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Öffentlich-Rechtliche in SkandinavienSchweden schafft Rundfunkgebühr ab

Bisher zahlt nur, wer ein TV-Gerät besitzt. Jetzt soll es eine Steuer geben. Die Öffentlich-Rechtlichen fürchten um ihre Unabhängigkeit.

Kommt n schwedischen Haushalten immer seltener vor: ein Fernseher Foto: Daniel von Appen/Unsplash

Stockholm taz | „Wir haben das so beschlossen, darum wird es jetzt auch so gemacht.“ Schwedens grüne Kultusministerin Alice Bah ­Kuhnke lässt keinen Zweifel daran, dass das Gesetz zum Ende der Rundfunkgebühr kommen wird – auch wenn es noch nicht vom Parlament verabschiedet wurde. In vorletzter Minute laut gewordene juristische Bedenken wischt die Ministerin vom Tisch: Sie teile diese nicht und sehe deshalb auch keine Veranlassung, noch irgendetwas zu ändern oder zu stoppen.

Und so werden die SchwedInnen in diesem Jahr wohl zum letzten Mal eine Fernsehgebühr zahlen. Diese „TV-avgift“, die sich 2018 auf umgerechnet 235 Euro beläuft, soll ab dem 1. Januar 2019 durch eine Public-Service-Steuer ersetzt werden. Die wird ein Prozent des individuellen Einkommens betragen, höchstens aber 1.300 Kronen (ca. 125 Euro). Die Steuer wird fällig, egal, ob man das Public-Service-Angebot persönlich nutzt oder nicht.

Die bisherige TV-Abgabe ist in Schweden wirklich allein eine TV-Abgabe: Für Rundfunkempfang gibt es keine Gebühr, auch der Empfang des öffentlich-rechtlichen TV-Angebots über das Internet ist abgabefrei.

Die Zahl der Haushalte, die keine „TV-afgift“ zahlen, ist aber gestiegen – weil immer weniger Menschen ein Fernsehgerät besitzen. Dasselbe gilt vermutlich für die Zahl der „Schwarzseher“; deren Anteil wird auf 13 bis 15 Prozent geschätzt. Selbst bei jährlich steigender Gebühr würde das Public-Service-Angebot allein über die Fernsehgeräte-Abgabe künftig immer weniger finanziert werden können. Zudem untergrabe es die Legitimität des Systems, wenn ein immer kleinerer Teil der Bevölkerung immer höhere Abgaben zahlen müsse, argumentiert die Regierung.

Langfristige Planung

In seltsamer Einmütigkeit haben sich alle acht Reichstags-Parteien von den Linken bis zu den Schwedendemokraten für die Einführung einer Public-Service-Steuer entschieden. Das bringe nicht nur eine langfristig stabile Finanzierungsgrundlage, sondern soll angeblich zu größerer politischer Unabhängigkeit der Öffentlich-Rechtlichen führen. Denn: Die Höhe der Steuer sei ebenso wie deren jährliche Steigerungsrate langfristig festgeschrieben.

Wie genau die Mittel verteilt werden sollen, werde ebenfalls langfristig, nämlich in acht- bis zehnjährigen Lizenzperioden festgelegt. So könne die während einer vierjährigen Legislaturperiode herrschende jeweilige politische Mehrheit im Parlament kurzfristig keinen Einfluss auf die Public-Service-Finanzen nehmen.

Ausgerechnet dieses Argument stellen Verfassungsjuris­tInnen in Frage. In ­Schweden gibt es kein ­Verfassungsgericht. Stattdessen prüft der „Lagrådet“, eine Art vorgeschaltete Prüfungsinstanz, die Gesetzesvorhaben schon vor ihrer Behandlung im Parlament. Das Votum dieses aus RichterInnen der höchsten Gerichte zusammengesetzten „Lagrådet“ ist nicht bindend, wird aber in der Regel von Regierung und Parlament berücksichtigt.

Juristische Bedenken

Dieses Gremium warnte nun, dass das Public-Service-Steuermodell in seiner vorliegenden Fassung die Unabhängigkeit der Öffentlich-Rechtlichen einschränken könne. Angesichts seiner Budgethoheit stehe es dem Parlament nämlich frei, jährlich zu entscheiden, welcher Teil des Steueraufkommens den Sendern tatsächlich zugute kommen solle. An vorangegangene Beschlüsse könne es nicht zwingend gebunden werden.

„Das einfache Fazit: Unsere Finanzierung kann nicht gesichert werden“, sagt Jan Petersson, Strategiedirektor beim Schwedischen Rundfunk (SR). Journalistenorganisationen hatten von vornherein gewarnt, der Übergang von der Rundfunkgebühr zu einer Steuer werde die Kontrolle der Politik über die Öffentlich-Rechtlichen stärken.

Eine entsprechende Risikoeinschätzung hätten die Parteien bei der Behandlung des Gesetzes „überhaupt nicht vorgenommen“, sagt die Gewerkschaft Journalistförbundet. Und SR-Intendantin Cilla Benkö fordert, bevor man zu einem Steuermodell übergehe, müsse die Unabhängigkeit des Public-Service verfassungsrechtlich besser abgesichert werden. Jetzt stelle man eine solche nur für die Zukunft in Aussicht: „Das ist die falsche Reihenfolge“, sagt Benkö.

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  • 1. Steuer bedeutet immer staatlichen Eingriff - deutlich mehr als bei Gebührenmodellen. 2. Der Konflikt um den ORF zeigt aktuell, wohin die Reise derjenigen geht, die ein Steuermodell wollen.