Neuverschuldung für Wahlversprechen: Italien beschließt Haushalt 2019
Die Regierung führt Grundsicherung ein und senkt das Renteneintrittsalter – nur etwas später, damit das Defizit nicht so steigt.
Vor dem Votum war es zu Tumulten im Plenarsaal gekommen. Die Oppositionsparteien beklagten, dass das Regierungslager aus Fünf Sternen und Lega das Haushaltgesetz im Eilverfahren durchgepaukt und am Ende mit dem Vertrauensvotum die Behandlung von Änderungsanträgen unterbunden hatte. Während der Beratungen protestierten Hunderte Anhänger des gemäßigt linken Partito Democratico (PD) vor dem Abgeordnetenhaus.
Zur späten Beratung des Gesetzes war es gekommen, weil sich die Regierung erst am 19. Dezember mit der EU-Kommission auf ein Zahlenwerk geeinigt hatte, das ein Defizitverfahren gegen Italien vorerst ausschließt. Ursprünglich war eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent geplant. Die niedrigere Verschuldung soll erreicht werden, indem die zentralen Reformvorhaben erst im Laufe des Jahres eingeführt werden. Zudem bittet die Regierung alle Rentner zur Kasse, die mehr als 1.500 Euro brutto im Monat beziehen. Ihre Renten sollen 2019 nur teilweise an die Inflation angepasst werden.
Die Parlamentarier der Fünf Sterne und der Lega zeigten sich mehr als zufrieden mit dem „expansiven Staatshaushalt“, der für größere soziale Gerechtigkeit sorgen und die Konjunktur anschieben werde. Eine Abgeordnete der 5-Sterne-Bewegung feierte den Haushalt als Sieg im Streit mit Brüssel: „Mit dem Etat kehrt das italienische Volk zu seiner Souveränität zurück und entscheidet wieder selbst.“
Gewerktschaften planen Demos im Januar
Dagegen behaupten die Oppositionsparteien – von links die PD, von rechts Silvio Berlusconis Forza Italia –, der Staatshaushalt sei „in Brüssel geschrieben worden“. Harsche Kritik kommt auch von den Gewerkschaften, die vor allem an den reduzierten Rentenanpassungen sowie an der unverändert hohen Steuerlast für Arbeitnehmer Anstoß nehmen. Sie wollen im Januar gegen die Regierung protestieren.
Die seit sieben Monaten amtierende Regierung aus den beiden Anti-Establishment-Parteien hat ihre bisher wichtigste Bewährungsprobe bestanden. Ihr gelang die Quadratur des Kreises, da sie den Konflikt mit der EU entschärfen, zugleich aber an ihren wichtigsten Versprechen festhalten konnte. In den Meinungsumfragen zahlt sich dies aus.
Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte ist mit Abstand populärster Politiker. Die Koalitionsparteien kommen zusammen auf fast 60 Prozent Zustimmung. Dabei haben sich allerdings die Gewichte deutlich zugunsten der Lega verschoben, die etwa 32 Prozent verzeichnen kann.
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