Offener Brief an Berliner Senat: Mehr Geflüchtete aufnehmen
Mit der Aufnahme von Flüchtlinge von den griechischen Inseln geht es nicht voran. Initiativen fordern den Berliner Senat zu konkreten Schritten auf.
„Der Brief ist aus einer gewissen Verzweiflung heraus entstanden, weil sich nichts tut“, sagt Mitunterzeichner Herbert Nebel vom Verein Respekt für Griechenland der taz. „Unser Verein ist dauerhaft mit zehn bis fünfzehn Mitgliedern vor Ort in Griechenland, in Athen und Lesbos, daher kennen wir die Situation vor Ort gut und wissen, wie schlecht es den Menschen in den Lagern geht“, sagt er.
Dass nun 47 Kinder und Jugendliche nach Deutschland geholt worden seien, sei nur ein Anfang, die Aufnahme von Geflüchtete müsse „umgehend fortgeführt“ werden, heißt es in dem Brief. Berlin müsse „mit Nachdruck“ die Zustimmung des Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) „einfordern“.
„Der Brief, den Innensenator Geisel kürzlich an Seehofer geschrieben hat, scheint mir sehr brav“, sagt Nebel. „Wenn jemand etwas fordert, holt er eigentlich anders aus.“ Mit ihrem Schreiben wollen die Unterzeichner*innen nun ihrerseits Druck machen.
Noch nichts vorbereitet
„Wir sind davon ausgegangen, dass Berlin eine Aufnahme längst konkret vorbereitet“, sagt Anne Brulez, die den Brief mit initiiert hatte. Dass bisher gar nichts in diese Richtung passiert sei, habe sie empört. „Der Senat könnte jetzt schon tätig werden, denn die Menschen, die herkommen, müssen in Griechenland ausgewählt werden“, sagt Brulez.
„Dazu braucht es Kriterien, wer kommen darf, und Kontakte zu den Organisationen vor Ort.“ Denn Berlin müsse bei einer Zustimmung des Bundesinnenministeriums entsprechend vorbereitet sein, um die Aufnahme direkt zu beginnen.
„Die Zusagen, dass Berlin Jugendliche aufnehmen will, gibt es schon seit Dezember“, sagt Nebel. „Dass die Pandemie eine Aufnahme verzögert, kann mir keiner erzählen: Wenn es möglich ist, 80.000 Erntehelfer*innen nach Deutschland zu holen, kann man auch ein paar Tausend Flüchtlinge aufnehmen.“
Die Unterzeichner*innen begründen ihre Ungeduld auch damit, dass ein Antrag für ein Landesaufnahmeprogramm vom Bund bisher noch nie abgelehnt worden sei. Wenn der Bund das Gesuch ablehne, sollte Berlin bereit sein, dagegen zu klagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“