Olympia 2022 – Dabei sein verboten (10): In der anderen „Blase“

Für der Bürgerrechtler Hu Jia bedeutet Olympia in Peking Hausarrest. Er und seine Frau Zeng Jinyan haben damit schon Erfahrungen.

Ein Mann und eine schwangere Frau lächeln

Hu Jia und die damals schwangere Zeng Jinyan im Juli 2007 in ihrer Pekinger Wohnung Foto: Elizabeth Dalziel/ap

Bekanntlich finden die Winterspiele in einer streng abgeschirmten „Blase“ statt, damit womöglich mit Corona Infizierte das Virus nicht in China verbreiten. Doch in Peking und anderen Städten gibt es bei Olympia noch andere „Blasen“. Diese sollen vor der Verbreitung politischer Ideen, dem Durchbrechen der Zensur und vor Kritik schützen. In so einer „Blase“, gemeinhin Hausarrest genannt, befindet sich seit dem 15. Januar der Pekinger Aktivist Hu Jia, wie er dem US-Sender CNN berichtete.

„In China werden Leute wie ich als ‚feindliche heimische Kräfte‘ bezeichnet, die man von der Außenwelt abschneiden müsse“, sagte der 48-Jährige. Der Hausarrest sei eine Verschärfung der bisherigen Überwachung, wie er sie in den letzten zwanzig Jahren erlebt habe.

Er gehe nicht davon aus, dass seine Blase mit den Spielen am 20. Februar ende, sondern wohl erst im März nach der Tagung des Nationalen Volkskongresses, Chinas Scheinparlament. Dessen jährliches Plenum bedeute stets strengere Sicherheitsmaßnahmen, was für Regimekritiker oft Festsetzung oder Verbannung aus Peking heißt.

Laut Hu wollten ihn die Behörden eigentlich in die Südprovinz Guangdong schicken, was aber die Pandemie verhinderte. Für Hus Familie ist der Hausarrest nicht neu. Hu darf die Wohnung jetzt sogar gelegentlich verlassen, um seine kranke Mutter zu versorgen. Um das nicht zu gefährden, hält er sich jetzt mit öffentlicher Kritik zurück.

Neuauflage von „Prisoners in Freedom City“

Kurz vor den Sommerspielen 2008 war Hu zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“. Er hatte sich einen Namen gemacht als Umweltschützer sowie mit der Unterstützung für Opfer von HIV/Aids, die sich durch Nachlässigkeit und Korruption ländlicher Behörden angesteckt hatten.

Er forderte demokratische Reformen und bekam 2008 den Sacharowpreis des Europäischen Parlaments. Auch war er mit dem späteren Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo befreundet.

Drangsaliert wurde stets auch seine Frau Zeng Jingjian. Immer wenn sie die Wohnung verließ, die ausgerechnet in einem „Freedom City“ genannten Quartier liegt, wurde sie von der Staatssicherheit begleitet. Hu und Zeng machten daraus den Dokumentarfilm „Prisoners in Freedom City“. Hu filmte aus dem Hausarrest, wie Zeng die Wohnung verließ und draußen umringt von Wächtern in ihr Auto stieg.

Jetzt ist Hu trotzdem optimistisch: „Dies sind vielleicht die einzigen Olympischen Spiele, bei denen die Menschenrechte im Gastgeberland starke Aufmerksamkeit erregen“, sagt er. „Ich hoffe, die Welt interessiert sich auch nach den Spielen noch für Menschenrechte und Demokratie in China.“

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