„New York Times“-Verleger warnt Trump: Vertraulich war gestern
Verleger Sulzberger und Trump legen ihr Treffen höchst unterschiedlich aus. Sulzberger warnt vor Repressionen gegen Journalist*innen.
Man sollte sich das als Gespräch vorstellen, bei dem zwei Männer stundenlang aneinander vorbei geredet haben. Wie am Sonntag bekannt wurde, hat sich der Herausgeber der New York Times mit dem US-Präsidenten getroffen. Arthur Gregg, genannt „A. G.“, Sulzberger besuchte am 20. Juli Donald Trump im Weißen Haus. Der 37-jährige Sulzberger bestätigte das am Sonntag. Zuvor hatte der Präsident in einem Tweet von dem Treffen gesprochen. Eine ursprüngliche Vereinbarung, Stillschweigen über die Unterredung zu bewahren, sei damit hinfällig, erklärte Sulzberger.
A. G. Sulzberger ist seit diesem Jahr Herausgeber der New York Times. Er folgt auf seinen Vater, Arthur Ochs Sulzberger jr., der sich zuvor aus dieser Rolle zurückgezogen hatte. Die namhafte Tageszeitung ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz der Sulzberger-Familie.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich die Herausgeber der wichtigsten US-Zeitungen mit politischen Entscheider*innen treffen. Ein gutes Verhältnis zwischen Verlagen und Politik gilt als Garant dafür, dass Journalist*innen weiter Zugang zu den inneren Kreisen der Hauptstadtpolitik bekommen. Allerdings ist das Verhältnis zwischen der aktuellen US-Regierung und der New York Times angespannt.
Präsident Trump und seine Sprecherin Sarah Sanders üben regelmäßig Pauschalkritik an kritischen Nachrichtenmedien, werfen ihnen falsche Berichterstattung vor sowie eine krankhafte Besessenheit, dem Präsidenten schaden zu wollen. Trump selbst hat Sulzbergers Zeitung den Spitznamen „Failing New York Times“ verpasst, was mit „versagend“, „angeschlagen“ oder „scheiternd“ übersetzt werden kann. Dem entgegen steht ein Zuwachs an Abonnements, den die Zeitung seit 2016 verzeichnet.
Trump als Vorbild für autoritäre Regime
Offenbar ging es A. G. Sulzberger aber nicht darum, den Ruf seiner Zeitung wiederherzustellen. Laut Sulzberger habe der Herausgeber das Treffen genutzt, um Trump auf seine Verantwortung in Bezug auf die weltweite Pressefreiheit hinzuweisen. „Ich habe wiederholt betont, dass dies besonders im Ausland gilt“, schreibt Sulzberger. „Die Rhetorik des Präsidenten wird von einigen Regimes ausgenutzt, um brutale Repressionen gegen Journalist*innen zu rechtfertigen.“
Anfang des Jahres etwa hat der Philippinische Präsident Rodrigo Duterte der kritischen Nachrichtenseite Rappler die Lizenz entziehen lassen – mit der Begründung, die Seite verbreite „Fake News“. Der Staatschef mit autoritären Neigungen sieht in Donald Trumps Regierungsstil ein Vorbild für seine eigene Politik. Beobachter*innen befürchten, dass weitere autoritäre Regime in Südostasien sich durch Trump bestätigt fühlen könnten, repressiver gegen kritische Journalist*innen vorzugehen.
In seiner eigenen Zusammenfassung des Treffens mit Sulzberger erwähnte Präsident Trump die Kritik Sulzbergers nicht. Er spricht vage von einem „guten und interessanten Treffen“. Die beiden hätten viel Zeit damit verbracht, „über die riesigen Mengen Fake News zu sprechen, die von den Medien verbreitet werden und wie diese Fake News sich zur Redewendung ‚Feind des Volks‘ gewandelt haben“. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Trump seine Äußerungen gegen die Presse zurücknehmen oder seine Rhetorik ändern wird, die zum Kern seiner Marke gehört.
Wer dem Präsident guten Willen unterstellen will, kann anführen: Trump weiß, dass die starke und einflussreiche US-Presse durch seine verbalen Angriffe keinen Schaden nimmt. Zwei Jahre nach der Wahl Donald Trumps machen US-Journalist*innen ungehindert ihre Arbeit – von einigen beunruhigenden Einzelfällen abgesehen. So entzog das Weiße Haus vergangene Woche einer CNN-Journalistin ad hoc die Akkreditierung zur Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, weil sie zuvor „unangemessene“ Fragen gestellt habe.
Im Allgemeinen aber erlauben der Präsident und das Weiße Haus Reporter*innen weiterhin jeden Zugang. Solange das so ist, bleiben Trumps Äußerungen symbolisch. In Ländern mit ohnehin geschwächter Presse hingegen haben Journalist*innen womöglich schon jetzt unter ihnen zu leiden.
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