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Ökonomisierung der NaturDer Wald bringt 7,9 Milliarden Euro

Wenn es darum geht, Felder und Wälder ökonomisch zu nutzen, ist man gleich in der Forst- oder Agrarwirtschaft. Dabei haben sie mehr zu bieten.

Da. Sein. Wollen. Foto: dpa

Berlin taz | Was fällt Ihnen zum Thema „Waldnutzung“ ein? Nur Forstwirtschaft und Jagd? Oder auch Klimaschutz, Schutz vor Bodenerosion, Erhalt der Artenvielfalt? Wenn Sie dann noch auf Erholung und Ästhetik kommen, sind Sie ziemlich gut – und ganz auf einer Linie mit den Forschern des Projekts Naturkapital Deutschland (TEEB).

Die können sogar sagen, was der deutsche Wald jedes Jahr erwirtschaftet, nämlich knappe 7,9 Milliarden Euro im Jahr. So steht es im zweiten TEEB-Bericht, der den Titel „Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen“ trägt und am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Das Projekt wurde 2007 im Rahmen eines Treffens von Industrie- und Schwellenländern (G8+5) in Potsdam gestartet. Es soll in der Agrar- und Umwelt-, aber auch in der Siedlungspolitik ökonomische Argumente für Naturschutz liefern, indem es Naturkapital mit einem Preisschild versieht.

Abholzen oder Erhalt - was bringt mehr?

„Verlieren wir wichtige Ökosystemleistungen, führt das zu hohen volkswirtschaftlichen Kosten“, sagt der Leiter der Studie, Bernd Hansjürgens vom Helmholtz-Institut für Umweltforschung. Beispiel Wald: Das Holz der Wälder allein bringt jährlich rund 3,5 Milliarden Euro ein, 199 Millionen kommen durch die Jagd hinzu.

Die restlichen 4,2 Milliarden stammen aus dem Erhalt von Artenvielfalt, der CO2-Speicherung und dem Erholungswert. Letzteren etwa leiten die Wissenschaftler daraus ab, wie viele Urlauber, Radfahrer oder Wanderer im Zusammenhang mit ihrem Waldbesuch ausgeben – für Übernachtungen, Essen oder andere touristische Leistungen.

In der Realität kommt es zwischen den Bereichen regelmäßig zu Nutzungskonkurrenz, die politisch entschieden werden muss. Die TEEB-Studie soll dazu beitragen, dass das fundierter geschehen kann.

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2 Kommentare

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  • Wenn es wirklich nur 7,9 Milliarden sind, dann kann man ja gleich auf diese Art von Waldnutzung verzichten und den Schwerpunkt auf den Wald als Klima- und Gesundheitsfaktor, Wasserreservoir, Artenpool der Natur, sowie Sport-, Erholungs- und Tourismusbereich setzen.

     

    Deutschland ist inzwischen ein größerer Holzexporteur als Schweden, während in den letzten 25 Jahren mehr als 50% aller Tier- und Pflanzenarten ausgestorben sind, das Grundwasser für die Trinkwasserversorgung immer belasteter wird und jedes Jahr die Schäden durch Überschwemmungen immer größer werden.

  • Gute Idee, diese Studie. Zumindest, wenn sie glaubwürdig bleibt und nicht beim ersten Gegenwind zu Staub zerfällt, weil sie handwerklich schlecht gemacht ist.

     

    Wer eine übergeschnappte Ökonomie zur Vernunft bringen will, der muss sie mit ihren eigenen Waffen schlagen, denke ich. Das ist zwar riskant (die Versuchung für die "Widerstandskämpfer" ist schließlich groß, unterwegs "verloren zu gehen"), aber vermutlich ist es die einzige reelle Chance, die wir alle miteinander haben – die irren Ökonomen eingeschlossen.

     

    Ich persönlich bin überzeugt, dass das Image der kapitalistischen Wirtschaft als reiner Heils- und Segensbringer zerstört werden muss. Der finanzielle Schaden, den "die Wirtschaft" (Großkonzerne, Banken etc.) in ihrer aktuellen Hysterie einbringt, ist "gefühlt" schon lange größer als der finanzielle Nutzen, der daraus erwächst. Aber erst, wenn das unbestreitbar (also mit nachprüfbaren Zahlen) belegt werden kann, wird "die Wirtschaft" ihren magischen Zauber verlieren. Diejenigen, die politische Entscheidungen treffen, könne sie dann nicht mehr über alles stellen, ohne das Gesicht zu verlieren. Mehrheitsentscheidungen, die dann getroffen werden, könnten einigermaßen belastbar sein, weil sie auf der Vernunft beruhen und nicht auf dem Glauben.

     

    Ich hoffe also, die Zahlen halten, was sie uns versprechen. Und ich hoffe außerdem, dass die Medien dafür sorgen, dass sie überall bekannt werden. Über die Zahlen, die eine Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen darstellen sollen, wird schließlich auch landauf, landab geredet. Auch, wenn das sehr viel weniger sinnvoll ist.