FAQ zu ÖRR-Reformen: Welche Rolle spielt Brandenburg?
In Brandenburg wird sich nächste Woche das Schicksal der Rundfunkreform entscheiden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen sparen. Gleichzeitig stehen ARD, ZDF und Deutschlandradio unter Druck – teils wegen eigener Skandale wie des rbb-Finanzdesasters, teils durch heftige Angriffe von rechts. Und weil sich das Mediennutzungsverhalten in den letzten Jahren massiv verändert hat, müssen die Sender dringend digitaler werden. Kurz gesagt: Der Reformdruck ist enorm.
Im Reformstaatsvertrag, den die Ministerpräsident:innen der Länder schon vor über einem Jahr beschlossen haben, geht es deshalb um deutliche Einschnitte. Vorgesehen sind Kürzungen bei Spartenprogrammen und Sportrechten, eine strengere Regelung zur sogenannten Presseähnlichkeit – also das Verbot, dass öffentlich-rechtliche Angebote Print- und Onlineportalen zu sehr ähneln – sowie eine neue Kooperationspflicht mit privaten Medien, etwa bei Verlinkungen in Texten oder gemeinsamen Onlineprojekten.
Was ist der Stand der Dinge?
Eigentlich geht alles auf die Zielgerade. Nachdem die Ministerpräsident:innen der Länder den Vertrag bereits unterzeichnet haben, müssen jetzt alle 16 Landtage zustimmen. Erst dann kann die Reform zum 1. Dezember in Kraft treten. Stimmt nur ein Bundesland nicht zu, ist die Reform gescheitert. Bisher lief das ziemlich reibungslos. Sogar in Sachsen stimmte der Landtag Ende Oktober für die Reformen. Das sächsische „Ja“ war zuvor unsicher gewesen, weil die Minderheitenregierung auf Stimmen der Opposition hoffen musste und sie schließlich von Grüne und Linken auch bekam.
Und was ist in Brandenburg los?
Noch drei Landtage müssen für die Reformen stimmen. In Brandenburg steht die Abstimmung am 19. oder 20. November an, und dort könnte es eng werden. Denn die an der Regierung beteiligte Partei BSW ist „mehrheitlich dagegen“, wie BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Potsdam sagte. In einer Vorentscheidung im Landtag am Mittwoch hat der BSW-Fraktionschef dann mit „Nein“ gestimmt. Dass die Reform nicht durchgeht, ist trotzdem unwahrscheinlich, weil auch die Stimmen der Oppositionspartei CDU zusammen mit der SPD für eine Mehrheit ausreichen würden. Sie wollen geschlossen für eine Reform stimmen.
Was wird an den Reformen kritisiert?
Kritik gibt es reichlich, und zwar aus sehr unterschiedlichen Richtungen. Besonders das Verbot der Presseähnlichkeit sorgt für Streit: Es führe zu einem „staatlich verordneten Relevanzverlust“, weil es den Öffentlich-Rechtlichen erschwere, junge Zielgruppen auf sozialen Medien zu erreichen, sagte etwa die medienpolitische Sprecherin der Grünen im Sächsischen Landtag dem Medienportal DWDL im Oktober, kurz vor der Abstimmung in Sachsen.
Auch der Vorwurf, die Reform sei eher ein Kürzungsplan mit dem Etikett „Innovation“, fällt in diesem Zusammenhang häufiger. „Meinungseinfalt und Haltungsjournalismus bedrohen den Journalismus“, so Lüders auf der Pressekonferenz vergangene Woche. Für einen starken und staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauche es tiefgreifende Reformen, so der Fraktionsvorsitzende weiter. Das sehe das BSW in den vorliegenden Reformverträgen nicht gegeben.
Was ist mit der Finanzierung?
Eigentlich sollte auch das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in diesem Jahr neu aufgestellt werden. Weil eine geplante Beitragserhöhung jedoch nicht umgesetzt wurde, haben ARD, ZDF und Deutschlandradio Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Gericht will allerdings erst 2026 darüber entscheiden. Bayern und Sachsen haben angekündigt, erst nach diesem Urteil über die Finanzierungsreform zu beraten – und blockieren damit faktisch den gesamten Prozess.
Was passiert, wenn die Reform scheitert?
Kurz gesagt: nichts – und genau das wäre das Problem. Die Verhandlungen haben Jahre gedauert, und wenn die Reform jetzt scheitert, müsste alles von vorne beginnen, mit neuen politischen Mehrheiten und womöglich deutlich schwierigeren Voraussetzungen. 2026 stehen außerdem fünf Landtagswahlen an, unter anderem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Insa glaubt mehr als die Hälfte der Bevölkerung, dass die AfD in mindestens einem Bundesland eine:n Ministerpräsident:in stellen könnte. Die AfD hatte bereits in ihrem Programm zur Bundestagswahl angekündigt, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen.
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