Onlineplattformen im Mietmarkt: Vermietung illegal, Amt machtlos
Eine Studie zeigt, wie erfolglos Städte versuchen, die Kurzzeitvermietung von Wohnungen zu regulieren. Und gibt Ratschläge für eine Gesetzesänderung.
So berichten nahezu alle der untersuchten Städte in Europa und in den USA, dass trotz Regulierung ein erheblicher Bestand an Wohnungen illegal vermietet werde. In mehreren Städten seien zudem die Daten über vermietete Objekte, die sie von Airbnb erhielten, nicht für eine Verfolgung brauchbar gewesen – etwa weil Adressen unvollständig gewesen sein. Die Autoren sehen jedoch in einer neuen EU-Regulierung, die ebenfalls heute vorgestellt werden soll, die Chance auf Besserung.
Die Studie zeigt die Situation in den europäischen Städten Amsterdam, Barcelona, Berlin, Paris, Prag und Wien sowie in den US-Metropolen New York City und San Francisco. Die meisten dieser Städte haben ein System, um die Zahl der Ferienwohnungen zu regulieren, zum Beispiel mittels einer verpflichtenden Registrierung. Viele limitieren zudem die Dauer einer Vermietung und verlangen von Airbnb, Nutzerdaten zu melden, um die Einhaltung der Regeln überprüfen zu können.
Doch die Studie beschreibt diese Zusammenarbeit als stark verbesserungsbedürftig: So liege trotz Regulierung der Anteil der illegal gelisteten Wohnungen in Paris bei 60 Prozent, in New York City seien es sogar 85 Prozent der als aktiv geführten Angebote. In Wien weigere sich die Plattform, Vermietungsangebote in Sozialwohnungen zu entfernen, und in Amsterdam habe das Unternehmen eine Begrenzung der Mietdauer auf 60 Tage zurückgenommen, nachdem die Stadt andere Regulierungen verschärft habe.
Problem: eine alte EU-Richtlinie
„Ohne eine wirksame Durchsetzungs- und Einhaltungsstrategie für Kurzzeitmietgesetze berichten die meisten Städte über sehr niedrige Einhaltungsquoten, die in der Regel nur 10 bis 20 Prozent betragen“, heißt es in der Studie. Denn die Plattformen böten „einen Schutzschirm, hinter dem sich illegale Gastgeber verstecken können“. Die aktuelle Regulierung halten die Autoren für nicht ausreichend. Das liege unter anderem an der 20 Jahre alten e-Commerce-Richtlinie der EU, die den Plattformen nicht genügend Grenzen setze.
Ein Ausweg könnte der Digital Service Act sein, den die EU-Kommission am heutigen Mittwoch vorstellen will. Geplant ist ein umfangreicher Regulierungsrahmen, innerhalb dessen verschiedene Bereiche wie Hate Speech, aber auch die Marktmacht von Online-Plattformen angegangen werden sollen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat das Projekt zu ihrem Amtsantritt als Bestandteil ihrer Leitlinien genannt. Ein Teil des neuen Regulierungsrahmens: die Änderung der e-Commerce-Richtlinie.
Dafür macht die Studie fünf zentrale Punkte aus, die eine neue Regulierung umsetzen müsse. Der wichtigste: Die lokalen Behörden müssten die Daten über vermietete Objekte von den Plattformen bekommen und diese Informationen müssen vollständig und korrekt sein. Das sei nicht selbstverständlich, so sei im Fall von Barcelona bei einem großen Teil der übermittelten Daten die Adresse falsch oder unvollständig gewesen.
Darüber hinaus müssten Genehmigungsregeln nicht nur für Gastgeber:innen, sondern auch für Plattformen möglich sein. Dann könne eine Plattform, die sich nicht an lokale oder nationale Gesetze halte, untersagt werden. Für Konflikte müssten nationale Gerichte zuständig sein – dass etwa Behörden in Deutschland vor irischen Gerichten die Herausgabe von Daten einklagen müssten, sei grotesk.
Forderung nach Transparenz
„Der Digital Service Act kann dann ein wirksames Instrument werden, wenn darin Datenaustausch und Transparenz von Plattformen festgeschrieben werden“, sagt auch Martin Schirdewan, Co-Fraktionsvorsitzender der Linken im EU-Parlament.
Eine Anfrage der taz zu den in der Studie genannten Zahlen und Sachverhalten und der Position von Airbnb zu der geplanten Regulierung beantwortete das Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht. Doch aus einem Schreiben an die EU-Kommission, das der taz vorliegt, lässt sich auf die bevorzugte Linie des Unternehmens schließen. Dort betont Airbnb, dass man mit zahlreichen Behörden eine Weitergabe von Daten vereinbart habe. Damit seien „viele Bedenken von lokalen und nationalen Aufsichtsbehörden“ ausgeräumt.
Diese Datenweitergaben beruhen allerdings auf freiwilliger Basis. Den Schilderungen der Studie zufolge helfen sie nicht unbedingt bei der Verfolgung illegaler Angebote weiter. Die Datenschutzbedenken, die laut Airbnb einer umfassenden Weitergabe entgegenstehen, räumt die Studie aus: Die Datenschutzgrundverordnung erlaube die entsprechende Verarbeitung, da es hier um öffentliches Interesse gehe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz