Österreichs Flüchtlingspolitik: Schlagbaum runter
Wien schlägt schärfere Töne an, um Zuwanderer fernzuhalten. Die Schengen-Grenze zwischen Slowenien und Kroatien soll besser kontrolliert werden.
Als sinnvolle Möglichkeit bezeichnete Kurz auch ein gemeinsames Vorgehen Deutschlands, Sloweniens und Österreichs, um die Grenzen besser zu schützen. Slowenien gilt als eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge, die über Griechenland nach Westeuropa kommen.
Ob das bedeutet, dass deutsche Beamte gemeinsam mit Österreichern und Slowenen an der Schengengrenze eingesetzt werden sollen, blieb unklar. In Berlin erklärte ein Sprecher des Innenministeriums, es würden in Gesprächen gemeinsame Möglichkeit ausgelotet. Konkrete Zeitpläne etwa für eine deutsche Beteiligung könne er aber nicht nennen.
Die konservative Österreichische Volkspartei teilt sich die Regierung mit der sozialdemokratischen SPÖ. „Wir müssen Grenzen setzen, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen und Österreichs Kapazitäten nicht zu überfordern“, hatte der Chef der Österreichischen Volkspartei, Reinhold Mitterlehner, am Wochenende erklärt: „Es müssen weniger Flüchtlinge werden – bis zum Nullpunkt.“ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner appellierte an die Sozialdemokraten, „sich von der Willkommenskultur zu verabschieden“. Im vergangenen Jahr stellten über 90.000 Personen in Österreich einen Asylantrag. Für dieses Jahr erwartet das Innenministerium eine Steigerung auf 120.000.
Gegen Wirtschaftsflüchtlinge
Von Obergrenzen will bei Österreichs Sozialdemokraten niemand sprechen. Jeder weiß, dass das mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar ist.
Ähnlich wie in Deutschland schießen sich die Politiker auf die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge ein – als ob sie es wären, die die humanitären Kapazitäten Europas überbeanspruchen würden. Es wird suggeriert, sie seien nicht nur viele, sondern könnten auch leicht identifiziert werden. Die Statistik belehrt alle, die sie wahrnehmen wollen, eines Besseren: In Österreich stammten vergangenes Jahr 70 Prozent der Asylwerber aus den drei Kriegsländern Syrien, Afghanistan und Irak. Menschen aus Staaten wie Marokko, Algerien und Pakistan, die als sicher gelten, können nicht zurückgeschoben werden, da ihre Regierungen sich weigern, Emigranten zurückzunehmen.
Man setzt also auf Abschreckung. Ungarn hat neben dem Grenzzaun bereits Wartezonen eingerichtet, von wo alle jene, die es doch über die Grenze schaffen, zum Schnellrichter nach Szeged verfrachtet und nach Serbien zurückgeschoben werden.
Solche Wartezonen schweben jetzt auch der ÖVP vor, die das Flüchtlingsthema für den eben anlaufenden Präsidentenwahlkampf entdeckt hat. Österreich hilft der slowenischen Polizei bereits seit Oktober mit eigens geschulten Polizisten. Auch nach Kroatien sollen österreichische Exekutivbeamte verlegt werden. Seit Deutschland nur mehr jene ins Land lässt, die einen Asylantrag stellen wollen, hat sich das Problem auch wieder an die griechisch-mazedonische Grenze verlagert. Durchgelassen werden allerdings nur Syrer, Iraker und Afghanen, weshalb Menschen aus anderen Ländern sich gefälschte Papiere besorgen und als Staatsbürger dieser Länder ausgeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!