Olympia-Planungen in Berlin: Avanti Dilettanti
Geht es nach dem Senat, entsteht am Funkturm ein Olympisches Dorf. Das Problem: Es ist unwahrscheinlich, dass es vor Ende der 30er Jahre fertig wird.

Das zeigt ein Blick auf den anvisierten Standort für das Olympische Dorf. Denn wie sich jetzt herausstellt, kann nicht einmal Sprangers Verwaltung sagen, ob das Dorf bis zu einem potenziellen Olympiatermin überhaupt fertiggestellt werden kann.
Nach dem im Mai vorgestellten Grobkonzept „Berlin+“ für die gemeinsame Olympiabewerbung mit Kiel, Rostock, Brandenburg/Havel und Leipzig sollen die Unterkünfte für insgesamt 16.000 Sportler:innen auf einer 45 Hektar großen Brache am Autobahndreieck Funkturm entstehen.
Praktischerweise ist auf dem ehemaligen Bahngelände an der Avus ohnehin das Stadtquartier „Stadteingang West“ geplant. Nach den Olympischen Spielen würden 2.500 bezahlbare Wohnungen für Berlin bleiben, so das Versprechen.
Planerisch extrem schwieriges Gebiet
Das Problem: Es handelt sich hierbei um ein planerisch extrem schwieriges Gebiet, mehrere Gleisanlagen durchziehen das Areal zwischen Westkreuz und Bahnhof Grunewald. Schließlich ist da noch das Dreieck Funkturm, das in den kommenden Jahren eine neue Streckenführung erhalten soll.
Mit dem Bundesfernstraßenamt, dem Eisenbahnbundesamt und der Deutschen Bahn stehen so gleich mehrere Akteure auf der Bebauungsplanmatte für den „Stadteingang West“ und damit das Olympische Dorf.
Wie die Innen- und Sportverwaltung in einer Antwort auf eine noch unveröffentlichte Anfrage des Grünen-Abgeordneten Julian Schwarze schreibt, besteht bei der Quartiersentwicklung hinsichtlich der Baustellenlogistik „eine direkte Abhängigkeit zum Bau des Autobahndreiecks Funkturm“.
Und an der Stelle wird es knifflig. Denn nach derzeitigem Stand der Dinge dürften die Arbeiten an der Autobahn nicht vor 2033 abgeschlossen sein. Entsprechend hieß es bislang, dass eine Realisierung des besagten Stadtquartiers „nicht vor 2045 zu erwarten“ sei.
Der Glauben an das Beschleunigungswunder
Das weiß auch Sprangers Verwaltung. In der der taz vorliegenden Antwort flüchtet sie sich daher in den Glauben an das große Beschleunigungswunder: „Sollten das Planverfahren und die Baumaßnahme des Bundes zum Autobahndreieck Funkturm durch den Bund beschleunigt werden, ist auch eine Realisierung der Hochbaumaßnahmen (beim Olympischen Dorf) vor Ende der 30er Jahre denkbar.“
Angesichts des „nationalen Interesses“ – das zumindest ist die Hoffnung des schwarz-roten Senats – „könnten auch weitere notwendige Genehmigungsverfahren, zum Beispiel Kreuzungsvereinbarungen mit der Bahn, beschleunigt werden“.
Sollte, könnte: „Die Aussagen des Senats stehen auf tönernen Füßen, da die Planungen komplett abhängig vom Bund sind“, sagt Julian Schwarze zur taz. Bevor mit dem Bau des Olympischen Dorfs in die Vollen gegangen werden kann, müsse eben der Autobahnumbau abgeschlossen werden. Und selbst der verzögere sich immer wieder, so der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.
Völlig unklar sei daher, „wieso der Senat annimmt, die Autobahn würde trotz schon jetzt verspäteter Planungen einfach mal ein paar Jahre früher fertig“. Schwarze zumindest hat daran erhebliche Zweifel und fragt sich, wie sich die Landesregierung vorstellt, beim Bau des Quartiers „ohne Weiteres vom bisherigen Zeitplan abzuweichen“.
Zweifel, die Iris Spranger fremd sind. Anlässlich der Vorstellung von „Berlin+“ hatte sie frohgemut erklärt: „Olympia setzt ja jede Stadt in Bewegung.“
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