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Niederländerin blickt auf BundestagswahlGoudawürfel statt Popcorn

Der deutsche Wahlkampf ist langweilig? Nicht schlimm, findet unsere Autorin. Denn immerhin dominieren hier nicht die Rechtspopulisten.

Populist Geert Wilders wirft mit Brandstifterbegriffen um sich Foto: Bart Maat/ANP/HH/imago

Berlin taz | „So machen das Populisten in anderen Ländern“, sagt Laschet sinngemäß zu Scholz, als es um dessen Rolle bei Geldwäscheermittlungen geht. Es ist der Abend des zweiten Triells, und ich, niederländische taz-Gastautorin, bin bei meiner Berliner Gastfamilie zum Fernsehen eingeladen. Netterweise haben sie Weißwein und Goudawürfel auf den Tisch gestellt.

Die Wahldebatten bei uns gewohnt, hatte ich Popcorn und Taschentücher erwartet. Denn niederländische Wahldebatten sind wie Filme, deren Kritiken so extrem schlecht sind, dass man sie sehen muss. Also etwa wie der US-Katastrophenfilm „Sharknado 5“: Global Swarming. Obwohl, immerhin: Ein Film, in dem ein Hurrikan mit Haien entfesselt wird, thematisiert den Klimawandel zumindest stärker, als es niederländische Politiker in TV-Debatten tun.

Laschets Bemerkung über Populisten ist mir im Gedächtnis geblieben. Nicht, dass ich seine Vendetta unterstütze, aber insgesamt ist es erleichternd, die deutschen Wahldebatten zu verfolgen. Man kann deren Sprache elitär oder zu distanziert nennen, aber immerhin wird besprochen, was angegangen werden muss, wie Klimawandel, Wohnen, Digitalisierung oder Mindestlohn. All diese Themen habe ich bei den niederländischen Wahlen im März schmerzlich in der Debatte vermisst.

Vielleicht liegt es im Wesen des Reisens, dass man oft von einem neuen Ort schwärmt, erst mal nur das Bessere dort sehen will, wie ich gerade in Berlin. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bestreitet, dass der Ton der politischen Auseinandersetzung in den Niederlanden, dort wo WLAN immer gut funktioniert, aber die soziale Sicherheit systematisch abgebaut wird, ganz anders ist.

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Bei uns gibt es keine Fünfprozenthürde. Das hat Vorteile, aber der Nachteil ist, dass neue Rechtspopulisten schon lange den Ton in der politischen Debatte vorgeben.
 Vor unserer letzten Wahl wurde meist nur über Corona­regeln gestritten und wurden fremdenfeindliche Slogans über Migration hinausposaunt.

Die Sprache von Populisten wie etwa Geert Wilders von der rechten PVV spielte da eine Schlüsselrolle. Mit Brandstifterbegriffen wie Kopftuchsteuer, Flüchtlings-Tsunami und seinem Aufruf, dass sich alle mal „normal“ verhalten sollten. Diese Redeweise wurde auch übernommen von Premierminister Mark – alias Marketing – Rutte von der bürgerlichen VVD. Im Kontext einer Randale von türkisch-niederländischen Jugendlichen ließ er vor der Wahl 2017 eine Zeitungsanzeige schalten, in der er ihnen sinngemäß androhte: „Handelt ‚normal‘ oder geht!“

Politiker, die für Klimaschutz sind, heißen bei uns Klimanörgler, Linke Gutmenschenpolitiker oder Schau-weg-Politiker. Eine vermeintlich lustige Ausdrucksweise, die der effekthascherischen Diskussion die Inhalte nimmt und sie reaktionär werden lässt. Was ich hoffe? Dass Deutschland es schafft, weiterhin nicht nur Populisten die Agenda bestimmen zu lassen.

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