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Nominierung als Bundestags-VizeClaudia Roths letzte Aufgabe

Die grüne Fraktion versüßt ihrer Rekordvorsitzenden den bitteren Abschied aus der ersten Reihe. Renate Künast hatte ihre Kandidatur zurückgezogen.

Auf dem Weg in die zweite Reihe: Die scheidende Parteivorsitzende Claudia Roth. Bild: dpa

BERLIN taz | So viel steht fest, ihr neues Amt wird Claudia Roth ab und zu nicht leichtfallen. Als Bundestagsvizepräsidentin wird sie Plenarsitzungen des Bundestages leiten müssen, streng der Neutralität verpflichtet, so will es das Protokoll. Roth wird also auf dem hohen Pult unter dem Adler an der Wand sitzen, vor ihr redet jemand, dessen Meinung sie fürchterlich findet, zum Beispiel Alexander Dobrindt von der CSU. Und Roth, die bekanntlich zu leidenschaftlichen Ausbrüchen neigt, darf mit keiner Wimper zucken. Und, noch schlimmer, nichts entgegnen.

Für die Grünen-Chefin mit dem berühmten Hang zu expressiver Kleidung ist es der krönende Abschluss einer langen Parteikarriere. Die Bundestagsfraktion nominierte die 58-Jährige am Dienstag offiziell für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin, 54 von 63 Abgeordneten stimmten für sie. Anton Hofreiter, der neue Fraktionschef, lobte diese Entscheidung. Roth sei „eine moralisch integere Figur“, die sich immer für parlamentarische Belange starkgemacht habe.

Renate Künast, ehemals Fraktionsvorsitzende und auch auf der Suche nach einer neuen Aufgabe, hatte ebenfalls mit dem Posten geliebäugelt. Sie zog ihre Kandidatur überraschend zurück. Damit, heißt es in der Fraktion, vermied sie eine absehbare Niederlage gegen Roth.

Diese konnte sich darauf verlassen, dass viele ihr ihre Verdienste als Parteivorsitzende hoch anrechneten. Als solche wirkte Roth integrierend und dachte über Flügelgrenzen hinweg. Sie führte die Partei mit Unterbrechung knapp elf Jahre. Ein Rekord, so lange hielt es kein Grüner und keine Grüne auf dem Chefsessel aus.

In Talkshows und auf Podien

Für Roth bedeutet das Amt den Rückzug aus der ersten Reihe, sie wird sich mehr aufs Repräsentative verlegen und in Talkshows und auf Podien weiter für die Themen streiten, die ihr besonders am Herzen liegen. Für mehr Rechte von Flüchtlingen, gegen Rechtsextremismus, für eine stärkere Unterstützung der progressiven Kräfte in der Türkei, Ägypten oder Syrien.

Roth dürfte über die Nominierung sehr glücklich sein. Sie hatte nach dem schlechten Wahlergebnis angekündigt, nicht wieder für den Parteivorsitz zu kandidieren. Es fällt einem schwer, sich Roth ganz ohne politische Aufgabe vorzustellen. Die Ex-Managerin der Rockband „Ton Steine Scherben“ saß schon im EU-Parlament, dann im Bundestag, sie lebt für und durch die Politik.

Tief getroffen hatte Claudia Roth das Votum der Parteibasis im Jahr 2012. Bei der Spitzenkandidatenkür landete Roth abgeschlagen auf dem letzten Platz. Damals, berichten Vertraute, lag in der Pressestelle ihre fertig formulierte Rücktrittserklärung. Roth machte weiter – und wird sich jetzt nochmal in etwas Neues werfen.

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13 Kommentare

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  • Soeben las ich einen eher freundlichen Artikel über die Roth. Da bin ich kritscher. Das Votum bei der Urwahl war eindeutig. Doch sie hat es nach der Wahl schon angedeutet. Bäumchen wechsel dich.

    Die sympathische Simonis ("Pattex-Heide") von der SPD versuchte damals leider erfolglos, auf demokratischem Wege an der Macht zu bleiben und blamierte sich. Sekundenkleber-Claudia ist aus härterem Holz geschnitzt. Steht ihr als BT-Vize ein Dienstwgen-Upgrade zu? Wir feiern den großen Neuanfang bei den Grünen.

  • MM
    Markus Meister

    Ich hätte es Renate Künast gegönnt, da meiner Meinung nach, sie mehr politisch geleistet hat als eine Claudia Roth.

     

    Ich denke Frau Roth kann nicht ohne Politik, weil sie nicht anderes hat. Es ist nur die Frage, ob sich von so etwas eine ganze Fraktion leiten lassen sollte oder man nicht besser überall neu angefangen hätte.

     

    Es würde Künast, Trittin und Roth gut zu Gesicht stehen, jetzt junge Abgeordnete zu fördern, sie zu unterstützen, als Abgeordnete einen guten Job zu machen und der Partei und deren Wählern etwas zurückzugeben.

     

    Ohne die grüne-alternative Bewegung (und da kann man auch den Pensionär Joschka Fischer mit einschließen)wären diese Leute nie Abgeordnete und Minister geworden. Für dieses Privileg haben sie meiner Meinung nach, bisher zu wenig zurückgegeben.

  • TR
    trüjgen rittin

    di ewiggestrigen Parolen der grünen konnten die wähler nicht überzeugen. Wahrscheinlich ist die Partei ein Auslaufmodell. Wenn sie glück haben, gibt es vor der nächsten wahl irgendwo eine Umweltkatastrophe; das gibt ein paar Prozente.

     

    Die Roth handelt für sich persönlich vorausschauend und angelt sich einen der letzten hochdotierten versorgungsposten

  • Die Grünen sind sowas von out, sowas von megaout. Hätten die auch noch mit der cdu rumgemacht, wären sie in Vergessenheit geraten für die, die damals loszogen bei Wind und Wetter. Wendehälse, Widerstandsverräter und Kriegshetzer. Nur die Piraten haben sich schneller selbst ruiniert. Wo bleibt die wirkliche Politik ??? Quasseltantchen nun also gut versorgt. Pfui Teufel ...

  • U
    Ursula

    C. Roth hat nach 2 Semestern Theaterwissenschaft das Studium geschmissen, sie hat weder eine berufliche Qualifikation noch hat sie in einem Beruf außerhalb der Politik gearbeitet. Was also qualifiziert sie für ein derartig hohes politisches Amt?

    Wäre es nicht besser, sie hätte nach der schlechten Wahl für die Grünen eine Auszeit genommen und in einem Beruf gearbeitet, etwa als Lehrerin in Neukölln oder Marxloh, um praktische Erfahrungen für ihre politische Tätigkeit zu sammeln.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Ursula:

      Was qualifiziert sie als Lehrerin in Neukölln?

      Etwas widersprüchlich, Ihr Kommentar.

    • @Ursula:

      Naja, kuck Dir mal Guttenbergs Lebenslauf nüchtern an. Ein juristisches Staatsexamen mit "befriedigend", was okay, aber beileibe nicht herausragend ist, ein 2. Examen hat er nie gemacht. Hat dann die Betreuung des eigenen Vermögens als unternehmerische Tätigkeit verkaufen lassen, mit gegeltem Haar und Fensterglas-Brille auf intellektuell gemacht für die bürgerlichen Schichten und wurde sogar als künftiger Kanzlerkandidat gehandelt.

       

      Oder Seehofer, der keine 7-stellige Zahl lesen konnte (google: Seehofer und die Zahlen, youtube-Video). Der hat kürzlich mal eben eine absolute Mehrheit eingefahren.

       

      In der 1. Reihe gehts doch anscheinend ganz generell und nicht nur bei Roth leider ganz vorrangig um Image, unerschütterliches Selbstvertrauen unabhängig vom Sachverstand und sonst nix.

  • ES
    Ernst Stankowski

    Oh Gott, jetzt muss man sie immer noch ertragen.

    Kann der Frau nicht jemand mal ehrlich und offen sagen, dass sie sich endlich, bitte auf das Altenteil zurückziehen soll?

    Ich kenne niemanden, in Worten NIEMANDEN, auch unter meinen grünen Freunden, dem es bei ihrem bloßen Anblick, von ihrem Gekreisch ganz abgesehen, NICHT schlecht bis zum Erbrechen wird.

  • P
    pattex

    Eine Schande für dieses Land.

    Frau Pattex-Roth soll abhauen.

  • Wozu überhaupt so viele Vize ? Einer würde reichen. Jeder wird mit 143300 € im Jahr belohnt.

  • EG
    ehrlicher geist

    und ich hatte schon gehofft ich muss Roth nie wieder sehen

  • K
    Klüngel

    Grüner Klüngel!

     

    Jetzt brauche ich einen Doppelten!

     

    Eben bestellt...

  • G
    GAAAST

    Postengeschacher der WahlverliererInnen