piwik no script img

Neuwahlen in GriechenlandWie Eulen nach Athen tragen

Griechenlands Parteiführer ver­weigern sich möglicher Koalitions­ver­hand­lungen. Ende Juni muss Hellas nun erneut das Parlament wählen.

Ioannis Sarmas wurde von der griechischen Staatspräsidentin zum Ministerpräsidenten vereidigt Foto: Theodore Manolopoulos/Greek Presidency/reuters

Athen taz | Nachdem die Griechinnen und Griechen erst am Sonntag dazu aufgerufen waren, ein neues Parlament zu wählen, steht nun bereits ein neuer Wahltermin fest – der 25. Juni. Es ist die Wahl nach der Wahl, das ganze Spektakel noch einmal von vorne.

Bereits am Montag hatte der klare Wahlsieger, der Athener Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, den von der griechischen Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou erteilten Auftrag zur Regierungsbildung zwar angenommen, ihn aber sofort wieder abgegeben. Mit seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) hatte er mit 40,79 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Mandate um fünf Sitze verfehlt.

Den Auftrag zur Regierungsbildung erteilte Sakellaropoulou am Dienstag dann dem Zweitplatzierten Alexis Tsipras, Chef der linken Syriza, die etwa 20 Prozent der Stimmen sichern konnte. Ihm folgte der Chef der mit etwa 11 Prozent drittplatzierten sozialdemokratischen Pasok, Nikos Androulakis. Tsipras und Androulakis gaben die Aufträge ebenfalls umgehend wieder ab.

Am Mittwoch erfolgte – wie von der griechischen Verfassung vorgeschrieben – ein allerletzter Versuch von Koalitionsverhandlungen seitens der Staatspräsidentin. Sie lud alle Parteiführer der Parlamentsparteien ein, um sie zur Regierungsbildung aufzurufen. Auch dieser Versuch blieb erfolglos, keine der Parteien bemühte sich um ernsthafte Verhandlungen.

Richter als Interims-Premierminister

Am Mittwoch ernannte Sakellaropoulou dann den obersten Richter Ioannis Sarmas, Präsident des Athener Rechnungshofes, zum Interims-Premierminister. Er soll Hellas bis zu den Neuwahlen regieren.

Das weitere Prozedere sieht vor, dass sich am Sonntag gemäß der Resultate der Wahl das Athener Parlament mit der Vereidigung der 300 Abgeordneten neu konstituiert. Gleich einen Tag später, am Montag, erfolgt die Wahl des Parlamentspräsidenten, die sofortige Auflösung des Parlaments und schließlich die Ausrufung von Neuwahlen für den 25. Juni.

Mitsotakis’ wiederholt erklärtes Ziel ist es, in Athen alleine weiterzuregieren. Dafür kommt ihm nun das bei der Neuwahl geltende verstärkte Verhältniswahlrecht entgegen. Das hatte seine Regierung rechtzeitig vor der Wahl am 21. Mai beschlossen, es kann aber erst bei der vom Zeitpunkt des Beschlusses aus gesehen übernächsten Wahl angewendet werden – also am 25. Juni.

Nach dem Gesetz erhält der Erstplatzierte einen Mandate-Bonus von bis zu 50 Sitzen. Ob der haushohe Favorit ND die absolute Mehrheit von 151 Mandaten erreicht, hängt einerseits von ihrem Stimmenanteil ab, aber auch davon, wie hoch zusammengenommen der Stimmenanteil all jener Parteien ist, die an der Dreiprozenthürde scheitern.

Zwei Parteien könnten es doch noch ins Parlament schaffen

Der ersten nach der Wahl am Sonntag durchgeführten Umfrage eines Athener Meinungsforschungsinstituts zufolge könnten am 25. Juni zwei weitere Parteien den Sprung ins Parlament schaffen. Sie waren am 21. Mai nur haarscharf an der Dreiprozenthürde gescheitert: die Plefsi Eleftherias (Kurs der Freiheit) unter der Ex-Syriza-Politikerin Zoi Konstantopoulou, und die ultrareligiöse Partei Niki (Der Sieg). Die linksnationalistische Plefsi Eleftherias kam bei der Umfrage auf knapp vier Prozent, Niki auf über drei. Auch die Ergebnisse der weiteren Parteien könnten sich ändern: Laut der Umfrage legt die ND auf über 41 Prozent zu,Syriza fällt auf 19,5 Prozent, Pasok verbessert sich um drei Prozentpunkte.

Fest steht: Nun geht alles wieder von vorne los. Die jüngsten Wahlergebnisse spielen keine Rolle mehr, die erst am vergangenen Sonntag abgegebenen Stimmen bleiben beim nächsten Wahltermin unberücksichtigt. Mitsotakis könnte das die erhoffte Alleinherrschaft ermöglichen – oder ihn weiter davon wegtreiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare