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Nominierungen für Trumps KabinettSchockwellen selbst bei Republikanern

Mit der Nominierung des radikalen Abgeordneten Matt Gaetz als US-Justizminister provoziert Donald Trump Widerspruch sogar in den eigenen Reihen.

Der alte und der neue Präsident: Trump zu Besuch bei Noch-US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus Foto: Kevin Lamarque/reuters

Washington taz | Es ist die wohl explosivste Nominierung des designierten US-Präsidenten Donald Trump seit der Wahl: Am Mittwoch verkündete Trump, der Kongressabgeordnete Matt Gaetz solle neuer Justizminister und damit US-Chefankläger werden. Gaetz legte daraufhin sein Abgeordnetenmandat nieder – und kam damit der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts des Ethikausschusses des Kongresses über den Vorwurf sexueller Übergriffe und Drogenmissbrauchs zuvor.

Gaetz gilt selbst in den Reihen der republikanischen Kongressfraktion als radikal. Er war es, der im Herbst vergangenen Jahres die Abwahl des republikanischen Repräsententanhaussprechers Kevin McCarthy initiierte und dafür sorgte, dass die Kammer monatelang nicht handlungsfähig war.

Er verfügt über keinerlei juristische Erfahrung, hat aber immer wieder lautstark Trumps Behauptung wiederholt, alle Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten seien eine rein politisch motivierte Instrumentalisierung des Justizsystems gegen einen politischen Gegner. Viele interpretieren Gaetz Nominierung als ersten Schritt Trumps, um sich auch juristisch an seinen bisherigen Widersachern zu rächen.

Die Nominierung stieß nicht nur innerhalb des Justizministeriums auf ungläubiges Entsetzen, auch unter Republikanern traf die Wahl auf Unverständnis. „Gaetz hat bessere Chancen auf ein Abendessen mit Königin Elisabeth II., als auf eine Bestätigung durch den Senat“, sagte der republikanische Kongressabgeordnete Max Miller gegenüber Axios.

„Ich glaube nicht, dass es sich um eine ernsthafte Nominierung für den Generalstaatsanwalt handelt“, sagte die republikanische Senatorin Lisa Murkowski aus Alaska gegenüber NBC News. Ähnlich äußerte sich auch die republikanische Senatorin Susan Collins aus Maine – beide sind allerdings bekannt für ihre skeptische Sicht auf Donald Trump.

Versöhnliches Treffen mit Biden im Weißen Haus

Auch die zweite wichtige Personalentscheidung am Mittwoch sorgt für Aufsehen: Neue Geheimdienstkoordinatorin soll die 43jährige Abgeordnete Tulsi Gubbard werden. Gubbard vertrat einige Jahre den Bundesstaat Hawaii im Repräsentantenhaus, wechselte dann jedoch zu den Republikanern und ist inzwischen eine überaus überzeugte Trump-Fürsprecherin.

Sie gilt als ausgesprochen Putin-nah und steht bis heute wegen einer Reise nach Syrien in der Kritik, bei der sie zweimal den wegen diverser Kriegsverbrechen angeklagten Präsidenten Baschar al-Assad traf.

Unterdessen kehrte der neu gewählte US-Präsident am Mittwoch nach fast vier Jahren an seine alte Wirkungsstätte zurück. Auf Einladung von Amtsinhaber Joe Biden besucht er das Weiße Haus in Washington. Vor den Augen der Medienvertreter präsentierte das Duo eine gute Miene zum bösen Spiel.

Biden gratulierte Trump zum Wahlsieg und erklärte, dass er sich freuen würde, wenn es in den kommenden Monaten zu einer reibungslosen Machtübergabe kommen würde. Trump, der sich 2020 weigerte, Biden beim Übergabeprozess zu unterstützen, bedankte sich für die Einladung und zeigte sich dazu bereit, das Kriegsbeil zwischen den ehemaligen Kontrahenten zu begraben.

„Heute ist es eine schöne Welt“

„Politik ist ein hartes Geschäft und es ist in vielen Fällen keine sehr schöne Welt. Doch heute ist es eine schöne Welt, und ich schätze das sehr“, sagte Trump. Für die Fotografen im Raum posierten beide händeschüttelnd vor einem Kamin.

Danach zogen sich beide für Vieraugengespräche zurück. Insgesamt verbrachten die beiden zwei Stunden hinter verschlossenen Türen. Auch Mitglieder von Trump und Bidens jeweiligen Teams waren bei den Gesprächen mit von der Partie.

Die freundliche Atmosphäre, die beide Männer an den Tag legten, stand im kompletten Widerspruch zu dem, was sich vor vier Jahren zugetragen hatte. Trump weigerte sich damals den Wahlsieg von Biden anzuerkennen. Es kam weder zu einem Treffen im Weißen Haus, noch wohnte Trump der späteren Einweihungszeremonie bei.

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19 Kommentare

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  • Wenn Trump es schafft, auch Tote in sein Kabinett aufzunehmen - und das halte ich gar nicht mal für so weit hergeholt - , ist der Sessel für Al Capone schon reserviert.

  • Man kann hinter den Nominierungen, denke ich, ein System erkennen: Trump bildet ein „Marionettenkabinett“, in dem es nicht auf die Qualifikation des Einzelnen, sondern allein auf dessen willfährige Gefolgschaft ankommt. Eine eigene sachbezogene Qualifikation und damit auch eigene Vorstellungen und Interessen wären da nur hinderlich. Für Trump ist allein entscheidend, dass, wenn er an den Fäden zieht, die Puppen anfangen zu tanzen.

  • Welchen Posten bekommt denn Hulk Hogan? Bildungsminister? Dieser abgehangene Clown würde ja zum typischen Trump-Wähler passen. Intellekt auf Teppichboden-Niveau.

    • @Jelli:

      Das Bildungsministerium soll aufgelöst werden. Nicht, daß da bei der Gefolgschaft noch was anbrennt ...

  • Das hatten wir doch auch schon mal, als der Obergefreite Reichskanzler wurde waren ja einige konservative Kräfte auch noch der Meinung sie bekämen den eingehegt. Das Erwachen hat dann nicht ganz 1000 Jahre gedauert war aber sehr schmerzlich.

  • Der Witz mit der Queen geht ins Leere. Würden die Herrschaften Senatoren (deutsche) Zeitungen lesen, wüßten sie bereits, daß sie zukünftig mit der Besetzung von Regierungsposten nichts mehr zu tun haben werden (von wegen "checks and balances" und so). Wer Senatsführer werden wollte, mußte Trump vorweg versprechen, sich und seine Kammer da rauszuhalten. Nun wissen wir (in D) auch, warum.

    • @dtx:

      Das Parlament hat die Rolle von Abnickern und Claqueuren, bekommt Trump nicht was er will werden wie üblich Köpfe rollen, noch im übertragenen Sinne.

  • Worum die Aufregung? Haben wir denn besseres Politpersonal?

  • "Die Immunität von Politikern sollte reformiert werden, es kann nicht sein das dadurch Schwerstkriminelle geschützt werden, und sich einer Verurteilung entziehen können, was ist das für ein kaputtes manipulatives rechtsfreies System, das führt das Rechtssystem ad absurdum, es ist nicht existent für bestimmte Menschen, das hat was von römische Verhältnisse!

    Der vielleicht erschreckendste Satz über das römische Kaiserreich lautet:„Unter der Herrschaft dieses Einen aber ist alles in Ordnung; denn wie es ist, so ist es in Ordnung.“

    Ein verurteilter Schwerstkrimineller wird demnächst als Präsident vereidigt, die heutige korrupte kranke Politik kann man nur noch mit extremster Verwunderung, tiefsten Ekel, übel machenden Abscheu und abgrundtiefer Verachtung ertragen!

    Die nächsten 4 Jahre werden für die Welt richtig heftig werden, in den USA werden alle Gerichte incl. Supreme Court viel zu tun haben!

    • @taz.manien:

      Zitat: ""Die Immunität von Politikern sollte reformiert werden, es kann nicht sein das dadurch Schwerstkriminelle geschützt werden, und sich einer Verurteilung entziehen können, was ist das für ein kaputtes manipulatives rechtsfreies System, das führt das Rechtssystem ad absurdum, es ist nicht existent für bestimmte Menschen, das hat was von römische Verhältnisse!"

      Und, haben die Staaten darauf etwa ein Monopol? Sarkozy, Netanjahu und was weiß ich noch wer, kandidierten zuletzt doch alle nur, um sich vor Strafverfolgung zu drücken.

      Mit der Immunität wird man das nicht lösen, ohne Chaos über das Regierungssystem hereinbrechen zu lassen. Dann kann man jeden Amtsträger mit der Anzeige geschickt erfundener Straftaten aus dem Amt fegen. Nein, es hilft nur, die Verjährungsfristen und die prozessualen neu beginnen zu lassen, damit diese Leute die Finger von ihren Tricks lassen. Dann stehen sie eben, so wie Sarkozy, später vor dem Kadi. Je älter man wird, umso weniger Spaß macht das:

      www.nzz.ch/interna...urteilt-ld.1738463

    • @taz.manien:

      Die Gerichte, das ist jetzt schon zu sehen, werden entlastet, indem die übrigen Verfahren Trumps gar nicht mehr zur Anklage kommen. Der Sonderermittler grübelte zwar noch, wie er mit dem Urteil des Supreme Court umgeht, wußte aber wohl schon, daß seine Tage im Amt gezählt sind.

      Dabei hätte es allen klar sein müssen: Maximal ein Jahr für die Ermittlungen, höchstens zwei für die Verfahren, so daß die Urteile und Strafmaße bekannt wären, bevor die Kandidatenkür der Parteien beginnen würde. Abgesehen davon, gilt in Demokratien bekanntlich die Unschuldsvermutung. Vier oder mehr Jahre Verfolgung potentiell Unschuldiger (vor dem Ende weiß man es halt nicht), das ist zu heftig. Zumal allen klar ist, daß die Verfahren nicht einfacher werden, ziehen sie sich so weit in die Länge. Es gibt dann einfach keine brauchbaren Zeugen mehr, selbst wenn die, die ursprünglich mal dafür in Frage gekommen wären, nicht gekauft würden.

  • Wenn die Regierungszusammensetzung und die spätere Regierungsarbeit nicht so furchtbare Auswirkungen auf die ganze Welt hätten, könnte man sich das Spektakel entspannt aus der Ferne anschauen und vielleicht erkennen, wie viele Trumpwähler sich grämen werden, wenn sie die Früchte ihres Stimmzettels ernten. Dumm ist nur, dass eben ungezählte Menschen auch außerhalb der USA von diesen Amtshandlungen betroffen sein werden. Ob es eine Wahl in vier Jahren geben wird, die die Möglichkeit einer Korrektur bietet, wage ich zu bezweifeln; in meiner Phantasie sehe ich schon ein völlig unbegrenztes entfesseltes Herrschaftssystem mit der Möglichkeit einer dynastischen Nachfolge. T. C. Boyle hat das mehr oder weniger auch so geäußert (wo er sich allerdings getäuscht hat, war der Ausgang der Wahl). Ein möglicher Aufstand der US-Bevölkerung wird sicherlich mit brutaler Gewalt niedergeschlagen werden; auch hier ist Trump klar in seinen Aussagen.

    Trump - Putin - Xi: mein Gefühl ist, dass niemand mehr in der Lage ist, diesem Trio infernale noch etwas entgegenzusetzen. Ich fühle mich richtiggehend ohnmächtig!

  • Tja, so ist das wenn man diesen Horrorclown an die Macht wählt. Man bekommt ein Gruselkabinett. Lustig auch, wie viele Trump Wähler jetzt schon jammern und Panik schieben. Dabei hat ihr geheiligter Anführer nie einen Hehl aus seinen Plänen gemacht. Play stupid Games, win stupid Prizes.

    • @Minelle:

      Besser kann man es kaum sagen. Die Trumpwähler dürfen nicht jammern, man hat dem Irren den Schlüssel gegeben und ans Steuer gesetzt. Jetzt darf man sich nicht wundern, wer alles einsteigt. Einzige Hoffnung: Gaetz und die anderen Horrorclowns sind handwerklich so schlecht, dass sie die eigene dystopische Agenda nicht gebacken kriegen. Immerhin muss man ja als Minister einen Apparat führen, halbwegs juristisch tragfähige Anweisungen geben und zumindest entfernt Ahnung von der Materie haben.



      Ein Kabinett von Speichelleckern, Extremisten und Irren wird da kaum viel zustande bringen. Trump wird dann irgendwann auf Konservative zurückgreifen müssen, die ihn vielleicht nicht anbeten aber die Arbeit beherrschen.

      • @Bambus05:

        Zitat: "Immerhin muss man ja als Minister einen Apparat führen, halbwegs juristisch tragfähige Anweisungen geben und zumindest entfernt Ahnung von der Materie haben."

        So, muß man das? Zunächst einmal müßte der Mehrheitsführer im Senat die Bestätigung Gaetz' auf die Tagesordnung setzen. So wie für den Rest des Gruselkabinetts auch. Alle, die für den Posten in Frage kamen, mußten Trump in die Hand versprechen, davon die Finger zu lassen. Sie würden sich nur einmal nicht daran halten. So könnte Trump an einem Wochenende das Justizministerium auch dreimal neu besetzen, wenn es ihm so gefiele.

        Aber gut, Gaetz hat sein Mandat doch wohl aufgegeben, weil die Kommission wohl drauf und dran war, seinen Rausschmiß zu empfehlen. Wenn der jetzt nicht wissen sollte, wie er die Tür zu seinem Zimmer im Justizministerium aufkriegt, stehen Hunderte Souffleure da, die über ihn ihre eigene Agenda durchkriegen wollen. Trumps Wahlsieg ist schließlich, nicht wie 2016, aus heiterem Himmel gekommen. Selbst dafür, daß Gaetz finanziell nicht ins Bodenlose fällt, sollte er mal bei Truth Social oder X lesen, er sei gefeuert, werden andere gesorgt haben. Er muß nur unterschreiben können, was man ihm vorlegt.

  • Ich bin mal gespannt was wir nach einem Jahr über die USA sagen.



    Ich glaube nichts gutes. Wenn man sich da so anschaut wer da alles in Regierungsverantwortung kommt kann einem Angst und Bange werden.



    Man sieht Trump will Rache und dafür läst er auch dieUSA über die Klinge springen.

    • @Garum:

      Ich bin viel mehr gespannt, wann in den USA weitere Schüsse auf Politiker fallen bzw. die Leute auf die Straße gehen. Die überraschend gesittete Wahl scheint mir die Ruhe vor dem Sturm zu sein ... denn Waffen schlummern nicht allein in Schubläden der Trump-Fans.

    • @Garum:

      Rache, vielleicht. ? Ich sehe mehr die Angst dass die Venunft der Menschen doch stärker als der Kapitalismus ist, und sich dei 1% der Superreichen noch schnell verbündet, um weiter unseren Planeten kaputt zu machen, bevor die 99% sich erheben



      * naja, eigentlich habe ich längst aufgegeben zu glauben, dass a) die Menschheit klug ist



      und b) es zu einer Revolution gegen den Kapitalismus kommt...

      • @nolongerquiet:

        "und b) es zu einer Revolution gegen den Kapitalismus kommt..."



        Wird es auch nicht.



        Ohne Verzicht (in der westlichen Welt) wird es nicht funktionieren. Und wer will schon verzichten? Die große Mehrheit z.B. in D lebt ohne Existenzangst.



        Was wollen die ändern?



        Große Themen gehen einfach am Arsch vorbei.



        Fertig.