privatisierungszweifel
: Noch mal die Leute fragen

Die Linke in Hamburg liebäugelt schon länger mit einer Volksinitiative zur Rekommunalisierung der Krankenhäuser

Eine Mehrheit der Hamburger von 76,8 Prozent war 2004 gegen den Verkauf ihrer Krankenhäuser. Damals half das nicht, der Volksentscheid war unverbindlich. Verlockend da die Idee, einfach das Volk noch mal zu fragen. Als 2017 der Spiegel dem Asklepios-Konzern vorwarf, auf Rücken von Ärzten und Pflegepersonal Gewinne zu erwirtschaften, kündigte der Linken-Politiker Deniz Celik an, er erwäge eine Volksinitiative für die Rekommunalisierung.

Doch geht das rechtlich? Inzwischen liegen Celik dazu zwei Expertisen vor. Beide besagen: Es ist nicht einfach. Theoretisch wäre eine Enteignung per Gesetz möglich, wenn sonst die Funktionsfähigkeit der Krankenversorgung gefährdet ist. „Das zeichnet sich noch nicht ab, könnte aber noch Thema werden“, sagt Celik. Eine andere Idee ist, den Senat per Volksentscheid dazu aufzufordern, mit dem Mehrheitsinhaber über einen Rückkauf zu verhandeln. „Nötig wären Bündnispartner“, sagt Celik. „Die Linke kann so etwas nicht alleine machen.“

Bei Ver.di steht so eine neue Volksinitiative nicht auf der Tagesordnung. „Das hat auch damit zu tun, wie man seine Kräfte einsetzt“, sagt Fachbereichsleiterin Hilke Stein. Die Lage sei anders als beim Rückkauf der Energienetze. Deren Verkauf war auf zehn Jahre befristet, der der Kliniken nicht. Wichtiger sei deshalb, darauf zu setzen, dass die Stadt, der noch 25,1 Prozent Anteile gehören, mehr Einfluss ausübt. „Die nimmt ihre Rolle inzwischen aktiver wahr.“

Indes wird das „Hamburger Bündnis gegen Pflegenotstand“ am 12. Mai vor vier Kliniken protestieren und fordert unter anderem die „Vergesellschaftung aller Krankenhäuser“. Gebe es so eine Volksinitiative, werde man das bestimmt unterstützen, sagt Sprecher Axel Hopfmann. Doch am wichtigsten sei die Abschaffung der Fallpauschalen, die die Krankenhäuser dazu zwinge, Profit zu machen. „Häuser, die das Rennen nicht mitmachen, gehen wirtschaftlich unter.“ Man bräuchte ein ganz neues Finanzierungssystem.

Eine Idee davon hat Nadja Rakowitz vom Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VdÄÄ). Es müsste wieder wie früher ein „Selbstkostendeckungsprinzip“ geben, bei dem die Kliniken mit den Kassen für ein Jahr abrechneten, was die Patientenversorgung gekostet hat. „Bis 1984 war es Krankenhäusern verboten, Gewinn zu machen. Das sollte wieder gelten“, sagt die Soziologin. In der Coronakrise wende der Staat das Selbstkostenprinzip ja sogar an, wenn er für leer gehaltene Betten zahlt, weil sie als Vorsorge gebraucht werden. Auch der VdÄÄ, sagt Rakowitz, würde eine Volksinitiative unterstützen.

Auch Deniz Celik sagt, Corona zeige die Schwachstellen des privatisierten Systems. „Es gab zu wenig Reserve bei Personal und Schutzausrüstung.“ Eine Volksinitiative, so hofft er, könnte eine Bewegung für eine „gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung“ schaffen.

Kaija Kutter