piwik no script img

Oppositionsproteste in ThailandBangkok ausgeschaltet

Regierungsgegner blockieren Verkehrsknotenpunkte. Ihr Wortführer zeigt sich kompromisslos. Ein Eingreifen des Militärs ist nicht ausgeschlossen.

Eine Stadt steht still: Kein Durchkommen in Bangkok. Bild: reuters

BANGKOK taz | Der angekündigte „Shutdown“ sollte eigentlich erst am frühen Montagmorgen stattfinden. Doch stattdessen trudelten die ersten Anti-Regierungs-Protestler bereits am Abend zuvor an ausgemachten Treffpunkten ein. Mittlerweile sind Zehntausende Demonstranten zu den insgesamt sieben wichtigsten Verkehrsknotenpunkten Bangkoks geströmt, um diese zu blockieren. In Sprechchören skandierten die Protestler: „Yingluck, hau ab!

Mehrfach hatte Suthep Thaugsuban, der Wortführer der Proteste, klar gemacht, dass er so lange weitermachen werde, bis sein Ziel erreicht sei: Und das lautet: Weg mit der Yingluck-Regierung, Nein zu Neuwahlen. Das Anliegen Sutheps und seiner Unterstützer ist es nicht nur, Yingluck Shinawatra aus dem Amt zu hieven, sondern das gesamte „Thaksin-Regime“, wie sie es nennen, auszumerzen. Für sie ist Yingluck eine Marionette ihres Bruders Thaksin Shinawatra, der 2006 vom Miltär gestürzt worden war.

Stattdessen will Suthep einen demokratisch nicht legitimierten Volksrat einsetzen. Gerade erst hat Suthep seine Kompromisslosigkeit erneut unter Beweis gestellt: Medienberichten zufolge denkt die Yingluck-Regierung über einen Vorschlag der Wahlkommission nach, den für den 2. Februar geplanten Urnengang auf Anfang Mai zu verschieben. Doch Suthep bürstete das Ganze ab: Er werde über diese Frage mit keiner Seite verhandeln, sondern die Demonstrationen fortsetzen, bis sein Ziel erreicht sei, berichtete die Tageszeitung The Nation.

Gerüchte über einen neuen Putsch

Kritiker monierten, es gehe Sutheps Protestbewegung darum, Chaos zu erzeugen, um ein Eingreifen des Militärs zu provozieren. In der Tat machen zunehmend Gerüchte über einen neuen Putsch die Runde – angeheizt durch ambivalente Bemerkungen des Armeechefs selbst.

Während das Militär in den ersten Wochen der Proteste noch betont hatte, neutral zu bleiben, und sich gar als Moderator versuchte, schien es Ende Dezember, als würde dem als „Falken“ bekannten Armeechef Prayuth Chan-ocha der Geduldsfaden reißen. Auf die Frage von Journalisten, ob eine militärische Machtübernahme möglich sei, hatte Prayuth geantwortet: „Dieses Tor ist weder offen noch geschlossen.

Beobachter fürchten, dass eine militärische Intervention die Lage nicht beruhigen, sondern verschärfen würde. Manche entwerfen bereits Bürgerkriegsszenarien zwischen Regierungsgegnern und -anhängern.

Sabotage von Neuwahlen

Schon jetzt setzen Sutheps Demonstranten alles daran, die Neuwahlen zu sabotieren: In mehreren Provinzen des Südens, den Hochburgen der Regierungsgegner, hatte sich eine Reihe von Kandidaten nicht registrieren können. Den Anführern der Proteste geht es vor allem darum, die alleinige politische Kontrolle in die Hand zu bekommen.

Offenbar haben sie mächtige Rückendeckung: Wiederholt haben die alteingesessenen Eliten des Landes gezeigt, dass sie nicht willens sind, von ihrer Macht zu lassen. Ein Netzwerk aus ultrakonservativen, königstreuen Aristokraten, Technokraten, Militärs und altem Bangkoker Geldadel hat es sich – aus Gründen der Machtgier und aus Furcht vor dem Verlust von Privilegien und Pfründen – zur Gewohnheit gemacht, die Thaksin-nahen Parteien, die seit 2001 alle Wahlen gewonnen haben, zu stürzen.

Unterdessen gehen auch die Regierungsanhänger auf die Straßen: Für Montag hatten die sogenannten „Rothemden“ eigene Proteste angekündigt – hauptsächlich in den Provinzen des Nordens und Nordostens, ihren politischen Hochburgen. Auch Tausende Menschen in vorwiegend weißen T-Shirts, die damit deutlich machen wollen, dass sie prinzipiell keinem der politischen Lager angehören, haben landesweit mit Kundgebungen begonnen. Ihr Motto lautet: „Suthep, halt die Klappe! und: „Respektiert meine Wählerstimme!“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Demokratie darf nicht sein, wenn dadurch die Armen auch etwas zu sagen haben. Doch die Menschen haben erkannt, daß nur die freiheitliche Demokratie eine Verbesserung der Verhältnisse bewirken kann. Das Feudalsystem wird überwunden werden.

     

    Suthep will keine Wahlen. Weder jetzt noch später. Falls er an die Macht kommt, wird Thailand international isoliert dastehen. Mit einem Diktator hat Thailand keine Zukunft.

  • Es bleibt ja jedem unbenommen, die einen oder die anderen "besser" zu finden. Aber könnte mir - bitte - einmal einer der Apologeten des flüchtigen Kriminellen Thaksin erklären, was an einem solchen Mann so bewundernswert sein soll?

     

    Bisher hat es doch stets die gesellschaftliche Übereinkunft gegeben, daß man z.B. für Morde verantwortliche Leute (seien diese nun politisch bedingt oder nur der bloßen Geldgier gezollt) keinerlei Achtung haben kann. Wir müssen ja gar nicht die übergroßen Menschenschlächter wie den GröFaz als Beispiele nehmen (bei dem das "Argument", er habe schließlich die Autobahnen gebaut, ja nur ein Lachen hervorruft, das den meisten von uns sogleich in der Kehle stecken bleibt).

     

    Wie kann man allen Ernstes einen Menschen verteidigen, der für mindestens 2,500 "außergerichtliche Tötungen" (das sind Morde) mit verantwortlich zu machen ist?

     

    Wie kann ein Mann wie Thaksin, der das Land ausgeplündert hat wie keiner vor oder nach ihm, als ein (politisches) "Vorbild" durchgehen? Wegen einer nett anzuhörenden Mär von einer 30-Baht-Versicherung, die diesen Namen nicht wert ist und das Gesundheitswesen auf dem Lande fast völlig zum Erliegen gebracht hat?

     

    Wie kann jemand diesen Mann verteidigen, der damals, als die in der Hitze auf der Ladefläche eines LKW übereinander gestapelten Männer qualvoll zu Tode kamen, zynisch (öffentlich: Mir klingt's bis heute in den Ohren) sagte, sie seien selbst Schuld an ihrem Tod: "Hätten sie doch nur etwas mehr gegessen und getrunken" - es war Ramadan und die Männer waren Moslems im Süden.

     

    Dieser Thaksin ist ein menschenverachtendes Scheusal (nicht nur für mich) - wie könnt Ihr dem nur so huldigen?

     

    Ich versteh's einfach nicht. Erklärt's mir, bitte.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Raoul Duarte:

      Ihr Jammerlied wäre weniger scheinheilig, wenn Sie die Demokratie nicht durch einen undemokratischen Volksrat ersetzen wollten, was faktisch einer Diktatur durch Suthep gleichkommt.

      • B
        Bangkoker
        @774 (Profil gelöscht):

        Ich lebe in Bangkok und bin kein Anhänger von Thaksin, aber Suthep ist noch schlimmer. Er wurde des öfteren wegen Korruption verurteilt hat thailändisches Staatsland an reiche verkauft und sich bereichert. Suthep ist kein Demokrat will nur Chaos verbreiten und einen Militärputsch provozieren. Wie kann man nur für so jemanden einsetzen? Er hat die Thailändische Wirtschaft ruiniert und uns ins Chaos manovriert. Es gibt auch noch eine dritte Seite die sich momentan formierenien. Und friedlich war es nicht immer, ich habe beobachtete wie die gekauften bodyguards von Suthep randalierten und die Polizeihauptstation versucht hatten zu stürmen. 1,4 Millionen Euro hat Suthep seither an die Demostranten verteilt. Gekaufte Demonstranten!

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @Bangkoker:

          Ich bin ebenfalls der Meinung, Thaksin sollte nicht an die Regierung zurückkehren. Yingluck ist mit Sicherheit die bessere Wahl. Mit ihr kann man reden. Stattdessen greift man sie an, weil man glaubt, sie wäre nur eine schwache Frau.

           

          Das ist Suthep: Selbst die Korruption in Person sein, und sie anderen vorwerfen. Unter ihm würde Thailand vollends ausgeplündert werden, weil es dann überhaupt keine demokratische Kontrolle mehr gäbe und er die Zeit bis zur Rückkehr einer Demokratie zur persönlichen Bereicherung nutzen würde.

           

          Die Methoden Sutheps sind der Welt bekannt. Er ist durchsichtig, wie Glas. Er kann niemandem etwas vormachen. Yingluck steht für Freiheit und Ausgleich. Suthep für Entrechtung und Diktatur.