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Ordnungswidrigkeit statt StraftatLudwig für neue Cannabis-Grenze

Ordnungswidrigkeit statt Straftat: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung fordert, dass die Grenze für den Eigenbedarf auf sechs Gramm angehoben wird.

Reif für den Eigenbedarf: Cannabispflanzen Foto: Steve Helber/ap

Berlin dpa | Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), plädiert dafür, Cannabis-Besitz bis zu einer Eigenbedarfsgrenze von sechs Gramm künftig bundesweit als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen – und nicht mehr als Straftat.

„Vertretbar wäre aus meiner Sicht eine Grenze von sechs Gramm – und zwar bundesweit“, sagte die Regierungsvertreterin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag). „Ein Grenzwert, über dem der Besitz von Cannabis auch in Zukunft als Straftat und nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden sollte, muss mit Bedacht festgelegt werden, denn er hat eine gewisse Signalwirkung und einen Einfluss auf das Konsumverhalten.“

In den meisten Bundesländern wird bei dem Besitz von bis zu sechs Gramm Cannabis schon jetzt in der Regel auf eine Strafverfolgung verzichtet. In einigen Ländern gelten auch höhere Obergrenzen.

Ludwig empfahl der CDU/CSU, nach der Bundestagswahl mit künftigen Koalitionspartnern einen Kompromiss zu suchen. „Klar ist, dass Cannabis nicht so gefährlich ist wie Kokain oder Heroin. Richtig ist auch, dass es um andere, bessere Sanktionen und um eine Entlastung von Polizei und Justiz gehen muss“, betonte sie.

Glücksspiel-Freigabe untergrabe Suchtbekämpfung

Die Bundes-Drogenbeauftragte warf in dem RND-Interview den Ländern vor, durch eine unkontrollierte Freigabe des Online-Glücksspiels die Bemühungen zur Suchtbekämpfung zu untergraben. „Meine schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt. Die Werbung ist omnipräsent, aber niemand kontrolliert die Einhaltung der Regeln. Die Anforderungen an den Spieler- und Jugendschutz werden vielfach schlicht ignoriert. Das ist wirklich ein Rückschlag für die Suchtbekämpfung.“

Seit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags am 1. Juli ist Online-Glücksspiel in ganz Deutschland legal. Die geplante Aufsichts- und Kontrollbehörde ist allerdings noch nicht arbeitsfähig. Ludwig forderte die Länder zudem auf, den Staatsvertrag auch inhaltlich nachzubessern.

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6 Kommentare

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  • Drogenpolitik sollte von Politiker(innen) gemacht werde, die eine Ahnung von der Materie haben, hatte bisher aber leider noch niemand. Sonst wüsste man, dass Nikotin und Alkohol die deutlich schlimmere Droge ist, und Cannabis meilenweit entfernt von den wirklich gefährlichen Drogen. Dann wüsste man, dass Crack die schlimmste Droge aller Zeiten ist und man alles unternehmen muss, dass dieser Dreck gar nicht erst auf die Straße kommt. Doch sie verstehen es nicht und deshalb haben wir auch keine Drogenpolitik, sondern nur Stümperei.

    • @Rudi Hamm:

      "Dann wüsste man, dass Crack die schlimmste Droge aller Zeiten ist"



      Prof. David Nutt kam da zu anderen Ergebnissen nach denen Alkohol sowohl bei der Eigen- als auch der Fremdschädigung mit Abstand die problematischste Substanz ist. [1] Der Grund warum sich dieses Bild so hartnäckig hält, dürfte auch darin begründet sein, dass Crack vA in den 80ern, das war was Marihuana in den 20er- bis 40er-Jahren war und was Crystal-Meth heute ist: die Droge der Subalternen.



      [1] de.wikipedia.org/w...ichsten_Drogen.svg

  • Die Frau die Cannabis mit Brokkoli verglich? Fr. Ludwig ist ungefähr genauso kompetent auf Ihrem Posten wie ihre Parteifreunde in den Ministerien. Wenn man schon gegen Legalisierung ist, aus welchen ideologischen, dogmatischen Gründen auch immer, sollte man seine Einstellung nicht zur Wahl hin anfangen zu ändern. Verdikt: Dämliches Wahlgeschwätz, das nach einer Wiederwahl sofort wieder revidiert wird.

  • 8G
    82928 (Profil gelöscht)

    Der Druck ist wirklich spürbar überall kann man den Wunsch nach einer Veränderung fühlen..die Einschläge kommen näher selbst in der



    jungen Union mehren sich die stimmen diesen BS nicht länger mitzumachen, was wir hier bekommen ist ein vergifteter Apfel die schlechteste aller Lösungen, weil sie genau weiß es wird etwas nach der Wahl passieren. Keine Entkriminalisierung ohne eigen Anbau.!!!



    Genauso Unsinn ist übrigens die Idee Genuss Cannabis über Apotheken zu vertreiben. Macht es und macht es richtig.

    Ps noch ein tip an die regierenden gebt nicht eine Anzahl pflanzen frei ,sondern die Anzahl m2 das wird nach Korrektur in der Zukunft verhindern

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Vollkommen aussichtslos, denn wenn der Besitz von Cannabis nur noch eine Ordnungswidrigkeit ist kann der Verkäufer schlecht nach BTM hart bestraft werden. Das kann rechtslogisch meiner Meinung nach nur über eine entsprechende Legalisierung des Vertriebs bzw. entsprechende Ausnahmen im BTM gehen.

    Am Ende führt diese Forderung nur dazu, dass die Polizei in eigenem Ermessen Konsumenten quälen kann, während sie bisher eben gezwungen waren ein Strafverfahren vorzubereiten und sich damit immer der Überprüfung der Staatsanwaltschaften aussetzen mussten. Da haben die Polizeifunktionäre wieder mal ein offenes Ohr bei einer C-Partei gefunden...

    Das ist wirklich ein Bullshit-Vorschlag, der so erwartbar von der Union kommt. Tut ein bisschen modern, ist aber im Kern ein "Weiter so, am besten rückwärts!".

    • @05989 (Profil gelöscht):

      "Am Ende führt diese Forderung nur dazu, dass die Polizei in eigenem Ermessen Konsumenten quälen kann, während sie bisher eben gezwungen waren ein Strafverfahren vorzubereiten und sich damit immer der Überprüfung der Staatsanwaltschaften aussetzen mussten."



      Weil die Staatsgewaltsbeamten keine Lust auf harmlose Kiffer*innen haben, sollen die nach eventuellem Inkrafttreten einer bundesweiten Regelung, welche eigentlich gaga ist, weil eigentlich Ländersache?!?, also auf einmal Lust verspüren, alle dahergelaufenen Grasraucher*innen ned nur einmal zu visitieren sondern zu stalken?



      (Wobei ich denke, daß einige PI-Leiter [insbesondere in Bayern] genauso denken wie Du vermutest, die haben dann wohl nix wichtigeres zu tun und demzufolge zu viel Personal *lol*.)