OSZE-Treffen in Hamburg: Gipfel ohne Konsens
Mit dem Ministerrat in Hamburg endet der deutsche Vorsitz der OSZE. Die Erwartungen waren groß, Fortschritte bleiben aus.
Das war es dann aber auch schon mit den einfachen Entscheidungen. 1.600 Teilnehmer, darunter 50 Außenminister, werden sich am Donnerstag und Freitag zum OSZE-Ministerrat in Hamburg treffen. Auf der Tagesordnung stehen Ukraine-Konflikt, Terrorbekämpfung und Konfliktprävention. Vor Beginn des Gipfels dämpfen deutsche Diplomaten aber die Erwartungen: Abgesehen vom Mittagsmenü trifft die OSZE ihre Entscheidungen eben nur im Konsens, die Mitgliedstaaten sind jedoch zerstritten, und so rechnen die Beteiligten nicht mit wegweisenden Entscheidungen.
Die Erwartungen vom Jahresanfang haben sich nicht erfüllt. Im Januar 2016 übernahm Deutschland für zwölf Monate den Vorsitz der OSZE, die so etwas wie der Wuppertaler SV unter den internationalen Organisationen ist: respektable Vergangenheit, heute ein wenig vergessen, aber mit Hoffnung auf eine brauchbare Zukunft.
Mitglieder der OSZE sind die USA und Kanada, alle europäischen Staaten und sämtliche Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Während des Kalten Kriegs brachte sie Ost und West zum Dialog zusammen, später diente sie unter anderem als Forum für Abrüstungsgespräche, heute entsendet sie Beobachtermissionen in Konfliktgebiete. Nötige Reformen innerhalb der Organisationen kamen zuletzt aber nicht voran – ein Grund für den Bedeutungsverlust.
Eine OSZE-Polizeimission in der Ukraine wäre eine Premiere
Erst durch den Ukraine-Konflikt geriet die OSZE wieder in den Fokus: In Zeiten eines neuen Ost-West-Konflikts, so die Hoffnung, könnte sie wie einst im Kalten Krieg zur Annäherung beitragen. „Kooperation statt Konfrontation, Dialog statt Sprachlosigkeit, Diskurs statt Abschottung. In diesem Geist wollen wir die Instrumente und Foren der OSZE unter unserem Vorsitz stärken“, sagte Steinmeier Ende 2015 im Bundestag, kurz bevor Deutschland an die Spitze der Organisation rückte.
Entscheidende Fortschritte gibt es zwölf Monate später aber kaum. Beispiel Ukraine: Seit 2014 beobachtet eine OSZE-Mission dort die brüchigen Waffenstillstände. Vorschläge für den nächsten Schritt liegen schon lange vor, darunter die Entsendung einer bewaffneten OSZE-Polizeimission. So ein Einsatz wäre für die Organisation aber eine Premiere. Unsicher ist daher nicht nur Russlands Zustimmung, sondern die etlicher weiterer Mitgliedsländer. Eine Entscheidung in Hamburg hält das Auswärtige Amt für nahezu ausgeschlossen.
Gernot Erler, OSZE-Beauftragter
„Wir haben das Konsensprinzip in der OSZE als wichtigstes Bauprinzip. Das bedeutet, dass alle Länder tatsächlich zustimmen müssen, und da ist es natürlich so, dass bei der Beurteilung des Konflikts hier die Ansichten ziemlich weit auseinander liegen“, sagte vor Gipfelbeginn Gernot Erler, Sonderbeauftragter der Regierung für das Vorsitzjahr.
Definitiv keine Einigung wird es in einem zweiten Punkt geben: der gegenseitigen Rüstungskontrolle. Nach Ende des Kalten Kriegs hatten sich Russland und der Westen auf Rüstungsobergrenzen und gemeinsame Überprüfungsmechanismen geeinigt. Spätestens seit der Ukraine-Krise funktioniert dieses System aber nicht mehr, die Schuld schieben sich beide Lager gegenseitig zu.
Auf einer inoffiziellen OSZE-Tagung hatte Steinmeier im September einen Neustart vorgeschlagen, vor zwei Wochen erklärten 14 europäische Außenminister nach einem Sondertreffen in Berlin ihre Unterstützung. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, die OSZE sei für das Projekt der geeignete Rahmen.
Auch in Hamburg wird Steinmeier für seinen Vorschlag werben – allerdings nur am Rande des Gipfels, außerhalb der offiziellen Tagesordnung. Russland verhält sich in der Angelegenheit bislang zurückhaltend, die Balten sind nicht gerade begeistert und die USA werden sich vor dem Regierungswechsel im Januar ohnehin nicht positionieren. Ein Beschluss oder zumindest eine offizielle Absichtserklärung zum Thema ist daher illusorisch. Nur für seinen Vorschlag werben will Steinmeier in Hamburg, damit das Thema auch 2017 im Gespräch bleibt – wenn er selbst ins Schloss Bellevue zieht und der OSZE-Vorsitz an Österreich übergeht.
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