Olympia 2022 – Dabei sein verboten (1): Bestraft für Engagement
Cheng Yuan engagiert sich für Arme und Menschen mit Behinderung ein. Er wurde angeklagt wegen des Vorwurfs „Subversion gegen die Staatsgewalt“.
Cheng Yuan wurde am 22. Juli 2019 im südchinesischen Shenzhen ohne Haftbefehl festgenommen. Zugleich kamen auch zwei Kollegen 800 Kilometer weiter nördlich in der Stadt Changcha in Haft. Die drei arbeiteten für die Nichtregierungsorganisation Changcha Funeng und setzten sich für sozial Schwache sowie für Menschen mit Behinderungen ein.
Der heute 46-jährige Cheng hatte die Organisation mitgegründet. In seiner mehr als zehnjährigen Arbeit hatte der Menschenrechtsaktivist schon Aufsehen erregende Prozesse zu Fragen von Gesundheitsrechten geführt. So erstritt er 2013 in einem Grundsatzurteil eine Entschädigung für eine Person, die nicht als Lehrer hatte arbeiten dürfen, weil sie HIV-positiv war. Der Fall war auch deshalb heikel, weil korrupte Politiker und schlampige Behörden mit einem Blutspendenskandal selbst zur Ausbreitung von HIV/Aids beigetragen hatten.
Chengs Festnahme wurde laut der irischen Organisation Frontline Defenders, die sich besonders für Menschenrechtsverteidiger einsetzt, fünf Wochen lang von den Behörden nicht bestätigt. Erst dann erfuhren seine Anwälte, dass Cheng wegen des schweren Vorwurfs der „Subversion gegen die Staatsgewalt“ angeklagt ist. Das kann lebenslängliche Haft bedeuten. Später ersetzten die Justizbehörden Chengs Anwälte durch Pflichtverteidiger, angeblich auf seinen Wunsch.
Harte Strafe vermutet
Doch bis heute darf seine Frau ihn nicht besuchen und kann auch nicht bestätigen, dass Cheng seine Anwälte wirklich wechseln wollte. 14 Monate nach seiner Festnahme wurde er in Changcha verurteilt. Seine Frau erfuhr das erst im Folgejahr von einem früheren Mitgefangenen. Weder das Gericht noch seine Pflichtverteidiger wollen ihr bis heute das Strafmaß sagen. Chengs Kollegen wurden zu zwei bzw. drei Jahren Haft verurteilt, bei ihm wird eine härtere Strafe vermutet.
Human Rights Defenders wertet Chengs Inhaftierung als „Vergeltung der Behörden“ für ihre Niederlagen und als Beispiel für die in den letzten Jahren zugenommene Einschränkung der Zivilgesellschaft und das verschärfte Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen. Bei Cheng dürfte hinzukommen, dass er einen Ableger seiner Organisation im damals noch autonomen Hongkong gegründet hat. Das hätte ihm die Annahme ausländischer Fördergelder ermöglicht. Doch zu der Zeit gab es Massendemonstrationen der dortigen Demokratiebewegung. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Behörden ein Exempel an einem ihnen unbequemen Aktivisten statuieren wollten, der in dieser Zeit dort hinreiste.
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