Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
"Und die Stimmung, die diese Leute verbreiten, macht auch die Rücknahme von Coronamaßnahmen schwerer, selbst wenn sie inzwischen überflüssig sind: Wer will schon dieser Art von Freiheitskämpfern nachgeben?"
Das ist auch bei uns ein großes Problem. Das Gefühl, "denen doch jetzt nicht nachgeben zu dürfen", erschwert Lockerungen.
Die Krux ist, dass man die Situation unweigerlich verschlimmert, je länger man wartet. Die Menge derer, die den Demonstranden insgeheim rechtgibt, wird jetzt von Woche zu Woche größer, genauso wie der Vertrauensverlust gegenüber der Politik.
@Co-Bold "Und die Stimmung, die diese Leute verbreiten, macht auch die Rücknahme von Coronamaßnahmen schwerer, selbst wenn sie inzwischen überflüssig sind: Wer will schon dieser Art von Freiheitskämpfern nachgeben?"
Wer solche Gedanken hegt hat in Legislative und Exekutive vollkommen fehl am Platz umso mehr wenn es sich davon auch noch in seinen Entscheidungen beinflussen oder gar leiten lässt.
Nach dem Eklat bei ihrer Rede in Frankfurt ist Kulturstaatsministerin Roth abgetaucht. Nicht nur junge Jüdinnen und Juden warten auf Antworten.
Notstandsgesetze in Kanada: In die Falle getappt
Kanadas Premier Trudeau greift gegen die Trucker*innen zu härteren Maßnahmen. Damit verstärkt er allerdings deren Zerrbild einer übergriffigen Elite.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau Foto: Adrian Wyld/The Canadian Press/ap
Kanadas Premierminister Justin Trudeau macht keine gute Figur. Nach drei Wochen Lkw-Belagerung der Hauptstadt Ottawa, zahlreichen Blockaden wichtiger Straßen und im Angesicht von Millionenspenden für die Proteste gegen Impfpflicht und Coronamaßnahmen greift Trudeau jetzt auf Kanadas Notstandsgesetze zurück.
Damit bekommt die Zentralregierung weitgehende Befugnisse – vor allem will sie die Sponsoren der Proteste und die Eigentümer der Lkw angehen. Mag sein, dass das kurzfristig funktioniert und Blockaden abgebaut werden – dennoch dürfte der Schaden dieser Maßnahme größer sein als der Nutzen.
Denn es ist den Organisator*innen der sogenannten Freedom Convoys ein Leichtes, Trudeau vollends als Diktator darzustellen. Das haben sie zwar vorher auch schon behauptet und es ist auch jetzt noch Quatsch – aber die ewige Aufforderung dieser Leute an die Mehrheit, doch „endlich aufzuwachen“, bekommt einen tüchtigen Booster. Trudeau ist damit genau in die Falle getappt, die ihm die Organisator*innen gestellt haben.
Die kommen – anders als viele Teilnehmer*innen der Proteste – aus der inzwischen weltweit bekannten Melange aus Spinnern, Rechtsradikalen und sonstigen Leuten mit einer eigenen Agenda. Denen geht es nicht um Coronamaßnahmen. Ihnen ist jedes Thema recht – von Migration, Klimaschutz bis eben Corona –, was sie mit der Erzählung verbinden können, „das Volk“ müsse sich gegen eine übergriffige Elite verteidigen und dazu letztlich das demokratische System überwinden.
Das ist das Perfide an der Auseinandersetzung mit Vertreter*innen solcherart Weltbilder: Lässt man sie gewähren, nehmen sie die Mehrheitsgesellschaft in Geiselhaft. Geht man gegen sie vor, stärkt man ihr Narrativ. Das ist kaum zu gewinnen. Und die Stimmung, die diese Leute verbreiten, macht auch die Rücknahme von Coronamaßnahmen schwerer, selbst wenn sie inzwischen überflüssig sind: Wer will schon dieser Art von Freiheitskämpfern nachgeben?
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, Nicaragua-Aktivist in den 80ern, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Themen
Ein Plädoyer für das Konkrete
Sind Utopien was für Faule?
Utopien können der Klimabewegung mehr schaden als nützen, glaubt Jan Feddersen. Er fordert mehr Realismus.
Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.