fraktionssitzung der AFD nach der Bundestagswahl und stellt keine Fragen. Denn die waren von der AFD nicht zuglassen!

    Die ARD berichtet über die erste Fraktionssitzung der Linken nach der Bundestagswahl und das gemeinsame "alerta, alerta, Antifaschista" der neuen Abgeordneten der Linken.



    Kleiner fieser Nachsatz der ARD-Journalistin: Dieser Spruch werde auch von Linksextremen genutzt.



    Kein Hinweis auf die historische Verankerung dieses Spruches z. B. in der SPD.

  • Genau genommen sagt die Erwähnung der tagesschau noch nicht einmal aus der der Film einen Oskar gewonnen hat :

    "Und die Filmemacher des besten Dokumentarfilms, "No Other Land", nutzten die Gelegenheit, auf die Situation der Palästinenser hinzuweisen und dabei auch die Außenpolitik der USA zu kritisieren."

    Das zur Neutralität der Medien

  • Nix gegen den Dokumentarfilm "No other land". Aber wenn schon "beide Seiten": wo ist der Oscar-Gewinner-Dokumetarfilm, der sich emphatisch mit der israelischen Siedlungsbewegung oder meinetwegen mit dem Hamas-Terror auseinandersetzt?

    • @Kai Ayadi:

      Die Siedlungsbewegung kommt doch in der Dokumentation vor. Außerdem gibt es schon viele Dokumentationen über Daniela Weiss und ihre Anhänger sowie deren Verbrechen. Wenn Sie etwas suchen, was die Siedlungsbewegung verklärt und positiv darstellt, werden Sie bestimmt bei den Evangelikalen aus den USA fündig.

  • Das ist nicht der erste Dokumentarfilm der viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. "20 Tage in Mariupol" würde ich dem OO in Washington sogar bezahlen.

  • Ich persönlich freue mich, dass dieser Dokumentarfilm den Oscar gewonnen hat, mir ist aber auch nicht entgangen wie darüber geschwiegen wurde. Eigentlich müsste man ja meinen das eine Freundschaft zwischen einem Palästinenser und einem Israeli etwas gutes ist, das Basel Adra und Yuval Abraham zeigen wie es anders geht, aber sie kritisieren eben auch die US-Außenpolitik und die des Westens im Allgemeinen während ihrer Dankesreden oder Interviews und das wird eben nicht gern gesehen. In seiner Dankesrede für den Oscar hat Yuval Abraham ja gerade die US-Außenpolitik kritisiert, gesagt dass sie den Konflikt fördert. Und leider muss man dies auch von der europäischen Politik zum Thema Nahost-Konflikt sagen. Seit Jahrzehnten werden Tatsachen vor Ort geschaffen und wie zeigt sich auch in "No Other Land" und trotz zig UN-Resolutionen, welche z.B. die Völkerrechtswidrigkeit der Siedlungen darlegen, gab es keine Konsequenzen- das hat die Extremisten auf beiden Seiten bestärkt.

  • ob das klingbeilsche Statement in den Tagesthemen zur BEruhigung beigetragen hat, muß sich erst zeigen. Vermutlich ist auch dem Unbedarftesten aufgefallen, dass die Beschwörung der Partnerschaft mit den USA irgendwie nicht zur aktuellen Situation passt.



    Ich hatte kurzzeitig überlegt, ob es vielleicht eine Archivaufnahme war, die da abgespielt wurde...