Ökolobbyist zu Fleischsteuer: „Biobauern nicht benachteiligen“
Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch würde Bioprodukte zu stark verteuern, sagt Felix Löwenstein. Er ist Vorsitzender des Öko-Dachverbands BÖLW.
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taz: Herr Löwenstein, eine Studie im Auftrag des Bundesagrarministeriums zeigt, dass der Staat Fleisch verteuern darf, um den Bauern tierfreundlichere Ställe zu finanzieren. Warum lehnen Sie es ab, dafür die Umsatzsteuer auf tierische Lebensmittel zu erhöhen?
Felix Löwenstein: Das Problem bei der Mehrwertsteuer ist, dass der Aufschlag prozentual beispielsweise durch die Erhöhung von 7 auf 19 Prozent erfolgt. Damit wird Biofleisch, das ohnehin teurer ist, absolut deutlich stärker teurer als anderes. Bei einem Stück Fleisch für 10 Euro wäre der Aufschlag durch die höhere Steuer halt doppelt so hoch wie bei einem Stück für 5 Euro.
Warum ist das problematisch?
Dann sinkt die Attraktivität von Bio im Vergleich zu anderem Fleisch. Das wäre nicht sinnvoll, weil Bio die Tierwohlmaßnahmen, die mit den Einnahmen finanziert werden sollen, schon umsetzt. In Biobetrieben haben die Tiere den größten Bewegungsraum, können auf Stroh liegen, haben Zugang zum Außenbereich mit frischer Luft, Sonnenlicht und Klimareizen. Auch deshalb will der Staat die Biobranche weiterentwickeln. Zumal wir damit noch eine ganze Reihe weiterer Ziele erreichen, im Bereich von Umwelt- und Naturschutz, zum Beispiel wird Biofutter ohne chemisch-synthetische Pestizide und mit weniger Dünger produziert. Das ist gut für das Grundwasser und die Artenvielfalt.
Greenpeace schlägt vor, von der Umsatzsteuererhöhung Bioprodukte auszunehmen. Der Satz für Bio soll sogar sinken. Gute Idee?
Ja, dann wäre Bio nicht benachteiligt. Aber es bliebe ein anderes Problem: Die Hälfte der Umsatzsteuereinnahmen fließt an die Länder. Manche Länder mit wenig Tierhaltung würden sich weigern, das Geld aus der Steuererhöhung für Tierwohlmaßnahmen abzugeben. In Niedersachsen etwa werden ja viel mehr Tiere gehalten als beispielsweise in Brandenburg.
Was schlagen Sie vor?
Wir befürworten die ebenfalls diskutierte Tierwohl-Abgabe: Fleisch, Milch und Eier würden um feste Beträge teurer. Bei einem Kilo Schweinefleisch beispielsweise könnte der Aufschlag 40 Cent betragen.
Die Gutachter schreiben aber, dass es viel aufwendiger wäre, eine Tierwohlabgabe einzuziehen als eine erhöhte Umsatzsteuer.
Das stimmt. Aber dafür gibt es das erwähnte Verteilproblem. Es gibt ja schon Verbrauchssteuern auf konkrete Produkte, zum Beispiel die Sektsteuer. Am Ende zählt das Ergebnis: Bio darf nicht im Vergleich zu konventionellen Tierwohlprogrammen benachteiligt werden.
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