Olympische Winterspiele in Südkorea: Amplituden der Hassliebe
Nord- und Südkorea sprechen vor den Winterspielen miteinander. Der Sport kann die Region befrieden – aber wohl nur für eine kurze Zeit.
Seit über sechzig Jahren betreibt man auf der Halbinsel Korea politischen Extremsport. Nach dem Koreakrieg wurde im Jahre 1953 ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das von den Vereinten Nationen, Nordkorea und China – aber nicht von Südkorea – unterzeichnet wurde. Seither versuchen beide Koreas aufeinander zuzugehen, um sich im nächsten Moment nur umso heftiger anzufeinden. Es herrscht ein fataler Magnetismus aus Anziehung und Abstoßung. Die Amplituden der Hassliebe schlagen wild nach oben und unten aus. Das ist vor den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang nicht anders.
Auf der einen Seite gibt es das Komitee für die friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes (Nordkorea), das Wiedervereinigungsministerium (Südkorea), ein Versöhnungsabkommen (1991), die „Sonnenscheinpolitik“ während der Jahrtausendwende und sogar einen Friedensnobelpreis für den südkoreanischen Politiker Kim Dae Jung (2000), der ihm wegen seiner Entspannungspolitik verliehen wurde.
Auf der anderen Seite stehen Mordanschläge, tödliche Provokationen, Flugzeugentführungen und nicht zuletzt Drohungen mit einem atomaren Erstschlag. Kim Jong Un, Nordkoreas Führer, prahlt damit, den Finger stets am roten Atomknöpfchen zu haben.
Es passt nun zu diesem ständigen Auf und Ab in den Beziehungen der verfreundeten Nachbarn, dass sie in der kommenden Woche wieder miteinander sprechen wollen, unter anderem über die Teilnahme Nordkoreas an den Winterspielen. Man will sich im Grenzort Panmunjom, in der demilitarisierten Zone, treffen.
Was das heißt? Erst einmal nicht viel, denn ein Blick in die Geschichte verrät, dass es auch auf dem Gebiet des Sports immer wieder vielversprechende Annäherungen gegeben hat, die dann aber doch nur wieder in herbe Enttäuschungen mündeten: 1991 trat ein gemeinsames koreanisches Team unter der Wiedervereinigungsflagge bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft in Japan an; im selben Jahr nahm ein gemeinsames koreanisches Team an der Fußballjunioren-Weltmeisterschaft in Portugal teil. Doch nur wenige Jahre später kam es zur sogenannten ersten Nuklearkrise und zu der Seeschlacht um Yeonpyeongon.
Der Pazifismus der olympischen Bewegung hat nun zumindest dazu geführt, dass Südkorea seine Militärmanöver, die es gemeinsam mit den USA veranstaltet, verschoben hat. Erst darf gesportelt werden, dann wird wieder Krieg gespielt. Erst wird um Medaillen gerungen, dann um fiktive Landgewinne. Es wird also zu einem Moratorium kommen. Um den Idealen des Internationalen Olympischen Komitees gerecht zu werden, rückt man kurzzeitig ab von der Konfrontation und den lieb gewonnenen Kriegsspielereien. Die Olympischen Spiele können eine Region befrieden, aber wohl nur für eine verdammt kurze Zeit.
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