Opposition demonstriert gegen die Krönung: Putin ist wieder Chef im Kreml

Die dritte Krönungszeremonie als Präsident wird von Unruhen überschattet. Sondereinheiten nehmen Hunderte Demonstranten fest.

Da ist er wieder. Bild: dapd

MOSKAU taz | Es war ein Morgen wie geschaffen für einen Neubeginn. Strahlende Sonne und ein wolkenloser Himmel begleiteten Wladimir Putin auf dem Weg durch Moskau zur Inauguration im Kreml. Zum dritten Mal zieht der zwischenzeitliche Premier als Präsident in den Kreml ein – nach einer Verfassungsänderung diesmal gleich für sechs Jahre.

Die Fahrt führte den wiedergewählten Präsidenten durch ein sonniges, aber menschenleeres Moskau. Niemand grüßte oder kam zufällig des Weges. Nicht mal Claqueure waren zugelassen. Sicherheitskräfte hatten das Zentrum weiträumig abgesperrt. Diese Leere muss Putin, der es jahrelang gewohnt war, Volkes Liebling zu sein, irritiert haben.

Im Kremlpalast warteten dann 2.000 geladene Gäste. Putin wirkte auch noch angespannt, als er die Reihen der Honoratioren abschritt. Sein Lächeln war bemüht. Dabei waren unter den Krönungsgästen so gute Freunde wie Gerhard Schröder und Silvio Berlusconi. Der Interimspräsident Dmitri Medwedjew verabschiedete sich mit ein paar markigen Worten: „Wir mussten Aggressoren abwehren, Russlands Widerstandsfähigkeit stand viele Male auf dem Prüfstand …“ Damit war wohl die Kaukasusrepublik Georgien gemeint, über die Russland unter seiner Ägide herfiel.

Der Inaugurierte hielt sich in seiner Ansprache kurz. Volk und Vaterland zu dienen, sei für ihn immer oberste Maxime gewesen. In der dritten Amtsperiode versprach er, „die Demokratie zu stärken und die Teilhabe der Bürger am Regieren des Landes zu erweitern“. Putin erweckte den Eindruck, als wolle er den Auftritt so schnell wie möglich hinter sich bringen.

120 Demonstranten in Moskau festgenommen

Die Krönungsfeierlichkeiten waren von Unruhe überschattet. Im Zentrum versuchten Oppositionelle am Montagmorgen in die Bannmeile zu gelangen und sich auf dem Manegeplatz vor den Kremlmauern zu versammeln. „Weißes Moskau“, hieß die Aktion in Anspielung auf die Massenproteste im Winter und deren Erkennungszeichen, ein weißes Band. Mehr als 120 Demonstranten wurden von Spezialeinheiten des Innenministeriums festgenommen. Die Ordnungskräfte holten auch vermeintliche Demonstranten aus Bars und Cafés.

Am Vorabend der Feierlichkeiten war es auf einer Demonstration im Moskauer Zentrum bereits zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sondereinheiten und Demonstranten gekommen. Der „Marsch der Millionen“ war die erste Großveranstaltung nach den Protesten gegen Wahlfälschungen bei der Präsidentenwahl im März. Die Bereitschaft zu demonstrieren war nach Putins umstrittenem Mandat indes abgeflaut.

Taktische Zugeständnisse des Kreml und die Unentschiedenheit der heterogenen Opposition über das weitere Vorgehen verleiteten die Machthaber zu der Annahme, die Protestbewegung sei nur ein Strohfeuer gewesen. Auch die Organisatoren des Marsches waren überrascht, als statt der angemeldeten 5.000 Teilnehmer trotz der Maifeiertage zwischen 70.000 und 100.000 Menschen kamen.

Im Unterschied zu den vorangegangenen friedlichen Kundgebungen setzte die Staatsmacht diesmal jedoch darauf, Stärke zu zeigen und einzuschüchtern. Auch unter den Demonstranten waren erheblich mehr radikale Kräfte als zuvor. Der oppositionelle Dumaabgeordnete Gennadi Gudkow von der Partei „Gerechtes Russland“ erklärt dies mit Enttäuschung: Die Radikalisierung sei kein Wunder, da kein Dialog zwischen Machthabern und den Menschen nach den Winterprotesten stattgefunden habe.

Die Sondereinheiten gingen vor allem gegen friedliche Demonstranten vor. Nach unterschiedlichen Angaben wurden zwischen 400 und 650 Teilnehmer festgenommen. Darunter waren auch die bekannteren Köpfe der Protestbewegung: Alexei Nawalny, Boris Nemzow und Sergei Udalzow. Die Proteste werden nicht nachlassen. Zwar kehrte Putin in den Kreml zurück, aber nicht mehr als „Präsident aller Russen“.

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