Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Zeit für einen Publikumsrat

Mit dem RBB-Skandal wird endlich über Kontrollgremien bei den Öffentlich-Rechtlichen diskutiert. Zu­schaue­r*in­nen müssen endlich mitreden dürfen.

Das Modell eines Dinosauriers auf einem Radlader

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich verändern – will er nicht enden wie die Dinosaurier Foto: Sina Schuldt/dpa

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein „Weltkulturerbe der Meinungsbildung“, schreibt soeben die Zeit. Das klingt niedlich pathetisch in einer Woche, in der die Öffentlich-Rechtlichen enorm in der Kritik stehen. Das Kind mit dem Bade auszuschütten, nur weil beim RBB das Parkett zu stark geölt ist, wäre aber tatsächlich Quatsch. Über die konkrete Gemengelage beim RBB schreibe ich weiter nichts, weil ich durch meine DJV-Funktion eine andere Rolle habe. Doppelhutträger bin ich nicht. Und die haben in Berlin und Brandenburg gerade genug Schaden angerichtet.

Aber hat das von Bild & Co. genüsslich heraufbeschworene ARDmageddon vielleicht doch etwas Gutes? Immerhin haben wir jetzt endlich die Gremiendebatte, vor der uns die An­stalts­hier­ar­ch*in­nen immer gewarnt haben. Die Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunkräte sollen die Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt vertreten und so für die formale Verankerung der öffentlich-rechtlichen Idee in der Bevölkerung sorgen. Sie sollen außerdem die Anstalten und ihre Geschäftsleitungen kontrollieren, beraten und im Idealfall einbremsen. Aber das haut gerade, siehe RBB, nur bedingt hin.

Manche Gremienmenschen stellen ihre Truppe aktuell fast schon als reine Laienspielschar dar, die nun so gar keinen Einfluss nehmen könnten. Das ist natürlich Quark. Doch die Frage, ob sie die ihnen übertragenen Aufgaben wirklich erfüllen können, macht Sinn. Denn hier wird aktuell die Quadratur des Kreises versucht. Zum einen sollen und müssen die ehrenamtlichen Gremien immer mehr Diversität leben und die Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt integrieren.

Wie wär's mit einem dualen System?

Gleichzeitig dürfen sie sich aber auch an hochkomplexen Fragen abarbeiten, von digitaler Technik bis zum Bau- und Vergaberecht. Themen, für die andernorts mit hauptamtlichen Ex­per­t*in­nen besetzte Einrichtungen wie Rechnungshöfe da sind. Der diesen Sommer auf den Weg gebrachte neue Medienstaatsvertrag sieht für die Gremien sogar noch mehr Kompetenzen und Aufgaben vor.

Die Lösung könnte in einer Art dualem System liegen. Viel kleinere Expert*innen-Gremien übernehmen die konkrete Kontrolle und finanzielle Freigaben mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten auf der einen Seite. Sie dürften so mehr als die heutigen Verwaltungsräte. Dazu kommt ein noch breiter aufgestelltes Gremium als die Rundfunk­räte, das tatsächlich das Publikum vertritt und in Sachen Programm mitredet. Nennen wir das ganze doch einfach Publikumsrat. Klar, diese Idee gab’s schon mal. Und spätestens jetzt ist ihre Zeit gekommen. „Sonst können wir die Öffentlich-Rechtlichen bald als Weltkulturerbe wie die Dinos ins Museum stellen“, glaubt die Mitbewohnerin.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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