Öko-Aktivistin über Buschholz-Verbrenung: „Wir wollen aufbegehren“
Jana Ballenthien von Robin Wood kritisiert die geplante Biomassepartnerschaft zwischen Hamburg und Namibia als schädlichen Präzedenzfall.
taz: Frau Ballenthien, warum haben Sie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) einen Protestbrief geschickt?
Jana Ballenthien: Der Plan, in Hamburg Holzbiomasse aus Namibia zu verbrennen, hat einige Alleinstellungsmerkmale und einen Aufschrei in der internationalen Waldnaturschutzszene verursacht. Es ist besonders wichtig zu intervenieren, weil es eines der ersten Projekte wäre, bei dem aus dem globalen Süden im großindustriellen Maßstab Biomasse nach Europa gebracht würde, um sie hier zu verbrennen. Wir wollen, schon bevor politische Entscheidungen gefallen sind, aufklären und auch aufbegehren: Wir müssen unsere Energiewende anders organisieren.
Die Idee klingt ja ganz gut: Namibia hat ein Problem mit Verbuschung, Hamburg das Problem, klimaschonend Fernwärme erzeugen zu müssen. Eine klassische Win-win-Situation, finden Sie nicht?
Das könnte man auf den ersten Blick meinen: Es wird als nachhaltiges Projekt dargestellt, als eines, das CO2 bindet und die Biodiversität vergrößert. Bei all diesen Behauptungen haben wir aber Fehler gefunden. Allein schon die wissenschaftliche Studie, die diesem Projekt zugrunde liegt, können wir so nicht hinnehmen. Wir gehen davon aus, dass das Projekt sogar klimaschädlich ist, indem es die CO2-Senkeder semiariden Savannenflächen in Namibia verringert.
… Semiarid bedeutet, dass es in der Region lange Trockenperioden gibt …
Außerdem bergen die Pläne ein hohes Risiko für die Artenvielfalt und es ist unsicher, ob sich das Projekt positiv auf den Wasserhaushalt auswirkt, wie die Befürworter immer behaupten. Und auch, was alle anderen Argumente betrifft – sei es die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Verringerung sozialer Ungleichheit –, dafür sehen wir keine überzeugenden Belege.
Glauben Sie, dass Sie auf einem besseren Forschungsstand als die Namibier sind?
Von der wissenschaftlichen Seite her haben wir da keine Expertise gesehen. Es sind deutsche Wissenschaftler, die die schlechten Grundlagenstudien gemacht haben, die wir kritisieren. Zum einen gibt es nur wenige namibische NGOs, die sich dazu äußern, und zum anderen vor allem solche, die die Interessen der Rinderfarmer und der Fleischindustrie repräsentieren. Die werden bis auf eine Ausnahme von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) finanziert, die das Projekt vorantreibt.
Die Namibia Nature Foundation (NNF) wirft ihnen vor, Sie würden zu wenig verstehen, wie die semiariden Savannen funktionieren.
Wir wären total gespannt auf das Literaturverzeichnis der NNF, das sie uns bisher nicht zur Verfügung gestellt hat. Es ist nicht das erste Mal, dass die NNF tendenziell umweltschädliche Projekte nicht ablehnt. Zudem wird sie von der GIZ mitfinanziert. Von daher können wir nicht von einer unabhängigen NGO-Landschaft sprechen, mit der die Befürwortenden in Kontakt stünden.
Die NNF warnt, Sie liefen Gefahr, Öko-Imperialismus zu betreiben, weil Sie dadurch, dass Sie gegen das Entbuschen sind, die Landnutzungsmöglichkeiten der Namibier beschränken.
Das ist ein sehr interessanter Vorwurf, da wir uns bisher wenig dazu geäußert haben, was Namibia anstellen könnte mit seiner Buschlandschaft. Wir sprechen uns dagegen aus, dass die sogenannte Entbuschung im großindustriellen Stil geschieht und Namibia möglicherweise hinterher eine größere Klimaschuld trägt als vorher.
Wenn man sich darauf einigen könnte, dass Entbuschung notwendig ist. Fiele dann nicht viel mehr Holz an, als im Lande verbraucht werden könnte?
Ob Entbuschung notwendig ist und wie es mit seiner Landschaft umgehen möchte, muss Namibia für sich entscheiden. Da diskutiert wird, das Holz nach Hamburg zu exportieren, interessieren wir uns dafür, ob das tatsächlich nachhaltig angelegt ist. Die Klimakatastrophe und das Artensterben gehen uns alle an. Das Ökosystem der semiariden Savannen ist hoch komplex und der Stand der Wissenschaft immer noch viel zu vage. Dieses ganze Projekt darf auf so einer dünnen wissenschaftlichen Basis nicht und schon gar nicht mit Entwicklungsgeldern aus Deutschland gefördert werden.
Was halten Sie davon, dass die GIZ und die namibischen Stellen mit dem Forest Stewardship Council (FSC) zusammenarbeiten? Das sollte doch eine nachhaltige Bewirtschaftung sicherstellen.
Der FSC trifft nur eine Aussage darüber, ob eine Fläche nachhaltig bewirtschaftet wird, aber nicht darüber, was hinterher mit dem Holz geschieht. Biomasseverbrennung ist aber negativ fürs Klima, egal ob Flächen FSC-zertifiziert sind oder nicht. Und gerade für Südafrika hat der FSC einen sehr negativen Ruf aufgrund einiger ökologischer und sozialer Skandale.
Jana Ballenthien
40, Soziologin, Naturpädagogin und Umweltaktivistin, ist seit drei Jahren die Fachreferentin zum Thema Wald bei der Umwelt- und Naturschutzorganisation Robin Wood.
Auch die namibische Regierung versichert, dass sie an einer nachhaltigen Landnutzung interessiert sei.
Die Aussage einer Regierung ist für mich noch kein Kriterium dafür, dass etwas sozial und ökologisch in Ordnung ist. Interessanterweise hat das deutsche BMZ eingeräumt, dass tatsächlich Klimaschäden entstehen könnten. An dieser Stelle sei das aber nicht so wichtig.
Wie groß ist der Widerstand vor Ort?
Das hält sich in Grenzen, weil die namibische Bevölkerung noch wenig über diese komplexen Probleme weiß und auch nicht darüber informiert wird. Die wenigen NGOs sind eng verwoben mit den Großgrundbesitzenden. Für NGOs ist es sehr schwierig, kritische Positionen zu beziehen. Wir stehen in Kontakt mit einzelnen kleineren NGOs, die sagen: Ihr könnt gerne mit uns sprechen, wir werden aber keine Statements abgeben, sonst sind wir ganz schnell weg vom Fenster.
Was bedeutet das?
Sie werden diskreditiert. Ihre Pressemitteilungen werden nur noch eingeschränkt verbreitet, sie werden gemieden.
Gibt es Widerstand von der Landbevölkerung oder ist sie sogar für das Projekt?
Das kann man nicht verallgemeinern. Es gibt ja sowohl Großgrundbesitzende als auch kleine Farmer, die davon betroffen wären. Natürlich sind die Großgrundbesitzenden dafür, weil sie Rinder züchten und von dem zunächst geschaffenen Weideland profitieren würden. Ich würde auch nicht in Abrede stellen, dass die kleinen Farmer in gewissem Maße auch dafür sind. Das Problem ist, dass die Flächen sofort wieder zuwachsen, wenn keine Nachsorge stattfindet. Die ist aber wohl so teuer, dass nur die Großgrundbesitzenden sie sich leisten könnten.
Aber Nachsorge hieße ja Ernte von Biomasse und die würde Einnahmen bringen.
Es ist schon im ersten Schritt nicht klar, wie die Entnahme aussehen soll. Wir stellen in Abrede, dass der ökologischen Sorgfaltspflicht genüge getan würde, wenn so viele Büsche entnommen werden, dass 105 Biomasseindustrieparks versorgt werden können. Ohne maschinelle Ernte ist das nicht möglich. Es ist unrealistisch, dass dabei jemand mit dem Zentimetermaß rumläuft und die Stammdurchmesser der Büsche misst, die stehen bleiben müssen, oder ein Botaniker dabei ist, der die ökologisch wertvollen Büsche übrig lässt.
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